Bochum Weitmar. Nach Kreuzbandriss und Bandscheibenvorfall müssen auch Tiere zur Physiotherapie. So können Tierhalter sie vor Gelenkschäden schützen.
In Deutschland zählt es zu den Volkskrankheiten: „Ich hab Rücken“ würden wohl auch viele Bochumerinnen und Bochumer über sich sagen. Auch die Vierbeinigen, wie Eva Müller bestätigen kann. „Ja, auch bei Hunden sind Rückenschmerzen verbreitet und einer der häufigsten Gründe, warum Besitzer mit ihren Tieren in meine Praxis kommen“, sagt sie. Die 30-Jährige ist Tierphysiotherapeutin und führt eine Praxis an der Markstraße in Bochum Weitmar.
Bochumer Tierphysiotherapeutin berichtet von ihrer Arbeit
„Ich bin gelernte Tierarzthelferin und habe mich nach einer zweijährigen, Zusatzausbildung selbstständig gemacht“, sagt Müller. Die Praxis in Weitmar führt sie inzwischen seit drei Jahren. Zuvor befand sich in den Räumlichkeiten der Hausnummer 407 die Ausstellungsfläche eines Schreiners, noch davor ein Friseursalon.
Seit 2019 hat Müller den Standort übernommen und dabei in ihrer Praxis schon allerhand tierische Patienten zu Gesicht bekommen. Vor allem Hunde und Pferde, aber auch gelegentlich Katzen zählen zu den Praxisbesuchern. Auch Eidechsen oder Meerschweinchen? „So etwas ist bislang nicht vorgekommen“, sagt Müller und lacht. Die Ausbildung habe sich auf Hunde und Pferde konzentriert.
Highlight Unterwasserlaufband
„Es gibt viele Parallelen zur humanen Physiotherapie“, erklärt Müller. Denn Diagnosen wie Bandscheibenvorfall oder Kreuzbandriss gebe es schließlich auch bei Tieren. Folglich werden auch bei der Tierphysiotherapie Blockaden gelöst, Massagen durchgeführt, Übungen angeleitet und durchgeführt.
„Ein Highlight ist unser Unterwasserlaufband“, sagt Müller. Darin kann die Wassermenge variiert werden, sodass sich das Training für unterschiedliche Ansprüche eignet. Manche Hunde verbringen nur drei Minuten mit dem Gerät, andere laufen eine halbe Stunde. Ergebnis sind verbesserte Ausdauer, Muskelkraft und Koordination.
Alte und junge Patienten
„Es kommen nicht nur kranke Tiere zum Beispiel mit Arthrose oder alte Tiere, deren Muskelapparat geschwächt ist, zu mir, sondern auch Sporthunde“, sagt Müller. Auch nach Operationen am Bewegungsapparat, etwa bei Verletzungen an Gelenken oder Brüchen, bringen Herrchen und Frauchen ihre Tiere zu Müller.
Selbst zu mopsige Tiere finden bei der Tierphsyiotherapeutin eine Anlaufstelle: Das Unterwassertraning unterstützt sie bei der Gewichtsreduktion. Besonders schön ist es für Müller aber, wenn sie den Zustand der Tiere deutlich verbessern kann. So etwa bei der Golden Retriever-Hündin, die die Hinterbeine nur noch hinter sich herzog, als sie zu Müller kam. „Sitzung für Sitzung konnten wir ihr helfen, am Ende konnte sie wieder laufen“, sagt die Physiotherapeutin.
Rat vom Tierarzt
Häufig empfiehlt der Tierarzt den Besuch in der Physiotherapiepraxis, zu gleichen Teilen suchen Haustierhalter Müller aber auch von sich aus auf. „Teilweise lahmen die Tiere dann schon lange. Es empfiehlt sich in der Regel, erst eine Diagnose beim Tierarzt einzuholen“, sagt Müller, die selbst zwei Hunde hält.
Wenn sie erzählt, dass die Tierphysiotherapeutin ist, sorgt das nicht selten für Verwunderung. „Wie, das gibt's auch für Tiere?“, lautet dann eine gängige Frage. Tatsächlich gibt es stadtweit im Ruhrgebiet jeweils nur eine Handvoll Tierphysiotherapeuten. Dabei ist die Nachfrage groß: „Zu meinem Patientenstamm zählen bereits über 50 Tiere“, sagt Müller. Und das, obwohl es durch Schwangerschaft und Elternzeit eine längere Unterbrechung gab.
Tipps für Hundehalter
Müller hat allerdings auch Tipps parat, wie man es vermeiden kann, in Zukunft einen Tierphysiotherapeuten aufsuchen zu müssen. „Die Ballspiele mit einer typischen Wurfkelle sind für Hunde Gift“, sagt sie.
„Wenn man den Ball selbst oder mit einer Wurfkelle schleudert, dann rasen die Tiere aus dem Stand los und bremsen auch sehr abrupt“, so Müller. Das belaste besonders die Vorderläufe stark. „Häufig ziehen sich Tiere dabei auch Verletzungen zu“, weiß sie.
Falscher Sattel bei Pferden
Gelenkschonender und risikoärmer seien Versteckspiele. Ebenso könne man dem Tier beibringen, während des Wurfes zu warten und erst auf Kommando loszulaufen. „Das reduziert insgesamt die Geschwindigkeit, gleichzeitig lernen die Tiere auch auf einer anderen Ebene Disziplin“, rät sie.
Pferdebesitzer sollten aus Sicht der Tierphysiotherapeutin vor allem den Sattel gut im Blick haben. „Modelle in der falschen Größe oder solche, die falsch sitzen, schaden den Pferden und können Schmerzen verursachen“, weiß die Expertin. Besser doppelt checken – „Ich hab Rücken“ können Pferde schließlich nicht sagen.
Kosten für Behandlung
Die Praxis von Eva Müller befindet sich an der Markstraße 407 in Weitmar. Für Pferde kann ein Außentermin vereinbart werden. Weitere Praxen gibt es in Stiepel (RuhrPet Physio) oder in Eppendorf (PfötchenFit).
Eine Erstbehandlung dauert 60 bis 90 Minuten und kostet bis zu 105 Euro. Folgebehandlungen kosten halbstündlich 50 Euro, jede weitere Viertelstunde 18 Euro. Die Einzelleistung Unterwasserlaufband liegt bei 34,50 Euro.