Bochum. Vor knapp einer Woche starb Radfahrer in Bochum nach einem Sturz in Straßenbahnschienen. Andere Radfahrer warnen: Es gebe viele Gefahrenstellen.
Nach dem Tod eines in Straßenbahnschienen gestürzten Radfahrers (75) an der Alleestraße in Bochum warnen andere Radfahrer vor den tückischen Gefahrenstellen in der Stadt. So etwa Dietmar Petzina, Ex-Rektor der Ruhr-Uni Bochum, der erst im September auf dem Endstück der Wiemelhauser Straße in den Schienen gestürzt war und nun die Stadt Bochum zum Handeln aufruft.
Nach Angaben der Polizei sind in diesem Jahr bereits 16 Mal Rad-/Pedelecfahrer in Straßenbahnschienen in Bochum gefallen. Meistens hätten sich die Menschen dabei „nur“ leicht verletzt, einer wurde schwer verletzt. Die Unfälle seien über das gesamte Straßengebiet verteilt, heißt es von der Polizei. Auch das Alter der Verletzten sei gemischt.
Radfahrer fordern Stadt Bochum zum Handeln auf
Das Fahrradbündnis Radwende hatte erst jüngst darauf hingewiesen, dass die Straßenbahnschienen „unglaublich gefährlich“ sind. Diese waren auch Dietmar Petzina auf der Wiemelhauser Straße zum Verhängnis geworden.
Wegen eines entgegenkommenden Autofahrers war der 84-Jährige an einem Sonntagmorgen mit seinem Rad in die Schienen geraten. „Etwa fünf Minuten lang war ich nach dem Sturz wie weggetreten, dann bin ich nach Hause gefahren. Wie ich das geschafft habe, das weiß ich nicht mehr“, sagt Dietmar Petzina. Ein Arzt stellt bei ihm mehrere schwere Prellungen fest. „Und damit habe ich noch Glück gehabt.“
Er fordert die Verwaltung zum Handeln auf. „Es wäre dringend erforderlich, dass eine Bestandsaufnahme, die vermutlich bei der Verwaltung existiert, öffentlich gemacht, in den politischen Gremien beraten und praktische Schlussfolgerungen gezogen werden. Ansonsten ist es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Tote zu beklagen sein wird. Auf die üblichen Betroffenheitsrituale mancher Politiker würde ich gerne verzichten, stattdessen Taten erwarten.“
Gefahrenstellen etwa an der Hattinger oder der Engelsburger Straße
Auch andere Radfahrer weisen auf weitere gefährliche Stellen hin, etwa auf der Hattinger Straße in Linden oder an der Engelsburger Straße. „Es ist sehr fahrlässig wie mit solchen gravierenden Unfallstellen umgegangen wird“, heißt es.
Nach Angaben der Verwaltung gibt es in Bochum noch etwa 4,9 Kilometer ungenutzte Straßenbahngleise. Seit 2016 würden diese gemeinsam mit der Bogestra sukzessive entfernt – insgesamt bereits 6,6 Kilometer. „Davor gab es das etwa 20 Jahre gar nicht“, sagt Stadtsprecher Thomas Sprenger. In den kommenden zwei Jahren sollen weitere drei Kilometer Gleise entfernt werden.
Hier wurde schon gebaut – und das muss noch raus
An diesen Stellen sind die alten Schienen im Stadtgebiet bereits ausgebaut: Castroper Straße (Rheinische Straße bis Klinikstraße): 600 Meter, Ferdinandstraße (Wittener Straße bis Unistraße): 480 Meter, Hattinger Straße (Königsallee bis Hunscheidstraße): 1440 Meter, Universitätsstraße (von DB Brücke bis Ferdinandstraße): 120 Meter, Universitätsstraße (Ferdinandstraße bis Alsenstraße): 460 Meter, Wittener Straße (Steinring bis Tunnelrampe): 640 Meter, Wittener Straße (Kreuzung Wittener/Kurt-Schumacher Platz): 400 Meter, Harpener Hellweg (Kornharpener bis Laurentiusstraße): 1900 Meter, Alte Wittener Straße (Wittener bis Laerfeldstraße): 415 Meter.
4,9 Kilometer Schienen müssen noch ausgebaut werden. Sie befinden sich an diesen Stellen: Engelsburger Straße (Essener Straße bis Senke): 690 Meter, Alte Wittener Straße (Zufahrt Wittener Straße bis Nr. 20): 300 Meter, Rüsingstraße (Im Meerland bis Rixenburgweg): 325 Meter, Wiemelhauser Straße (Nr. 209 bis Wendehammer): 480 Meter, Alleestraße (Westring bis Bessemer Straße): 1900 Meter, Castroper Straße (Zwischen Rheinische Straße/Klinikstraße): 1300 Meter.
„Es hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, die Gleise im Zuge von Großmaßnahmen unmittelbar vor dem Start der eigentlichen Bautätigkeiten herauszunehmen. Das haben wir zum ersten Mal beim Ausbau der Hattinger Straße durchgeführt und so die Gefahren von Zweiradfahrenden in Baustellen reduziert“, sagt Thomas Sprenger. Die Gleise auf der Alleestraße – dort wo der tödliche Unfall passiert ist – sollen im Sommer 2023 nach der Ertüchtigung der Asphaltschicht auf der Rottstraße und vor dem Start des eigentlichen Straßenausbaus entfernt werden.
Dietmar Petzina hat sich von seinem Sturz nicht vom Radfahren abhalten lassen. 20 bis 25 Kilometer fährt der 84-Jährige weiterhin täglich mit seinem Fahrrad. Das Auto nutze er nur gelegentlich. Und das soll auch so bleiben, findet er. „Ich hoffe nur, dass sich die Stadt nach den vielen Unfällen diese Gefahr besser bewusst macht!“