Bochum. Ohne es jemals für möglich gehalten zu haben, bin ich auf einen perfiden Telefontrick hereingefallen. Um andere zu warnen, berichte ich davon.

Ich habe ein Hochschulstudium abgeschlossen, zu meinen Lieblingssendungen zählt Aktenzeichen XY und ich bin schon in vielen Ländern der Welt unterwegs gewesen. Ich Opfer eines Telefonbetrugs? Niemals. Schließlich war ich selbst es gewesen, die meine Großmutter immer wieder gewarnt hatte: „Denk bitte daran, niemand von uns würde dich anrufen und am Telefon um Geld bitten.“

Dass bei einer 27-Jährigen niemand den Enkel-Trick probieren würde, war irgendwie klar. Vergangenen Freitag wurde ich dann allerdings eines Besseren belehrt: Den Telefonbetrug gibt es auch zugeschnitten auf die jüngere Generation.

Anruf von der „Bank“ am Freitagnachmittag

Aber der Reihe nach: Ich war gerade auf dem Spielplatz mit meinen Kindern, als das Telefon klingelte. „Sparkasse Wiemelhausen“ leuchtete in meinem Display auf und dazu die mir bekannte Bochumer Nummer. „Was wollen die denn um 16.57 Uhr noch von mir?“, dachte ich kurz, zweifelte aber nicht weiter. Mein Mann und ich hatten im Rahmen unserer Immobiliensuche schon häufiger mit Sparkassen-Mitarbeitern nach 16 Uhr telefoniert.

Am Ende der anderen Leitung meldete sich ein Mann, der sich als Herr Schäfer ausgab. Er sprach mich mit Namen an und nannte auch den Namen meiner üblichen Beraterin. Sie sei aktuell im Urlaub, aber ich hätte die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für mein Konto noch nicht freigegeben, sagte er mir. „Haben Sie Zeit, dass kurz über die Push-Tan-App zu tun? Es dauert nicht lange“, sagte er freundlich.

Schaden von 5000 Euro

Bei mir klingelten keine Alarmglocken. Ich hatte mir eingeprägt: Keine persönlichen Daten weitergeben, keine seltsamen Mail-Anhänge öffnen, nirgendswo den PIN aufbewahren. AGB zustimmen – das klang harmlos. „Klar kein Problem“, sagte ich also. Wenige Sekunden später erschien ein entsprechender Auftrag in der App, den ich freigab. Ich stellte noch eine Rückfrage zu den Kontomodalitäten, die der Anrufer seriös beantwortete. „Bei Ihrem Konto bleibt alles so wie es ist, Sie sind ja schon lange Kundin bei uns“. Zwei Minuten Telefonat, das war’s.

Dass die zwei Minuten mich noch schlaflose Nächte kosten würden, stellte ich wenige Stunden später fest. Denn abends auf dem Sofa merkte ich, dass vier Umsätze in Höhe von insgesamt knapp 5000 Euro auf meinem Konto vorgemerkt waren. Es dauerte nicht lange, bis ich ahnte: Der "Sparkassen-Mitarbeiter" war kein Sparkassen-Mitarbeiter.

Ausgeklügelte Masche

Blöd nur, dass ich Freitagabends niemanden mehr bei der Sparkasse erreichen konnte. Sofort ließ ich über den zentralen Notruf alle Konten sperren. Die Filialen öffneten erst am Montag wieder, ebenso Service-Telefone. Ein Wochenende voll Schock, Tränen, Verzweiflung und einer Strafanzeige bei der Polizei später, stand ich bei der Sparkasse auf der Matte.

Mit einem Mitarbeiter meiner Filiale konnte ich herausfinden: Die Einkäufe waren im bayerischen Ulm und im baden-württembergischen Neu-Ulm noch am selben Abend getätigt worden. Bei einem Goldhändler, im Mediamarkt und einem Tabakwarenladen war für mehrere tausend Euro eingekauft worden. Teilweise über „Apple Pay“- eine Zahlungsmethode, die ich aller Wahrscheinlichkeit nach über den falschen Auftrag in der App freigegeben habe.

Wut und Verzweiflung

Obwohl meine Bankkarten in meinem Portemonnaie steckten und ich nichts überwiesen hatte, war ich um 5000 Euro bestohlen worden. Meine Verzweiflung war mittlerweile in Wut umgeschlagen: Wie konnte man so skrupellos sein und einer jungen Mutter so einen wirtschaftlichen Schaden zufügen? Hatte der Täter nicht einen Gedanken daran verloren, dass dieses Geld für einen Familienurlaub, für einen Gebrauchtwagen oder für das Eigenheim gedacht gewesen sein könnten

Untätig zu Hause sitzen und warten, bis die Polizei ermittelte, das konnte ich nicht ertragen. Also griff ich selbst zum Telefonhörer und rief die Läden in Ulm und Neu-Ulm an. Von einem Betrug hatte dort niemand etwas geahnt. Doch man versprach mir, alle Bilder aus den Überwachungskameras zu sichern.

Aufnahmen des Täters

Doppeltes Glück: Nur wenige Tage später wären sie aus datenschutzrechtlichen Gründen überschrieben worden. Und: auf den Aufnahmen ist der Täter einwandfrei zu erkennen. Mein Geld, für das ich lange gearbeitet habe, gibt er darauf unter anderem für Goldbarren und mehrere Iphones aus.

Die Polizei erhielt die gesicherten Aufzeichnungen und konnte den Täter schnell ermitteln: Ein Ladendetektiv konnte ihn identifizieren. Warum die Polizei das Material nicht sofort selbst anforderte, ist mir unklar.

Wenige Stunden nach meinem Anruf wären die Daten bereits verloren gewesen. Auch, wer am Ende auf dem Schaden sitzen bleibt und wie der Täter an all die Informationen gelangen konnte, ist noch nicht geklärt – der Fall liegt in der Rechtsabteilung der Sparkasse.

Warnung durch Sparkasse

Die Sparkasse veröffentlicht auf ihrer Website regelmäßig Informationen über aktuelle Betrugsmaschen.
So warnt die Bank beispielsweise vor betrügerischen SMS, die im Namen der Sparkassen verbreitet werden und auf Webseiten locken wollen, auf denen die Betrüger die Daten abfischen.
Wer Daten auf einer Phishing-Seite eingegeben hat, sollte sich umgehend für eine Sperrung bei der Sparkasse melden.