Bochum. Der deutsche EM-Start bescherte dem Bermudadreieck ein volles Haus. Doch die Lust wich alsbald dem Frust. So lief’s am Dienstagabend in Bochum.

Ein Tor. Wenigstens eins. Womöglich wäre dann so etwas wie EM-Stimmung aufgekommen im Bermudadreieck, das gemeinhin als Epizentrum Bochumer Fußballlust gilt. So aber herrschte Frust, als am Dienstag kurz vor 23 Uhr die 0:1-Auftaktpleite der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft besiegelt war.

Dabei war alles für ein unter Corona-Bedingungen fast schon ausgelassenes Fußballfest gerichtet. Quasi pünktlich zum EM-Start war die Sieben-Tage-Inzidenz in Bochum erst unter 50, dann unter 35 gerutscht. Die Testpflicht in der Innen- und Außengastronomie: Vergangenheit. Es sei denn, mehr als fünf Hausstände kommen zusammen. Dann benötigen alle einen negativen Test. Praktisch: Seit einigen Tagen verfügt das Dreieck über eine eigene Teststelle, direkt neben dem „ThreeSixty“.

Fußball-EM: Rudelgucken steht nichts im Weg

Dem Rudelgucken steht also nichts im Weg: von der Maskenpflicht außerhalb des Sitzplatzes (die abseits der Lokale auf der Kortumstraße erschreckend häufig missachtet wird) und den weiterhin geltenden Abstands- und Hygieneregeln abgesehen. Die Gastronomie darf während der EM stadtweit mindestens bis 24 Uhr öffnen.

Vor dem „ThreeSixty“ hat sich um 20 Uhr eine Schlange gebildet. „Sorry“, sagt der breitschultrige Security-Mann am Absperrgitter und verweist auf die voll besetzten Tische. Innen waren Reservierungen möglich. Außen gilt: Wer zuerst kommt, sitzt zuerst. „Die Ersten kamen um 17 Uhr“, sagt Inhaber Christian Bickelbacher. Vor dem Anpfiff steht hier niemand mehr auf. Wer jetzt noch keinen Platz hat, findet ihn auch nicht mehr.

Bei Schwarz-Rot-Gold gibt’s noch Luft nach oben

Auffällig: Trotz der vielen Besucher ist der Schwarz-Rot-Gold-Anteil auf der Partymeile gering. Kein Vergleich zu früheren Turnieren. Jede Menge Luft nach oben. „Das kommt noch“, glaubt Georg (48), der mit zwei Arbeitskollegen unterwegs ist: alle drei im Deutschland-Trikot. „Heute ein Sieg – und die Euphorie ist wieder da.“

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21 Uhr. Hymne. Klatschen. Auf geht’s. „Läuft doch!“, tönt es nach den ersten Minuten am Nachbartisch. Und damit ist nicht nur der flotte Biernachschub gemeint. Entsetzen in Minute 20. Eigentor Hummels. Das Dreieck stöhnt auf. „Gibt’s doch gar nicht!“, jault der Nachbartisch. „War klar“, meint einer, „das konnte nur ‘n Dortmunder sein.“

Beim Schwarz-Rot-Gold-Outfit gab’s zum EM-Start im Bochumer Bermudadreieck noch Luft nach oben.
Beim Schwarz-Rot-Gold-Outfit gab’s zum EM-Start im Bochumer Bermudadreieck noch Luft nach oben. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Nach Abpfiff leeren sich Gläser und Lokale

Kehraus eineinhalb Stunden später. Der Ausgleich, er wollte einfach nicht fallen. Ruckzuck leeren sich die letzten Gläser, alsbald auch die Lokale. Autokorso? Heute nicht. Der Nachbartisch hält noch wacker die Stellung. „Jungs, noch is’ nix verloren“, ist zu hören. „Samstag sind wir wieder hier.“

Polizei meldet ruhigen Fußballabend

Die Polizei meldet einen ruhigen Fußballabend in Bochum. „Keine besonderen Vorkommnisse“, verzeichnet Sprecher Volker Schütte in einer ersten Bilanz des deutschen EM-Starts.

Die Besucher insbesondere im Bermudadreieck hätten sich am Dienstag weitgehend coronakonform verhalten. „Für unsere Einsatzkräfte gab es keine Probleme“, so Schütte.

Am Samstag (19.) wird auf der Partymeile erneut mit einem großen Andrang gerechnet. Um 18 Uhr spielt Deutschland gegen Portugal.

Ein Ausscheiden in der Vorrunde mag sich niemand vorstellen. Schon gar nicht die corona-gebeutelten Wirte in Bochum, weit über das Dreieck hinaus, bei denen die Einnahmen in EM-Zeiten endlich wieder sprudeln sollen. Möglichst bis zum Finale.

Der VfL Bochum „is’ wirklich wichtig“

Marius (29) wird weiter am Ball sein, weiter die Daumen drücken. Ein frühes Aus der Nationalelf wäre zwar traurig, in diesem Sommer aber ausnahmsweise zu verschmerzen, meint der Mechatroniker und blickt voller Vorfreude auf Mitte August. Dann startet die Fußball-Bundesliga. Erstmals nach elf Jahren wieder mit dem VfL Bochum.

„Dat“, sagt Marius, „is’ wirklich wichtig.“ Nur damit es jeder weiß.