Bochum. Eltern haben auf einem Platz in Bochum-Ehrenfeld eine Spielecke gebaut. Das ging jahrelang gut. Nun hat die Stadt den Spielplatz abgerissen.

Der hohe Baum zwischen Butterbrot-Bar und Pizza-Restaurant am Hans-Ehrenberg-Platz in Bochum-Ehrenfeld ist zu einer stillen Gedenkstätte geworden. Ein Strauß lila Blumen auf dem staubigen Boden davor, Fotos von spielenden Kindern hängen am Baum. Eine Passantin schlendert über den Platz und und dreht sich verwundert um: „Warum ist denn der Spielplatz weg?“ Eine Mutter entgegnet resigniert: „Abgerissen. Hat wohl jemanden gestört...“

Blumen stehen am Hans-Ehrenberg-Platz.
Blumen stehen am Hans-Ehrenberg-Platz. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Seit drei Jahren ist dieses Eckchen Spielplatz für die Kinder im Viertel. Natalia Nemchaninova vom Pizza-Restaurant an der Ecke hatte im Juli 2019 gemeinsam mit ihrem Mann ein hölzernes Spiel-Häuschen aufgebaut. Die eigenen Kinder (sechs und drei Jahre alt) spielten dort mit ihren Freundinnen und Freunden im Viertel. Das sei nie offiziell genehmigt, aber auch nie ein Problem gewesen.

Da war noch alles gut: Kinder spielen im hölzernen Häuschen am Hans-Ehrenberg-Platz.
Da war noch alles gut: Kinder spielen im hölzernen Häuschen am Hans-Ehrenberg-Platz. © Alexa Heuser

„Das war ein Treffpunkt für die Kinder“, sagt Natalia Nemchaninova. Es gab die kleine Matschküche, einen Sandkasten, Förmchen, Eimer und Schaufeln. „Wir haben das gepflegt und ordentlich gehalten.“ Auch zwei Tagesmütter hätten den Spielplatz für ihre Außen-Aktivitäten genutzt, erzählt Anwohnerin Alessa Heuser. „Das ist von allen Kindern hier in der Gegend genutzt worden. In der direkten Umgebung gibt es ja nichts anderes.“

Stadt Bochum reißt am Freitagmorgen die Spielplatz im Ehrenfeld ab

Am frühen Freitagmorgen sollte das jedoch ein Ende finden. Von Fenstern aus mussten einige Kinder aber dann am frühen Freitagmorgen beobachten, wie ein Bau-Trupp der Stadt ihren Spielplatz dem Boden gleich machte. Mit einer Schaufel riss der Lastwagen die liebevoll aufgebaute Küche auseinander, Förmchen und Eimer landeten im Müll. Von der Spiel-Ecke ist nichts übrig geblieben.

„Es hatte sich schon abgezeichnet“, sagt Alessa Heuser am Montag. Bereits einige Tage vor der Räumung seien städtische Mitarbeiter zum Ausmessen vor Ort gewesen. Die Eltern ahnten, dass das nichts Gutes bedeuten kann. Eine kurzerhand organisierte Unterschriften-Aktion brachte 300 Menschen zusammen, die sich für den Erhalt der kleinen Spiel-Ecke einsetzten. Doch zu Gesprächen mit der Stadt sei es gar nicht mehr gekommen. „Die haben einfach alles platt gemacht“, sagt Alessa Heuser.

Stadt zeigt sich verständnisvoll – aber es gebe keine Alternativen

Bei der Stadt zeigt man sich verständnisvoll, macht aber deutlich, dass es keine Alternativen zum Abbau gegeben habe. Im Juli war man auf die Fläche aufmerksam geworden. Über den Mängelmelder hatte sich ein Anwohner beschwert. „Leider waren Spielhaus und Sandkasten weder in Material (Spanplatten) und Verarbeitung (scharfe Kanten), noch in der Standortwahl (direkt neben dem Parkplatz) sicher. Für Spielgeräte und -flächen gelten hohe Sicherheitsvorschriften“, sagt Stadtsprecherin Tanja Wißing. „Wir finden das auch sehr schade. Aber wenn etwas passiert, dann haften wir.“

Natalia Nemchaninova, Maren Meyer zu Westerhausen, Alessa Heuser und Sven Gerbig ärgern sich über die Stadt.
Natalia Nemchaninova, Maren Meyer zu Westerhausen, Alessa Heuser und Sven Gerbig ärgern sich über die Stadt. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Die Eltern widersprechen den Sorgen: „Da ist noch nie etwas passiert.“ Auch das Argument der Stadt, dass die Spiel-Ecke nachts als Urinal genutzt werde, stimme nicht. Die Stadt gibt an, gleich am ersten Tag nach Bau des Häuschens darüber informiert zu haben, dass es abgebaut werden müsse. Weil der Erbauer des Häuschens dem nicht nachgekommen sei, laufe nun ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen ihn.

Politik mischt sich in die Diskussion um die Spiel-Ecke ein

Was im Viertel emotional diskutiert wird, das lässt auch die Politik nicht kalt. Die „Stadtgestalter“ werfen der Verwaltung planloses Handeln vor. „Dass ein Kran-Lkw anrückt und die selbst gebaute und seit Jahren von Kindern und Familien viel genutzte Spielküche als einen der wenigen Lichtblicke am Ehrenberg-Platz zerstört und abräumt, macht fassungslos“, so Volker Steude.

Auch die Grünen äußern sich deutlich: „Natürlich war der Spielplatz im Sinne des Baurechtes nicht legal. Diesen jetzt abzureißen statt nach legalisierenden Mitteln mit der Bürgerschaft zu suchen ist ein brutaler Weg, den die Stadtverwaltung hier geht. Wir hätten uns hier eine Herangehensweise mit Maß und Mitte gewünscht“, sagt Barbara Jessel als direkt gewähltes Ehrenfelder Ratsmitglied.

„Ich sehe es jetzt als Aufgabe der Politik an, da schnellstmöglich eine Lösung zu finden“, sagt Jens Matheuszik, SPD-Ratsmitglied aus dem Ehrenfeld. „Wir wollen eine schnelle Lösung an gleicher Stelle.“

Platz soll frühestens 2028 umgestaltet werden – Eltern wollen früher Hilfe

Der Hans-Ehrenberg-Platz soll frühestens 2028 umgestaltet werden und auch nur, wenn das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) Innenstadt verlängert würde. Noch zuletzt hatte es von der Stadt geheißen, dass man großen Wert darauf lege, dass die Lebensqualität des Ortes mit seinen anliegenden Unternehmen und Gastronomien gestärkt werde. Bis 2028 möchten die Eltern nicht warten. „Wir wollen einen neuen Spielplatz – und das so schnell wie möglich.“

Von der Stadt heißt es, dass geprüft werde, ob ein Spielgerät aufgestellt werden kann, das alle Sicherheitsvorgaben erfüllt und Lieferverkehr, Fluchtwege und Bewegungsfläche für die Feuerwehr ermöglicht. „Sicher ist auch möglich, dass die Gastronom*innen eine Spielküche oder Basteltisch auf ihrer Freisitzfläche aufstellen, die sie abends wieder – auch hygienisch – sicher reinstellen können.“

Eltern haben am Montag gemeinsam mit Anwohnerinnen und Anwohnern einen Brief an den Oberbürgermeister geschrieben. „Die Hütte ist jetzt weg, daran können wir nichts mehr ändern“, sagt Alessa Heuser. „Wir hoffen aber einfach, dass sich hier schnell etwas tut, damit unsere Kinder wieder im Viertel spielen können.“