Bochum. Ein Plakat im Bermudadreieck sollte einem Bochumer Start-Up helfen, Personal zu finden. Es gab einen Shitstorm. Und der kam wie gerufen.

Für gewöhnlich kennen sich Benjamin Zaczek und seine Mannschaft im Internet bestens aus. Das Bochumer Start-up Salesviewer identifiziert höchst erfolgreich Nutzer, die sich auf Webseiten von Unternehmen tummeln. Aber was ihnen selbst seit einigen Wochen in den Sozialen Medien widerfährt, verblüfft die Online-Flüsterer komplett. Sie haben nicht weniger als einen mittelgroßen Hype ausgelöst.

Kritischer Tweed beschwert Start-Up eine Million Kontakte

Ein kritischer Kommentar auf Twitter zu einer vermeintlich missglückten Stellenkampagne hat nie geahnte Reaktionen hervorgerufen. Einen Shitstorm. „Der Beitrag hat alleine bei Twitter 866 Re-Tweets und 22.000 Likes hervorgerufen. Das sind Reichweiten von über eine Million Kontakten“, sagt Salesviewer-Gründer Zaczek und frohlockt: „Marketingtechnisch ist das Champions League.“ Dabei verhehlt er nicht, dass das so keineswegs geplant war.

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Alles hat angefangen mit Überlegungen zur richtigen Jobkampagne, um in den nächsten zwei Jahren 15 bis 30 neue Stellen zu besetzen. Salesviewer entschied sich für ein Memes; eine heitere, augenzwinkernde Kampagne, die in der Regel auf dem Widerspruch von Bild und Text basiert. Nach längerer Debatte fiel die Wahl auf ein Foto des im Internet zur Kultfigur gewordenen „Hide the pain Harold“; einem 77-jährigen Ungarn, dessen Gesicht seit Jahren für die unterschiedlichsten Kampagnen genutzt wird.

Plötzlich ist Salesviewer in aller Munde

Sein auf dem Foto gequältes Lächeln sollte der bewusste Kontrast zur positiven Botschaft sein, dass Salesviewer Jobs zu vergeben hat. „Wir haben diese Kontroverse gesetzt“, erklärt Benjamin Zaczek. Allerdings habe es unterschiedliche Meinungen darüber gegeben, ob die Memes-Kampagne so funktioniert.

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Hell erleuchtet und riesengroß. Mit diesem Plakat am Lueg-Haus im Bermudadreieck hat Salesviewer seine Jobkampagne begonnen.
Hell erleuchtet und riesengroß. Mit diesem Plakat am Lueg-Haus im Bermudadreieck hat Salesviewer seine Jobkampagne begonnen. © Sebastian Klemz (Pottportrait)

Am Ende sollten die Recht behalten, die der Überzeugung waren, so könne das nicht funktionieren. Eigentlich. Die Reaktion auf das meterhohe Banner am Lueg-Haus im Bermudadreieck war bescheiden, der Traffic im Netz überschaubar. „Aber als jemand das Plakat schlechtgeredet und das bei Twitter mit dem Kommentar versehen hat, ‘Wenn die Social Media Abteilung keine Ahnung von Memes hat’, ist das Ganze in Deutschland und sogar in Europa viral gegangen“, so Zaczek. Plötzlich war Salesviewer in aller Munde – und das nicht nur in der Branche. „Für unsere Marke ist das ein Riesenerfolg“, so der Gründer.

Bislang sind 251 Bewerbungen eingegangen

Und den eigentlichen Zweck hat die vermeintlich fehlgeschlagene Kampagne auch mehr als erfüllt. 20 bis 30 Bewerbungen gehen in der Regeln ein, wenn die Firma über die üblichen Stellenbörsen nach Verstärkungen sucht. „Jetzt haben wir bislang schon 251 Bewerbungen bekommen“, so Zaczek. Die ersten Jobs seien bereits vergeben.

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Und weil das alles so erfolgreich war, sollte auch nicht plötzlich Schluss sein mit der Kampagne. Für die zweite gebuchte Werbezeit im Bermudadreieck wurde ein neues Plakat entwickelt. Wieder ein Memes, wieder mit dem oft so schmerzverzerrt, diesmal aber auch irgendwie lächelnd dreinschauenden Harold alias Arató András István. Und diesmal mit einer Botschaft an jenen Unbekannten mit dem Twitter-Namen RobsPierre90, der die Kampagne erst so richtig ins Rollen gebracht hat.

Meterhohes Danke-Plakat im Bermudadreieck

Etwa 500.000 Kontakte und Kommentare habe dieser zweite Teil im Netz auch schon wieder ausgelöst. „Aus so einer Fail-Aktion so einen Win zu machen ist schon beeindruckend“, heißt es in einem Kommentar. Und: „Klassischer Fall von ausgedribbelt“, lautet ein anderer. „Wir wollen uns mit dem Plakat bei RobsPierre90, dem Schreiber des Tweeds, bedanken“, sagt Benjamin Zaczek. Gerne würde er ihn auch auf eine Currywurst einladen. Aber die Antwort des unfreiwilligen Helfers stehe noch aus.