Bochum. Den Entwurf des Prestigeobjekts „Citytower“ empfinden Kritiker als Enttäuschung. Auch die Stadt Bochum ist unzufrieden. Das soll nun passieren.

In zwei Jahren soll Bochum ein ganz neues Gesicht bekommen. Als Landmarke und Leuchtturmprojekt wurde der künftige Citytower neben dem Hauptbahnhof angepriesen, in dessen 21 Etagen ein Hotel (Premier Inn) sowie Büro- und Gewerbefläche entstehen sollen. Nun bröckeln die einst ehrgeizigen architektonischen Ziele allerdings.

Citytower wird als „Käsereibe“ geschmäht

In den Sozialen Medien kursiert der Begriff „Käsereibe“ für den 60 Meter hohen Turm, dessen Optik einst Raffinesse und gestalterischen Anspruch verhieß, in seiner aktuellen Anmutung aber enttäuscht. Die Ratsfraktion Partei/Stadtgestalter spricht von einem „beliebigen und austauschbaren Entwurf“. Und auch die Stadt selbst ist unzufrieden mit dem aktuellen Planungsstand. „Das habe ich dem Bauherrn und dem Architekturbüro auch mitgeteilt“, sagt Stadtbaurat Markus Bradtke.

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Verabredet war eigentlich, dass der Investor List Develop Commercial das Gebäude auf Basis eines bereits vorliegenden Entwurfs weiterentwickelt. Bei der Vorstellung des Projekts im August 2020 hieß es, beide Seiten, Stadt und Unternehmen, waren sich einig, dass der aus der Feder von Gerber Architekten stammende, architektonische Entwurf des Neubaus nicht wesentlich verändert wird.

Verwaltung sieht an einigen Stellen Verbesserungsbedarf

Genau das aber ist geschehen. Die Fraktion Partei/Stadtgestalter spricht von einer „deutlichen Abkehr von der bisherigen gestalterischen Qualität“. Die Bauverwaltung sieht an mehreren Stellen Nachholbedarf: Dach und Gebäudesockel seien nicht prägnant genug ausgeformt. Auch die Farbgebung der Fassade wird kritisiert.

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Hier soll der Citytower entstehen. Zunächst lässt die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bochum ein neues Parkhaus bauen. Davor (rechts) soll dann in gut zwei Jahren die neue, 60 Meter hohe Landmarke stehen.
Hier soll der Citytower entstehen. Zunächst lässt die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bochum ein neues Parkhaus bauen. Davor (rechts) soll dann in gut zwei Jahren die neue, 60 Meter hohe Landmarke stehen. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Statt der steinernen Fassade ist mittlerweile eine Aluminium-Variante vorgesehen. Die an einigen Stellen aufgebrochene Fensterstruktur wurde abgelöst von einer gleichförmigen Silhouette. Der von der Wirtschaftsentwicklung Bochum gepriesene Bo-Effekt – in Anlehnung an den erstaunten Ausruf „Boah“ – dürfte Betrachtern beim Blick des aktuellen Entwurfs kaum in den Sinn kommen. Dabei hatte List-Geschäftsführer Michael Garstka 2020 gesagt, die Besonderheit des 60 bis 80 Millionen Euro teuren Leuchtturmprojekts ergebe sich „aus der hervorragenden Lage, der sehenswerten Architektur und dem Nutzungsmix“. Nun droht die sehenswerte Architektur auf der Strecke zu bleiben.

Investor hält an gemeinsamer Basis fest

Orientierung genug haben Bauherr und Architektur eigentlich. Sowohl der Bebauungsplan als auch der Kaufvertrag beschreiben den gestalterischen Anspruch der Stadt. Auch der Gestaltungsbeirat hat seine Anforderungen an das Gebäude formuliert. Umso größer war das Erstaunen über den zwischenzeitlichen Entwurf. Der List-Geschäftsführer sagt dazu: „Wir haben mit der Stadt Voransichten und Grundrisse definiert und vereinbart, dass wir das Projekt auf dieser Basis weiterentwickeln. An diese Vereinbarung halten wir uns nach wie vor.“

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Davon geht auch der Stadtdirektor aus. „Investor und Architekt zeigen Einsicht, dass das nicht ihr und auch nicht unser Anspruch an das Projekt ist“, so Markus Bradtke. Ihm liegen mittlerweile überarbeite Entwürfe vor, die er noch nicht öffentlich kommentieren dürfe, aber die in die richtige Richtung gingen. Es sei ein deutliches Bemühen zu erkennen, die gestalterische Qualität zu verbessern.

Baugenehmigung liegt noch nicht vor

Eine Baugenehmigung hat List im Übrigen noch nicht. Der vorliegende Bauantrag könne verändert und müsse nicht neu eingereicht werden, so der Stadtbaurat. Die Überarbeitung der Gebäudehülle sollte aus seiner Sicht nicht zu einer Verzögerung von Bauzeit und Fertigstellung führen.

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Davon geht auch der Investor aus. Er kündigt für November die aktualisierten Fassadenpläne an und sagt zur Kritik am bisherigen Entwurf: „Wir stehen in einem sehr engen Austausch mit der Stadt und hatten seit Projektbeginn gemeinsam einige Aspekte, für die wir noch nicht die optimale Lösung gefunden hatten“, so List-Geschäftsführer Garstka. Und: „Gemeinsam haben wir folgende Lösungsansätze entwickelt: die optische Verbindung der unteren beiden Geschosse mit dem Rest des Gebäudes, die Auflockerung der Fassadenstruktur und ein optischer Abschluss für das Gebäude. Und genau das setzen wir aktuell um. Die entsprechende Anpassung des Entwurfs ist in Arbeit.“