Altenbochum. Von einem eigenen Laden konnte Ibrahim Almahmoud lange nur träumen. Als politisch Verfolgter floh er 2013 aus Syrien. Nun ist er Geschäftsmann in Bochum.
Eigentlich ist die Nachricht schnell überbracht: An der Wittener Straße 224, am ehemaligen Standort des Tofuhauses und des Almanda Lebensmittelmarktes, eröffnet ein neues Möbelgeschäft. Haushaltswaren wie Frischhaltedosen und Elektronikgeräte wie Mikrowellen gibt es dort ebenso wie Sofas und Stühle.
Interessant wird es aber, wenn man den neuen Ladenbesitzer kennenlernt. Dass Ibrahim Almahmoud einmal ein eigenes Geschäft in Deutschland haben würde, davon hätte er große Teile seines Lebens nur träumen können. "Ich bin 2013 mit dem Boot aus Syrien geflohen", sagt der 39-Jährige. Dort sei er politisch verfolgt worden. "Es war sehr gefährlich, es herrschte Krieg", sagt Almahmoud.
Vom Dönermann zum Ladeninhaber
In Syrien arbeitete Almahmoud als Kleiderverkäufer, in Bayern absolvierte er einen Sprachkurs und begann, in einem Döner-Imbiss zu arbeiten. Mit seiner Frau lebt er heute gemeinsam in Bochum, vor sechs Jahren wurde Tochter Nadja geboren.
Sie ist nun namensgebend für das Geschäft an der Wittener Straße: Nadja Möbel. Ein Name, der im Arabischen "Morgentau" bedeutet, aber auch in seiner russischen Variante für Almahmouds Situation treffend ist: Der Name bedeutet hier Hoffnung. "Ich hätte es nicht geglaubt, wenn man mir vor zehn Jahren gesagt hätte, dass ich einmal hier ein eigenes Geschäft eröffne", sagt er.
Restposten- und Outletware
Durch den Vormieter, der ein arabisches Lebensmittelgeschäft führte, erfuhr Almahmoud, dass die Räumlichkeiten gemietet werden können. Auf rund 150 Quadratmetern bietet er seine regelmäßig wechselnde Ware an, fast kein Teil gibt es zwei Mal.
"Ich bin viel auf Flohmärkten unterwegs. Da ist mir aufgefallen, dass der Bedarf nach günstigen Möbeln und Haushaltswaren besteht", sagt er. Die Idee des Outlets war also geboren. "Ein Sofa kostet zum Beispiel 400 bis 600 Euro", sagt er.
Vermisst seine Heimat
Die Waren, die er in seinem Geschäft anbietet, beschafft ihm sein Cousin als Restpostenware aus Gladbeck. Manches stamme von einem bekannten Bochumer Möbelhändler. "Es sind aber auch andere Marken dabei", sagt der Ladeninhaber. Alles "sehr günstig" - verspricht er zumindest.
So stolz er auch auf seinen eigenen Laden in Bochum ist, seine Heimat vermisst der Syrer trotzdem. Besonders die Natur aus Syrien und die Einfachheit des Miteinanders fehlen. "Hier musste ich mich erst einmal an die ganzen Termine und den Papierkram gewöhnen", sagt er. Auch dem Möbel- und Einrichtungsgeschmack der Bochumerinnen und Bochumer wird er nun auf den Zahn fühlen müssen - in den arabischen Ländern sieht es in Wohn-, Schlafzimmer und Küche schließlich anders aus.
Tofuhaus ist umgezogen
Das Tofuhaus, das früher an dem Standort war, ist innerhalb Bochums umgezogen: Die Inhaber haben den Altenbochumer Hof (Wittener Straße 236) umgebaut und ein vegetarisches und veganes Bistro eröffnet.
Eigentlich wollte das Ehepaar Lee das Geschäft ganz aufgeben und eine Weltreise machen, doch Corona verlangte einen Neustart.