Bochum. Green Wheels verlässt Bochum und Carsharingnutzer suchen Alternativen. Die Lücke wird nicht zeitnah durch Flinkster und Co. geschlossen. Deshalb.

Der Carsharing-AnbieterGreen Wheels“ zieht sich aus Bochum und allen anderen deutschen Städten zurück. Im WAZ-Gespräch benennt Geschäftsführer Phillip Gronstedt die Gründe für den Rückzug. Derweil sehen sich Bochums Nutzer der VW-Tochter schon nach alternativen Anbietern um, so auch Alexander Knickmeier.

„Green Wheels“ verlässt Bochum: Carsharing-Nutzer suchen Alternativen

Jobbedingt wurde irgendwann doch ein Auto nötig bei den Knickmeiers. „Wir dachten, ein Smart reicht für alle alltäglichen Fahrten. Und für größere Transporte nutzen wir Carsharing“, erläutert Knickmeier. Wie 906 andere aktive Nutzerinnen und Nutzer entschied der Bochumer sich für „Green Wheels“, der eine Carsharing-Station direkt an der Oskar-Hoffmann-Straße betreibt.

Noch kann Alexander Knickmeier am Steuer seines „Green-Wheels“-Autos sitzen. Im Herbst zieht sich das Unternehmen aus dem deutschen Markt zurück.
Noch kann Alexander Knickmeier am Steuer seines „Green-Wheels“-Autos sitzen. Im Herbst zieht sich das Unternehmen aus dem deutschen Markt zurück. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Das hat sehr gut geklappt – die Station war direkt vor unserer Haustür.“ Etwa einmal monatlich griff er auf eines der Teil-Autos zu, zum Möbel-Abholen bei Ikea oder bei anderen größeren Einkäufen. Die gemeinsame Nutzung mit anderen Bochumern habe er den Autos nicht angesehen. „Die Fahrzeuge sahen von innen völlig in Ordnung aus“, sagt der Bochumer.

„Doch jetzt haben wir ein Problem.“ Im Herbst stellt „Green Wheels“ sein Deutschland-Geschäft ein – und hinterlässt laut Knickmeier in Bochum eine Lücke. „In den letzten Jahren wurden viele Carsharing-Stationen abgebaut.“ Anbieter „Citee Car“ zog sich aus Bochum zurück. „Flinkster“, das Carsharing-Angebot der Deutschen Bahn, reduzierte seine Stationen im Stadtgebiet und ist aktuell nur noch mit zwei Fahrzeugen am Hauptbahnhof vertreten.

Regionale Carsharing-Anbieter häufig erfolgreicher als überregionale

Ob durch den Weggang von „Green Wheels“ eine Lücke entsteht? „Das kann durchaus sein“, sagt Geschäftsführer Phillip Gronstedt. Allgemein gebe es in Deutschland zwar viele – oft regional verwurzelte – Teil-Auto-Unternehmen. Diese seien häufig erfolgreicher als überregionale Anbieter. Konkret vor Ort in Bochum aber würden die Stellplätze nicht unmittelbar durch einen anderen Anbieter übernommen. Man versuche, den Kunden einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen, doch die bürokratischen Prozesse – wie Ausschreibungen für Stellplätze – dauerten sehr lang.

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Das Carsharing-Angebot sei in Bochum gut angenommen worden. Die 907 aktiven Kunden können auf 15 Teil-Autos zurückgreifen. „Unsere Flotte in Bochum besteht allerdings aus Verbrennern, teilweise auch aus Dieselfahrzeugen“, so Gronstedt. Perspektivisch wolle das Unternehmen die eigene Flotte auf E-Autos umstellen.

Der Rückzug hänge nicht mit dem Bochumer Markt zusammen. Laut Gronstedt stehen dahinter strategische Gründe des Volkswagen-Konzerns. „Man wollte nicht, dass in Deutschland länger zwei VW-Marken das Carsharing-Segment bedienen.“ „Green Wheels“ solle sich fortan auf den Heimatmarkt in den Niederlanden beschränken, während „WeShare“ den deutschen Markt mit seiner elektrobetriebenen Flotte bewirtschaftet.

Mit 15 Fahrzeugen betreibt „Green Wheels“ sein Carsharing-Geschäft in Bochum – so auch an dieser Station an der Oskar-Hoffmann-Straße. Damit ist ab Herbst Schluss.
Mit 15 Fahrzeugen betreibt „Green Wheels“ sein Carsharing-Geschäft in Bochum – so auch an dieser Station an der Oskar-Hoffmann-Straße. Damit ist ab Herbst Schluss. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Allein: „WeShare“ operiert nicht in Bochum und hat das zeitnah auch nicht vor. „Wir sind nur in Berlin und Hamburg – weil wir das ,Freefloating’-Konzept verfolgen“, sagt Michael Fischer von „WeShare“. Rund 200.000 Nutzer könnten in den beiden Städten die rund 2300 Fahrzeuge nutzen, die nicht an festen Stationen abgestellt werden müssen. Dieses Konzept werde bald auch in weiteren Städten mit über 500.000 Einwohnern angeboten. Dazu zählt Bochum nicht.

Anbieter „Flinkster“ dürfte nicht in die Nachfolge von „Green Wheels“ treten. Ein DB-Sprecher erwartet keinen Kundenzuwachs in Bochum, „da die Flinkster-Fahrzeuge am Bahnhof häufig im Zuge von Anschlussmobilität und damit nicht vorrangig von der lokalen Bevölkerung genutzt werden, die Carsharing als Teil ihrer Alltagsmobilität nutzt“.

Einen Zuwachs dürfte der Anbieter „Stadtmobil“ verzeichnen, der aktuell sechs Stationen mit elf Teil-Autos im Stadtgebiet betreibt – davon sechs E-Autos. Die Zahl der Kunden nehme zu. „Bochum hat noch ein ordentliches Potenzial“, sagt Matthias Kall von „Stadtmobil“. „Die Fahrzeuge werden zufriedenstellend genutzt.“

„Stadtmobil“-Chef: „Die Bochumer tun sich etwas schwer“

Mit der Bogestra und der Stadt sei man in Gesprächen, um das Angebot auszubauen, „doch die Bochumer tun sich etwas schwer“. Mit dem Wegfall des Konkurrenten wolle man die Flotte verdoppeln. Die Autos seien auch schon angeschafft, aber der Genehmigungsprozess mit der Stadt ziehe sich in die Länge. In den Nachbarstädten Essen, Dortmund, Duisburg und Mülheim habe man die Zahl der Stationen schon deutlich erhöht.

„Ich kann auf ,Stadtmobil’ umschwenken, aber das Angebot ist teurer“, sagt Alexander Knickmeier, der auch für die SPD im Umwelt-Ausschuss sitzt. Er habe Glück, dass es zur nächsten „Automobil“-Station nicht weit sei. Doch nicht jedem Bochumer gehe es so – daher müsse die Stadt sich ins Zeug legen und den Ausbau von Carsharing-Stationen vorantreiben.

Neben „Stadtmobil“ bleiben in Bochum noch weitere Carsharing-Betreiber: Der Anbieter „Flinkster“, lockt mit einer Stundenpauschale von 3,50 Euro. Auch „Sixt“ bietet in Bochum Carsharing für 9 Cent pro Minute an – neben dem normalen Autovermietungs-Geschäft. Ab 25 Euro plus Kilometerpauschale können Studierende der RUB oder anderer Hochschulen auf „Studibus.de“ einen Transporter mieten – beispielsweise für Umzüge. Nicht-Studierende zahlen allerdings sechs Euro mehr.