Bochum. Noch sechs Wochen bis zur Fußball-WM in Katar. Wie ist die Stimmung bei den Fans in Bochum? Wo werden die Spiele gezeigt? Hier steht, was geht.
Moppel hatte schon im Sommer keine Lust. „Lieber Kater statt Katar“, sagte Dirk Michalowski, Fanbeauftragter des VfL Bochum, beim Saisonauftakt im Juli und kündigte an, während der Fußball-Weltmeisterschaft feuchtfröhlich Urlaub auf Fuerteventura zu machen. Nicht nur bei Moppel hält sich die Vorfreude in engen Grenzen. Gleichwohl werden zumindest die deutschen Spiele wie gewohnt im Bermudadreieck zu sehen sein.
Am 20. November beginnt die WM in Katar. Sie ist umstritten wie kein anderes Turnier zuvor. Nicht nur, weil erstmals im Winter gespielt wird, sondern vor allem, weil dem Emirat massive Verletzungen von Menschenrechten vorgeworfen werden. So sollen laut Amnesty International beim Bau der WM-Stadien 6500 Gastarbeiter ums Leben gekommen sein.
Verbandschef: Riss zwischen Amateurclubs und Nationalelf
„Es ist allgemein bekannt, unter welchen Umstände diese WM zustande kam. Von einer Begeisterung früherer Jahre sind wir deshalb weit entfernt“, sagt Axel Zimmermann, Vorsitzender des Fußballkreises Bochum mit 90 Vereinen. Hinzu komme, dass es zwischen der Nationalmannschaft und den Amateurclubs „einen Riss gegeben hat“. Entsprechend gering sei das Interesse an der WM – zumal die Amateure anders als die Profis ihre Saison dafür nicht unterbrechen. Zimmermann: „In einigen Vereinsheimen werden die deutschen Spiele sicherlich gemeinsam verfolgt. Aber mit gebremstem Schaum und kritischem Blick.“
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Auch im Bermudadreieck hätten die Gäste die WM „noch längst nicht auf dem Schirm“, beobachtet Christian Bickelbacker, Chef der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG). Sechs Wochen vor Turnierbeginn seien in seiner Sportbar Three Sixty normalerweise schon etliche Tische reserviert. „Das gibt’s bisher nur vereinzelt.“
Bermudadreieck: Auf WM-Geschäft können Wirte nicht verzichten
Keinen Zweifel lässt Bickelbacher daran, dass die Spiele auf der Partymeile wie gewohnt gezeigt werden. Ein Kneipen-Boykott, zu dem u.a. in Düsseldorf aufgerufen wird, sei im Dreieck kein Thema, bekräftigt ISG-Vorstandsmitglied Ronald Gottwald. „Nach mehr als zwei Corona-Jahren und mit Blick auf die aktuellen Probleme in der Branche können die Gastronomen auf das WM-Geschäft nicht verzichten“ – zumal die Gruppenspiele der Nationalelf abgesehen vom Auftakt gegen Japan (23. November, 14 Uhr) zur besten Ausgehzeit um 20 Uhr angepfiffen werden.
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Wer draußen sitzen will (Stichwort: Corona-Herbst), sollte sich warm anziehen. Die Zahl der Heizstrahler sei aus Kostengründen stark ausgedünnt worden, berichtet Christian Bickelbacher. Statt teurem Gas nutze er jetzt Bio-Strom. Zudem seien zusätzlich wärmende Decken angeschafft worden.
In der Bar Celona werden die Spiele auf einer Leinwand gezeigt
Wer sich zur WM auf ein Rudelgucken freut, schaut in die Röhre. Große Public-Viewing-Formate wie zuletzt bei der EM 2016 im Westpark galten schon vor Corona als wenig zugkräftig. Die „Bar Celona“ an der Gahlenschen Straße erlebte mit ihrem ersten Public Viewing bei der WM 2018 auf dem freigeräumten Parkplatz durch das deutsche Vorrunden-Aus ein Fiasko.
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Diesmal nutze man eine Leinwand, die eigentlich nur für Seminare und Konferenzen bereitstehe, kündigt Betriebsleiterin Lydia Ressing an: „In einem Gastraum werden zumindest die deutschen Spiele per Beamer übertragen.“
Eindeutiges Votum der Facebook-Nutzer
Eindeutig fällt das Urteil auf der WAZ-Facebook-Seite aus. „Werdet ihr die WM-Spiele gucken?“, lautet unsere Frage. Die häufigste Antwort: Nein.
„Nie war das Interesse so gering wie in diesem Jahr“, konstatiert Norbert Hölter und appelliert: „Flagge zeigen gegen die Machthaber in Katar.“
Frank Frowein hätte es noch wichtiger gefunden, wenn einige Länder die WM boykottiert und sich nicht „weggeduckt“ hätten. „Aber Geld und Anerkennung und vielleicht auch den Pokal gewinnen ist halt wichtiger als Menschenrechte.“
Stadionsprecher Michael Wurst erkennt „Doppelmoral“
Aktuell keine WM-Pläne hat das WTC-Sportcamp in Wattenscheid, das 2018 noch ein Public Viewing organisiert hatte. Auf dem Weihnachtsmarkt in der Innenstadt, der am 17. November beginnt, werde die drei Tage später startende WM ebenfalls keine Rolle spielen, erklärt Christian Krumm, Sprecher der Bochum Marketing GmbH. „Der Markt bleibt fußballfrei. Es wird keine Übertragungen geben. Das würde einfach nicht passen.“
Michael Wurst hält dagegen. „So lange wir versuchen, Gas aus Katar zu beziehen, können wir auch die WM gucken“, meint der VfL-Stadionsprecher und macht „eine Doppelmoral“ aus. Selbstverständlich werde er bei der WM zuschauen. „Schade ist nur, dass wir so lange auf die Ligaspiele unseres VfL verzichten müssen.“