Bochum-Stiepel. Zwei alte Häuser im Dorfkern in Bochum-Stiepel sollen für einen modernen Neubau weichen. Die Planung steht, muss allerdings geändert werden.

Nichts wird im historischen Dorfkern von Bochum-Stiepel derzeit so heftig diskutiert wie der bevorstehende Abriss zweier alter Häuser an der Brockhauser Straße, unweit der Dorfkirche. Dort soll ein moderner Neubau entstehen. Ein eckiges Gebäude mit Flachdach, wie sie derzeit fast überall im Stadtgebiet hochgezogen werden. Viele Stiepeler sind darüber entsetzt, sehen mit jedem weiteren kastigen Neubau den historischen Charme des Dorfes zunehmend schwinden. Allerdings ist die Planung, wie sie sich Bauherr Uwe Kappel wünscht, noch nicht genehmigt. Denn es gibt noch viele Einwände dagegen.

Bochum: Nächster Neubau im historischen Stiepel – so reagiert die Stadt

Das teilt die Stadt Bochum im Gespräch mit der WAZ mit. Die Planung des Neubaus, der anstelle der alten Vikarie und des Fachwerkhauses daneben (Brockhauser Straße 63 und 65) entstehen soll, sei im Gestaltungsbeirat der Stadt Bochum „sehr kritisch und differenziert diskutiert“ worden, verrät Dagmar Stallmann, die Leiterin der Stadtgestaltung und Unteren Denkmalbehörde, ohne aus Datenschutzgründen ins Detail gehen zu können.

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Der Gestaltungsbeirat setzt sich aus externen und unabhängigen Experten sowie Vertretern der politischen Fraktionen und dem jeweiligen Bezirksbürgermeister zusammen. Und dieses Gremium sehe die aktuelle Planung für den Standort durchaus „nicht als positives Beispiel“ zur Weiterentwicklung des Stiepeler Dorfkerns an, sagt Dagmar Stallmann weiter. „Es gab viele Einwände gegen die Pläne und die Aufforderung, diese nun zu bearbeiten.“ Von daher sei auch noch keine Baugenehmigung erteilt worden. Man sei aber in „guten und konstruktiven Gesprächen mit Bauherr und Architekt“.

So soll der Neubau an der Brockhauser Straße in Bochum-Stiepel nach Vorstellung von Bauherr Uwe Kappel aussehen. 
So soll der Neubau an der Brockhauser Straße in Bochum-Stiepel nach Vorstellung von Bauherr Uwe Kappel aussehen.  © Krampe Schmidt Architekten GmbH

Die Stadt werde die Neubaupläne „weiter eng begleiten“, verspricht Dagmar Stallmann. Verhindern könne man sie allerdings nicht. „Die beiden Gebäude sind aufgrund zahlreicher baulicher Veränderungen nicht denkmalwert, das haben wir mehrfach unter fachlicher Begleitung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe untersucht. Dass es sich bei dem einen Haus um Fachwerk handelt und bei dem anderen um die ehemalige Vikarie, reiche nicht aus.

Stadt Bochum: Neue Bauordnung sorgt für Probleme

Ein Abriss der beiden Häuser sei ebenfalls von der Stadt nicht abwendbar, „weil die neue Bauordnung vorsieht, dass man für einen Abriss keine Genehmigung mehr benötigt“, erklärt Dagmar Stallmann. „Es reicht eine kurze Anzeige bei der Stadt. Und wenn nach zwei, drei Tagen kein Veto kommt, darf der Eigentümer loslegen. Das sorgt dafür, dass wir oftmals keine Gelegenheit mehr haben, einen möglichen Denkmalschutz von Gebäuden zu prüfen.“

Zehn Wohnungen zur Miete

Zehn Wohnungen im geplanten Neubau an der Brockhauser Straße in Stiepel sind in Souterrain, zwei Etagen und dem Staffelgeschoss oben drauf vorgesehen. Die Größe reicht von 90 bis 119 Quadratmetern. Eigentümer Uwe Kappel plant durchweg Dreieinhalb-Zimmer-Wohnungen, um auch Homeoffice zu ermöglichen.

Der Mietpreis wird laut Kappel bei 11 bis 12 Euro pro Quadratmeter liegen. Baubeginn soll Anfang 2022 sein, die Bauzeit 16 Monate betragen.

Einige Städte würden über eine Erhaltungssatzung versuchen, den vorschnellen Abriss von Gebäuden zu vereiteln, weiß Dagmar Stallmann. „Dazu müsste aber eine zusammenhängende historische Bausubstanz vorhanden sein, und die ist in Stiepel leider nicht mehr gegeben.“ Auch wegen der vielen „Legohäuser“, wie Bezirksbürgermeister Helmut Breitkopf (SPD) die eckigen Neubauten nennen, die auch in Stiepel immer häufiger zu finden sind – etwa an der Ecke Kemnader Straße/Brockhauser Straße.

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Breitkopf wünscht sich andere architektonische Möglichkeiten als „praktisch und quadratisch“, weiß aber auch um die Probleme, die die aktuellen Anforderungen mit sich bringen: „Die Preise, auch für Materialien, sind gestiegen, Energieeffizienz und Klimaschutz spielen eine immer größere Rolle – da macht ein privater Bauherr keine großen Bocksprünge.“

Moderne Architektur: Stadt Bochum hat wenig Einfluss

Die Stadt Bochum hat in Sachen Gestaltung wenig Handhabe. „Wir haben leider keinen Paragrafen bei der Hand, sind vor allem beratend unterwegs, etwa über den Gestaltungsbeirat“; sagt Stallmanns Kollegin Britta Wimpelberg, die diesen Beirat leitet. Ein Bebauungsplan für den gesamten historischen Dorfkern von Stiepel, wie ihn Bezirksbürgermeister Breitkopf fordert, könne vielleicht helfen, mehr Einfluss zu nehmen. Künftig, im aktuellen Fall der Vikarie und des Nachbarhauses indes nicht. Hier greife auch kein Bebauungsplan.