Bochum-Harpen. 33 Jahre lang träumte Renate Onasch aus Bochum davon, Schiedsfrau zu werden. Nun ist es so weit – auch dank ihrer Tageszeitung, der WAZ.

„Ich muss was tun“, sagt Renate Onasch. „Und ich möchte noch etwas bewegen.“ Schon viele Jahre hatte sie mit dem Schiedsamt geliebäugelt. Doch zunächst hatte die heute 68-Jährige keine Zeit, dann war die Stelle für ihren Ortsteil Bochum-Harpen noch besetzt. Ein letzter Anlauf jetzt hatte schließlich Erfolg – auch dank der WAZ.

Endlich Schiedsfrau: Für eine Bochumerin wird ein Traum wahr

Denn in ihrer Tageszeitung hatte Renate Onasch gelesen, dass für das Einzugsgebiet Harpen, Grumme und einen Teil von Gerthe eine neue Schiedsperson gesucht wird. „Jetzt oder nie, habe ich mir dann gedacht und mich noch einmal beworben“, sagt sie und freut sich riesig, dass es geklappt hat und sie nun vor wenigen Tagen vereidigt wurde.

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Schon seit 1989 interessiere sie sich für das Schiedsamt, erzählt Renate Onasch. „Seit ich mit einer guten Bekannten beim Kirchentag in Berlin war und sie mir von dieser Tätigkeit vorschwärmte.“ Etwas später erfuhr sie von einer Freundin, dass auch deren Vater Schiedsmann geworden und ganz begeistert sei.“ Seither träume sie davon, auch einmal Schiedsfrau zu werden. Nun hat es geklappt.

Renate Onasch aus Bochum ist neue Schiedsfrau für Harpen, Grumme und einen Teil von Gerthe.
Renate Onasch aus Bochum ist neue Schiedsfrau für Harpen, Grumme und einen Teil von Gerthe. © Stadt Bochum | Fotograf André Grabowski

Zuvor hatte Renate Onasch ohnehin neben dem Beruf genug zu tun, denn schon immer engagierte sie sich ehrenamtlich – etwa als Betreuerin eines Gefangenen, als Gesellschaft für eine Seniorin und als Lesementorin in der Maischützenschule.

Neue Schiedsfrau hofft auf schnellere Versöhnung im kleinen Rahmen

Das Schiedsamt hält Renate Onasch für „eine sehr sinnvolle Tätigkeit“. Viele gingen ja direkt zum Anwalt. „Doch das ist teuer und mehr noch ein Gerichtsprozess.“ Damit es dazu erst gar nicht kommt, gibt es Schiedspersonen. Hier können Streitigkeiten – oftmals Bagatellen unter Nachbarn – schnell und günstig beigelegt werden. Das entlastet auch die Gerichte.

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Dazu will Renate Onasch ihren Teil beitragen. „Die Chance zur Versöhnung ist im kleinen Rahmen größer“, ist sie überzeugt. In ihrem Haus hat sie ein separates Gästezimmer, das sie für Schlichtungsgespräche nutzen will. Einen Fall hatte Onasch noch nicht, wohl aber eine Telefonnummer von einer Dame bekommen. Das könnte ihr erster Einsatz werden.

Ehemann hat das Schiedsperson-Schild schon an die Tür geschraubt

Ganz unerfahren ist Renate Onasch, die 1979 aus Witten nach Harpen zog, nicht. Die letzten zehn Berufsjahre war sie an der Ruhr-Universität Bochum Lehrstuhl-Sekretärin, davor zehn Jahre lang im Büro der evangelischen Gemeinde Hofstede-Riemke tätig. „Dort war ich jeweils in der Mitarbeitervertretung.“

15 Schiedspersonen im Einsatz

Renate Onasch ist für eine Amtszeit von fünf Jahren vereidigt worden, nachdem die Bezirksvertretung Nord sie gewählt hatte. In Bochum helfen 15 Schiedspersonen ehrenamtlich, einen Streit nach Möglichkeit außergerichtlich zu klären. Der Gang zum Schiedsamt ist zwar nicht immer vorgeschrieben, oft aber der schnellste Weg, um eine Auseinandersetzung unbürokratisch und kostensparend beizulegen.

In bestimmten Streitfällen ist jedoch die Einschaltung einer Schiedsfrau oder eines Schiedsmannes verpflichtend, ehe man sich an das Gericht wenden kann, teilt die Stadt mit: Zum Beispiel bei Straftaten, bei denen die Staatsanwaltschaft nur Anklage erhebt, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt (Hausfriedensbruch, Beleidigung), oder bei nachbarrechtlichen Streitigkeiten.

Welche Schiedsperson in einem Fall zuständig ist, ist abhängig vom Wohnort der Gegenpartei. Über Namen und Anschrift der zuständigen Schiedsperson kann das Amtsgericht, der Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V., Prümerstraße 2, jede Polizeidienststelle und das Rechtsamt der Stadt Bochum unter Tel. 0234 910 64 43 Auskunft erteilen. Im Rechtsamt kann man sich auch fürs Schiedsamt bewerben.

Auch privat sei sie eher der Typ Schlichter, sagt Renate Onasch. Und durchaus eine gute Zuhörerin, deren Rat gefragt ist. „Ich habe offensichtlich ein gutes Gespür für so etwas.“

Zu lernen habe sie aber nach wie vor sehr viel. „Ich muss mich ja auch einarbeiten.“ Umso dankbarer ist sie, dass ihr Vorgänger Manfred Neumann, der nach Umzug nun Schiedsmann in Stiepel ist, kürzlich eine Schulung gab. Und bei der Stadt wolle sie sich jetzt zu einem Lehrgang anmelden, um sich weiteres rechtliches Grundwissen anzueignen.

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Unterstützt wird Renate Onasch von ihrem Udo, mit dem sie seit 1980 verheiratet ist. „Gerade hat er mir mein Schiedsamt-Schild an die Haustür geschraubt“, verrät sie. Und auch den Laptop wolle er ihr noch einrichten. Fehlt nur noch ein erster Fall.

Das Schiedsamt ist ein reines Ehrenamt, auch wenn es eine Art Aufwandsentschädigung gibt. „Der Schiedsperson steht die Hälfte der gebühren eines Falles zu“, erklärt Manfred Neumann, Vorsitzender der Bezirksvereinigung. „Bei einem Vergleich sind das 15 Euro. Da stecken aber mindestens vier Stunden Arbeit drin.“