Bochum. Energiemangel beschränkt sich nicht nur auf Gas. Auch ein Blackout im Stromnetz ist längst Thema. Wie Stadt Bochum und Kliniken sich vorbereiten.
Blackout! Ein möglicher Kollaps der Stromversorgung beschäftigt Verantwortliche derzeit mehr, als sie zugeben wollen. Bloß keine Panik schüren, heißt die Devise. „Wir haben ein Gas-, kein Stromproblem“ beruhigte der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck noch im Juli die Volksseele. Die Aussage ist längst überholt. Stadt und Kliniken in Bochumbereiten sich auf den Ernstfall vor.
Stadtverwaltung und Krankenhäuser gehören zur Kritischen Infrastruktur
Mit Blick auf die Energiekrise sprachen erst vor wenigen Tagen Stadtdirektor Sebastian Kopietz und Verantwortliche der Bochumer Krankenhäuser miteinander. Die Kliniken gehören ebenso wie die Stadtverwaltung, Energie- und Wasserversorger, Verkehrsunternehmen oder Abfallentsorger zu den sogenannten Kritischen Infrastrukturen (KRITIS). Es geht um Organisationen und Einrichtungen, die für das Gemeinwesen unverzichtbar sind. Bei Engpässen oder Ausfällen drohen erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit.
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Wachsam sein, bestmöglich vorbereiten - das ist das Gebot der Stunde. „Unsere Notstromaggregate sind ständig einsatzbereit“, sagt der medizinische Geschäftsführer des Katholischen Klinikums Bochum (KKB), Christoph Hanefeld. Mindestens 30 Stunden könne die Klinik autark mit Strom versorgt werden. Im Prinzip nichts Neues, aber aktuell achte man schon penibel darauf, dass die Dieseltanks kontinuierlich gefüllt sind. „Wir haben zusätzlich auch neue Aggregate angeschafft“, so Hanefeld.
OP-Räume und Intensivstationen dürfen nicht stromlos werden
Besonders wichtig sei die Stromversorgung für OP-Räume, Intensivstationen, Aufzüge, die Radiologie mit ihrer Bildgebung, Eingriffsräume, Telefonanlagen, Notambulanz und EDV, aber auch für Labor, Blutbank, Zentralapotheke und das Licht auf den Stationen, teilt das KKB auf Anfrage mit.
Diese Prioritätenliste gilt für alle Häuser. „Kliniken müssen sich 24 Stunden eigenständig mit Strom versorgen können, das ist gesetzlich vorgeschrieben“, sagt Mario Reuther, Leiter des Kommunalen Krisenmanagements. „Früher waren das einmal 72 Stunden. Blackout ist aber kein neues Thema, das beschäftigt uns schon seit mehr als drei Jahren im Bereich des Katastrophenschutzes.“
Krankenhäuser rüsten sich für den Notfall
Gleichwohl steuern die Kliniken derzeit nach. Auch das Bergmannsheil, das sich laut Sprecher Robin Jopp „zwischen 30 und 47 Stunden vollumfänglich autonom“ versorgen kann. „Für mögliche längerfristige Engpasssituationen passen wir unsere Konzepte derzeit auf mögliche Krisenszenarien an.“ Das Ausfallkonzept sehe vor, dass alle patientenrelevanten Bereiche „priorisiert und im Bedarfsfall zunächst die patientenfernen Bereiche abgeschaltet werden“.
„Wir prüfen derzeit den Einkauf zusätzlicher Brennstoffe“, heißt es indes bei den Augusta-Kliniken. Erst vor zwei Jahren sei ein neues Notstromaggregat angeschafft worden. „Die Technik wird regelmäßig wöchentlich getestet.“
Nicht alle Tankstellen sind auf den Blackout vorbereitet
Die Treibstofftanks für die Notstromaggregate regelmäßig zu füllen, beim KKB sind es 27.500 Liter Diesel, ist das eine, sie bei einem Stromausfall über mehrere Tage nachzufüllen, das andere. „Wir sprechen gerade mit Tankstellenbetreibern, ob im Ernstfall eine Abgabe von Treibstoffen überhaupt möglich ist. Pumpen und Kassensysteme benötigen ja ebenfalls Strom“, so Reuther. Nicht alle Tankstellen verfügten über Notstromaggregate.
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Dafür aber die Feuerwehr der Stadt und das Technische Hilfswerk. Ausgerechnet aber die leistungsstärksten Geräte gehören laut Reuther Land (FW) oder Bund (THW), einen direkten Zugriff darauf habe die Stadt im Notfall nicht. Gut ausgerüstet sind auch die Stadtwerke Bochum. Der Energieversorger verfügt über zwei Notstromaggregate, die fast 800 Haushalte mit Strom versorgen könnten. Der Vorrat an Diesel wurde gerade von 30.000 auf 90.000 Liter aufgestockt.
Notstromaggregate werden europaweit knapp
Bei einem Blackout – landes-, bundes- oder gar europaweit – könnten alle Aggregate zusammen aber nur punktuell Einrichtungen mit Strom versorgen. Keinesfalls einen Stadtteil oder gar eine ganze Stadt wie Bochum. Auch das Bundeswirtschaftsministerium empfiehlt Unternehmen, sich Notstromaggregate anzuschaffen und einen Treibstoffvorrat für drei Tage anzulegen. „Die Beschaffung üblicher Aggregate ist seit Monaten europaweit zwar nicht unmöglich, aber äußerst schwierig“, sagt indes Mario Reuther.
Apropos schwierig: „Wie erreichen wir im Falle eines Blackoutes die Bürger?“, lautet derzeit eine Frage, die noch Antworten sucht. „Natürlich bricht auch das Mobilfunknetz zusammen“, sagt der städtische Krisenmanager. „Wir können den Behördenfunk nutzen oder Satellitentelefone, darüber können wir aber nicht informieren.“
Stadt will im Krisenfall über Radio Bochum informieren
Möglicherweise aber über Radio Bochum. „Dazu gab es erste Gespräche“, sagt Thomas Sprenger. Der Stadtsprecher empfiehlt zudem allen Bürgerinnen und Bürgern: „Auf unserer Homepage finden sich wichtige Hinweise für die Vorsorge im Krisenfall. Auch, wenn es keinen Grund gibt in Panik zu verfallen, sollte sich diese jeder einmal durchlesen.“
Kerzen, Teelichter, Taschenlampen, ein batteriebetriebenes Radio und die dafür benötigten Batterien sollte jedermann zu Hause haben, heißt es dort. Auch ein ausreichender Vorrat an Bargeld sei sinnvoll. Mit dem Suchbegriff Kommunales Krisenmanagement finden Interessierte auf der Startseite www.bochum.de den Weg dorthin.
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