Bochum. Den VfL Bochum in der Kneipe gucken: Das ist für manche Wirte längst kein Geschäft mehr. Am Tresen wird’s leerer. Und die TV-Abos sind teuer.
„Olli“ guckt in die Röhre. Als der Aufstieg des VfL Bochum im Frühsommer besiegelt war, frohlockte Oliver Witt: „Die rennen mir nächste Saison die Bude ein!“ Es kam anders. Bei den TV-Übertragungen der VfL-Spiele blieb die „Postkutsche“ zuletzt weitgehend leer. Dabei gilt die Traditionskneipe an der Viktoriastraße als blau-weißer Hotspot.
Elf lange Jahre mussten die VfL-Fans auf die Rückkehr ins Fußball-Oberhaus warten. Doch viele Anhänger haben aktuell kaum eine Chance, die Erste Liga live zu genießen. Zwar sinken die Inzidenzen. Die Corona-Auflagen zwingen den Verein aber weiterhin, die Besucherzahlen bei Heimspielen zu reduzieren. 13.500 waren es gegen Mainz, 14.000 gegen Hertha. Dabei haben die 17.000 Mitglieder sowie die 7900 Dauerkartenbesitzer, die kein Mitglied sind, ein Vorkaufsrecht. Am Sonntag (26.) gegen den VfB Stuttgart sind 15.500 Menschen erlaubt. Seit Freitag sind sämtliche Karten vergriffen.
Wirte müssen für Fußball-Abos tief in die Tasche greifen
Etliche Fans kommen nicht ins Stadion. In der „Postkutsche“ herrscht gleichwohl Fußball-Flaute. Selbst beim Bayern-Spiel vor einer Woche gab’s reichlich Luft nach oben. Wirt Oliver Witt hat sich umgehört. Seine Erklärung: Sky mache den Gastronomen mit Kampfpreisen das Geschäft kaputt. „Zu Saisonbeginn gab’s Lockangebote für 19 Euro. Da haben viele VfL-Fans zugegriffen. Das kann ich auch verstehen.“
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Den Schaden hätten die Wirte, die für ein Abo tief in die Tasche greifen müssen. Die Gebühr für „Sky business“ richtet sich nach der Größe der Kneipe, des Pubs, der Sportbar. „600 Euro monatlich sind’s bei mir. Dabei habe ich die Champions League schon abbestellt“, sagt „Olli“ Witt. Hinzu komme DAZN. Der Streamingdienst überträgt seit dieser Saison alle Freitag- und Sonntagspiele. „Das sind zusätzlich 69 Euro im Monat. Und alle Zahlungen laufen in der spielfreien Zeit weiter“, sagt der „Kutschen“-Chef.
„Ritterburg“-Chef klagt auch über technische Missstände
Ob sich das rechnet? Witt: „Im Prinzip nicht. Wenn’s gut läuft, wird’s eine Nullnummer.“ Anders, als Sky verheißt. „Die Verweildauer Ihrer Gäste geht in die Verlängerung mit einem höheren Bonwert pro Gast und häufigeren Besuchen!“, wirbt der Pay-TV-Sender, der eine WAZ-Anfrage zur Abo-Entwicklung in Bochum bis Freitag unbeantwortet ließ.
Groll auf die TV-Fußball-Vermarkter hegt auch Martin Hartmann, Inhaber der VfL-Fankneipe „Ritterburg“ in Freistoßnähe zum Vonovia Ruhrstadion. 900 Euro zahle er für das Sky-Ticket. „Anfangs waren es 250 Euro.“ Eine „Frechheit“ sei es, dass er nun auch noch DAZN für 250 Euro hinzubuchen muss, um das volle Bundesliga-Programm zu bieten. Insgesamt mehr als 1000 Euro, die mit den Besuchern, die kommen, nicht hereingeholt werden könnten. „Für mich ist das Dienst am Kunden. Denn an den Gästezahlen hat sich kaum etwas geändert“, sagt Hartmann und ärgert sich bei DAZN über technische Missstände. „Die Bildqualität ist schlecht. Beim Bayern-Spiel kam es immer wieder zu Aussetzern.“
Heimspiel am Sonntag live bei DAZN
Das Heimspiel des VfL Bochum am Sonntag (15.30 Uhr) gegen den VfB Stuttgart wird beim Streamingdienst DAZN live gezeigt.
Privatkunden zahlen für ein DAZN-Abo (alle Freitag- und Sonntagspiele) monatlich 14,99 Euro oder 149,99 Euro im Jahr. Sky (alle Samstagspiele und 2. Liga komplett) verlangt 25 Euro im Monat bei Abschluss eines Jahresabos.
Im „Three Sixty“ bleibt es voll
Christian Bickelbacher kann den Frust seiner Kollegen nachvollziehen. Stammgäste klassischer VfL-Kneipen, gerade abseits des Zentrums, würden die Spiele immer häufiger daheim oder bei Freunden gucken. „Da wurde manche Kellerbar technisch komplett aufgerüstet. Dazu gibt’s Grillwurst, und rauchen darf man auch.“ Seine Sportsbar „Three Sixty“ im Bermudadreieck hingegen sei als Fußball-Treff beliebt wie eh und je: „Bei VfL-Spielen sind wir immer voll.“ Bis zu 400 Gäste fiebern dann auf der Partymeile mit. Da lohnen auch die 2000 Euro, die Bickelbacher allein für das „Three Sixty“ an die TV-Anbieter zahlt.