Bochum-Stiepel. Obwohl ein Stück Dorfgeschichte dafür weichen musste, erntet ein Neubau-Projekt in Bochum-Stiepel viel Lob. Drei Brüder schaffen neuen Wohnraum.

Im alten Dorfkern von Bochum-Stiepel tut sich was. An der Straße Vorm Felde 32 entstehen drei neue Mehrfamilienhäuser. Drei Brüder der alten Stiepeler Familie Meier-Kortwig nehmen viel Geld in die Hand, um auf dem familieneigenen Grundstück Platz für knapp 30 Mietwohnungen zu schaffen. Für die Architektur und Anordnung der Gebäude gibt es viel Lob.

Bochum: Neubau-Projekt in Stiepel wird mit Lob überschüttet

Auch wenn dafür erst einmal ein Stück Dorfgeschichte weichen musste. Das alte Fachwerkhaus von 1739 nebst Anbau und auch die dahinter gelegenen Gebäude sind längst abgerissen. Die Baugrube für die geplante Tiefgarage ist schon ausgehoben, daneben wird bereits am Rohbau eines der drei Mehrfamilienhäuser gearbeitet.

Auch interessant

Bauherren sind Hans Meier-Kortwig und seine beiden Brüder. Aufgewachsen sind die drei in Duisburg-Rahm, wo es ihre Eltern damals hinverschlagen hatte. Ihre Mutter Brigitte Meier-Kortwig hingegen verbindet noch vieles mit dem Grundstück. Sie habe damals in dem Fachwerkhaus gewohnt, berichtet die heute 81-Jährige. Angesichts der jüngsten Fliegenkirmes erinnert sie sich noch, „wie wir früher hinter den Kirmeswagen hergerannt sind, als aufgebaut wurde“. Noch heute bekomme sie mit, was im Dorf so alles passiere. „Ich habe hier ein paar ,Spione’, die mich informieren“, sagt sie lachend.

Die Baugrube für die Tiefgarage ist schon ausgehoben. Im Hintergrund entsteht bereits der Rohbau von einem der drei Mehrfamilienhäuser, die in Bochum-Stiepel neuen Wohnraum schaffen sollen.
Die Baugrube für die Tiefgarage ist schon ausgehoben. Im Hintergrund entsteht bereits der Rohbau von einem der drei Mehrfamilienhäuser, die in Bochum-Stiepel neuen Wohnraum schaffen sollen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Dass ihr Elternhaus nicht mehr existiert, ist „okay“ für Brigitte Meier-Kortwig. „Keiner meiner Söhne wollte hier einziehen“, sagt sie. „Und es lohnte von der Bausubstanz auch nicht mehr, es zu sanieren.“ Also entschied sich die Familie, etwas Neues zu bauen, das auch zu Stiepel passt.

Auch interessant

Die geplanten drei Mehrfamilienhäuser orientieren sich daher in ihrer Anordnung an dem Vorbild eines historisch gewachsenen Dorfplatzes. Neben den von Hecken umgebenen privaten Gartenbereichen der Erdgeschosswohnungen sind zusätzlich gestaltete Grünflächen mit Einzelbäumen und parkähnliche Wegeverbindungen vorgesehen. In der Mitte soll es einen Platz als „grünes Zentrum“ geben.

Bochum-Stiepel: Neue Wohnungen in erster Linie für Familien gedacht

Die Häuser werden zwei Geschosse und ein Dachgeschoss haben, dazu Satteldächer. Höher wolle man nicht gehen, um die bestehende Gebäudestruktur im Umfeld nicht zu stören, sagt Arne Schule vom Architekturbüro BSP. Insgesamt entstehen 29 Mietwohnungen, die Wohnflächen liegen zwischen 80 und 135 Quadratmetern, inklusive Loggien und Terrassen. Die Wohnungen verfügen über zwei bis fünf Zimmer, mit einem offenen Grundriss (Kochen/Essen/Wohnen).

Ilka Sauer (Architekturbüro BSP), Dagmar Stallmann (Untere Denkmalbehörde), Bauherr Hans Meier-Kortwig, Arne Schulte (BSP) und Brigitte Meier-Kortwig studieren die Baupläne für das Neubau-Projekt in Bochum-Stiepel
Ilka Sauer (Architekturbüro BSP), Dagmar Stallmann (Untere Denkmalbehörde), Bauherr Hans Meier-Kortwig, Arne Schulte (BSP) und Brigitte Meier-Kortwig studieren die Baupläne für das Neubau-Projekt in Bochum-Stiepel © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Es werden tendenziell eher größere Wohnungen“, sagt Bauherr Hans Meier-Kortwig. „Weil wir bewusst auch Wohnraum für Familien schaffen wollen.“ Wie hoch die Miete sein wird, ist noch offen. Ebenso die Höhe der Gesamtkosten. Das sei aufgrund der dynamischen Lage bei Bau- und Materialpreisen schwer absehbar, sagt Meier-Kortwig. Klar sei, dass man am Ende im unteren zweistelligen Millionenbereichen liegen werden. „Aktuell bei ca. elf Millionen Euro.“ Nach Möglichkeit Anfang 2024 sollen die Wohnungen bezogen werden können.

Auch interessant

Er wisse, dass es „viel Mut braucht, diesen Schritt gerade jetzt zu gehen“, sagt der 52-Jährige. Doch er und seine Brüder seien fest entschlossen, neuen Wohnraum zu schaffen – und sich selbst eine Altersabsicherung. „Deshalb werden wir die Häuer auch behalten und vermieten.“ Dabei sei man jedoch nicht nur auf Profit aus. „Wir hätten 30 Prozent mehr Fläche bebauen können, wollten das Grundstück aber nicht ausquetschen.“

Bohrungen bis 135 Meter Tiefe

Die drei Mehrfamilienhäuser sollen eine Sole-Wärmepumpe erhalten. Dafür seien bereits 13 Tiefenbohrungen bis zu 135 Meter Tiefe erfolgt, sagt Arne Schulte vom Architekturbüro BSP. Darüber könne man im Sommer auch energieeffizient und vor allem kostenlos kühlen.

Die 1977 von Günter Krautscheid gegründete Fahrradwerkstatt „Krabo“, die ehemals im Anbau des Fachwerkhauses beheimatet war, ist innerhalb von Bochum umgezogen. Die neue Adresse lautet Auf dem Anger 1, Harpen.

Der Beirat der Stadt Bochum, bestehend aus fünf unabhängigen, externen Architekten, hat dieses Neubau-Projekt als vorbildlichen Entwurf und als Vorbild für andere Projekte im Ort gewürdigt – mit einer gelungenen Architektur für eine angemessene „dörfliche“ Weiterentwicklung von Stiepel.

Ämter haben geprüft: Kein Denkmalschutz für Fachwerkhaus

Auch bei der Stadt Bochum ist man voll des Lobes. In den vergangenen Jahren sei in Stiepel ja viel gebaut worden, sagt Architektin Dagmar Stallmann von Unteren Denkmalbehörde. „Es ist ja nicht mehr viel vom alten Dorf übrig.“ Da steche dieses Projekt wirklich positiv heraus. Hier werde qualitativ hochwertig gebaut und auch nachhaltig gedacht. So sollen viele natürlichen Materialien verwendet werden.

Diese Inschrift des alten Fachwerkhauses Vorm Felde 32 soll in die Fassade der Neubauten in Bochum-Stiepel integriert werden.
Diese Inschrift des alten Fachwerkhauses Vorm Felde 32 soll in die Fassade der Neubauten in Bochum-Stiepel integriert werden. © BSP

Das alte Fachwerkhaus habe man im Vorfeld natürlich genaustens unter die Lupe genommen, versichert Dagmar Stallmann. Zusammen mit dem LWL-Fachamt für Denkmalpflege-, Landschafts- und Baukultur sei die Untere Denkmalbehörde aber zu dem Schluss gekommen, dass das Gebäude nicht schützenswert ist. „Das wurde so oft umgebaut, zuletzt in den 50er Jahren, da ist von der alten Bausubstanz nicht mehr viel übrigen gewesen.“

Etwas bleibt allerdings erhalten: Im Zuge der Abrissarbeiten wurde die Inschrift des alten Fachwerkhauses gesichert. Diese soll in die Fassade der neuen Häuser eingearbeitet werden, orientiert zur Platzmitte der geplanten Gebäude.