Bochum. Kurz vor dem Start der Ruhrtriennale laufen die Proben auf Hochtouren. Musiktheater in der Jahrhunderthalle Bochum soll bei Dunkelheit bezaubern.

Nur noch wenige Tage bis zum Start der Ruhrtriennale am 11. August, da wird in allen Ecken der Jahrhunderthalle Bochum emsig gearbeitet – und teils bis tief in die Nacht geprobt. Vor allem in der riesigen Halle 1 ist derzeit an Pause kaum zu denken.

Ruhrtriennale startet am 11. August in Bochum

Zum Auftakt des knapp sechswöchigen Festivals gibt es hier ein Stück Musiktheater zu sehen, das für einiges Aufsehen sorgen dürfte. „Ich geh unter lauter Schatten“ heißt der Abend, der eigens für die Ruhrtriennale eingerichtet wird. Mit dem Chorwerk Ruhr und dem Musikforum Wien sind gleich zwei ausgezeichnete Ensembles daran beteiligt.

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Wie kaum eine andere Produktion in diesem Jahr, beschäftigt sich „Ich geh unter lauter Schatten“ unter anderem mit der bewegten Geschichte der Jahrhunderthalle selbst – dies allerdings auf künstlerisch abstrakte Weise. „Wenn ich am Morgen in die Halle komme, habe ich immer das Gefühl, dass die Geister der Vergangenheit hier noch allgegenwärtig sind“, sagt die Regisseurin Elisabeth Stöppler. „Wie die Menschen hier früher geschuftet haben, das spürt man an jeder Ecke.“ Aus der Leere und der imposanten Weite, die die ehemalige Maschinenhalle des Bochumer Vereis heute prägen, entstehen Bilder, die Stöppler für ihre Aufführung nutzen möchte.

Preisgekrönte Regisseurin zum ersten Mal in Bochum

Regisseurin Elisabeth Stöppler (45) zeigt mit „Ich geh unter lauter Schatten“ ihre erste Inszenierung in der Jahrhunderthalle. Sie inszeniert an Opernhäusern u.a. in Hamburg, Dresden, Berlin und bei den Festspielen in Bregenz. Für ihre „Götterdämmerung“ 2019 in Chemnitz erhielt sie den Theaterpreis „Der Faust“.

Die Premiere von „Ich geh unter lauter Schatten“ steigt am Donnerstag, 11. August, um 21 Uhr in der Jahrhunderthalle. Wieder am 12., 13., 15., 18. und 21. August. Nach der Vorstellung am 12. August gibt es ein Publikumsgespräch mit Elisabeth Stöppler und dem Ensemble. Karten (ab 22 Euro) unter 0221 / 280210 und ruhrtriennale.de

Bühnenbild zeigt riesige Stege

Schon das Bühnenbild ist beachtlich: Vier riesige Stege türmen sich im hinteren Teil der Halle auf. Die Stege stehen symbolisch für den Weg ins Jenseits: Der Schritt vom Leben in den Tod wird während der Vorstellung auf verschiedene Weise thematisiert, etwa in Kompositionen von Gérard Grisey und Claude Vivier.

So soll sich die Jahrhunderthalle in ein riesiges Schattenreich verwandeln. Nicht ganz zufällig beginnen die Vorstellungen daher erst um 21 Uhr, wenn sich der Tag dem Ende neigt und auch die Halle langsam im Dunkeln verschwindet. „Damit wollen wir natürlich spielen“, sagt Elisabeth Stöppler. „Die existenziellen Szenen, in denen es um Leben und Tod geht, bekommen bei einsetzender Dämmerung eine ganz eigene Kraft.“ Das habe eine ungeheure Poesie, meint die Regisseurin: „Der Abend ist eine Ode an das Leben.“

Regisseurin Elisabeth Stöppler (im Bild links mit Regieassistentin Stefanie Hiltl) leitet die Proben zu „Ich geh unter lauter Schatten“, der Auftakt-Inszenierung der Ruhrtriennale.
Regisseurin Elisabeth Stöppler (im Bild links mit Regieassistentin Stefanie Hiltl) leitet die Proben zu „Ich geh unter lauter Schatten“, der Auftakt-Inszenierung der Ruhrtriennale. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Dirigent wird über Monitore übertragen

Das vielfach ausgezeichnete Chorwerk Ruhr, einer der bedeutendsten Kammerchöre Deutschlands, übernimmt dabei den Gesangspart, dazu gesellen sich mehrere Solisten. „Alle werden einzeln gefordert, auch szenisch wird ihnen viel abverlangt“, sagt Stöppler. Denn die Musik sei ursprünglich nicht für die Bühne, sondern fürs Konzertpodium geschrieben worden: „Das jetzt auch noch szenisch auszuagieren, ist für die Sängerinnen und Sänger durchaus eine Hürde. Aber es ist ein toller Weg, den wir gerade miteinander gehen.“

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Das ungewöhnliche Arrangement des Abends führt zu einer Besonderheit, die die Zuschauer vermutlich gar nicht mitbekommen: So wird der Dirigent Peter Rundel, der im hinteren Teil der Halle des Klangforum Wien leitet, über mehrere versteckte Monitore in die Halle übertragen. „Ohne Videomonitore würden die Szenen nicht funktionieren, weil die Sänger dem Dirgenten mit dem Rücken zugewandt sind uns sonst ihre Einsätze nicht bekämen“, sagt Stöppler.

Keine Scheu vor Kammermusik

Den Besuchern gibt sie einen Tipp mit auf den Weg: „Auch wer mit mit zeitgenössischer Musik sonst wenig Erfahrung hat, braucht keine Scheu zu haben“, sagt sie. „Klar ist es immer gut, wenn man etwas Hintergrundwissen mitbringt. Aber man kann sich auch ganz ohne Vorkenntnisse in die Vorstellung setzen und alles einfach auf sich wirken lassen.“