Gelsenkirchen. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr rechnet mit volleren Züge in den Ferien - wegen des 9-Euro-Tickets. Die meisten wurden aber nur für Juni gekauft.

Wer Bus und Bahn nutzt, merkt es bis dato besonders an Wochenenden: Das 9-Euro-Ticket hat dem öffentlichen Personennahverkehr „einen Schub gegeben“, sagt ein Sprecher des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr. In den jetzt gestarteten Sommerferien in NRW rechnet der VRR weiter mit volleren Zügen - auch unter der Woche.

Mehr als 1,8 Millionen 9-Euro-Tickets sind im VRR bereits verkauft worden, teilte der Verkehrsverbund am Mittwoch mit. Die Zahl ist gewaltig, vergleicht man sie mit den bisherigen Monatstickets für Bus und Bahn.

1,1 Millionen Stammkunden im VRR - und 1,8 Millionen zusätzliche 9-Euro-Tickets

Insgesamt zählte der VRR zuletzt etwa 1,1 Millionen Ticket-Abonnenten, also Dauer-Nutzer von Monatstickets wie Firmen-, Bären- oder Schokoticket, sagt ein Sprecher auf Anfrage. 84 Prozent seiner Einnahmen bezieht der VRR von solchen Stammkunden, laut Bilanz. Hinzu kommen Kunden, die Monatskarten wie das Ticket 1000, 2000 oder das Sozialticket unregelmäßig kaufen, im sogenannten Einzelverkauf: Zwischen Januar und April diesen Jahres waren das laut VRR im Monatsdurchschnitt etwa 169.000.

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Dass da wegen des 9-Euro-Tickets nun Züge voller sind als gewohnt, dürfte klar sein, zumal wenn man davon ausgeht, dass 9-Euro-Ticket-Kunden Bus und Bahn ausgeprägter nutzen, also so manche Gewohnheits-Pendler - für längere Strecken, mit mehr Personen oder gar mit Fahrrad. Und die Sommerferien laden zu Ausflügen etwa mit der Bahn ein, glaubt man beim VRR.

ÖPNV: 45 Prozent der Bevölkerung waren bis dato „Nicht-Nutzer“

Fast die Hälfte der Menschen zwischen 18 und 80 Jahre in NRW galten laut VRR bis vor dem Start des 9-Euro-Tickets als „Nichtnutzer“ von Bus und Bahn, genauer: 45 Prozent. Von dieser Gruppe wieder hatten laut Erkenntnissen des VRR 28 Prozent angegeben, „mit dem 9-Euro-Ticket den ÖPNV ausprobieren zu wollen“, sagt der Sprecher - wie oft sie in Bus und Bahn steigen wollten, habe die Befragung nicht beleuchtet, erklärte der Sprecher.

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Angesichts mancher Horror-Nachrichten über prallvoll Züge: Ob einige der 9-Euro-Ticket-Kunden im Juli womöglich abspringen, war zumindest Mitte Juni laut VRR noch offen: Da entfielen 80 Prozent der gekauften 9-Euro-Tickets auf den laufenden Monat Juni, nur die restlichen 20 Prozent waren vorab bereits für Juli und August gekauft worden. Aber zwischen Mitte und Ende Juni wurden laut VRR weitere gut 300.000 9-Euro-Tickets verkauft. Man kann also davon ausgehen, dass der Andrang in Bus und vor allem Bahn anhalten wird.

9-Euro-Ticket: Bis dato so gut wie keine neuen Dauerkunden gewonnen

Laut VRR-Umfragen im Vorfeld der 9-Euro-Aktion hatten 70 Prozent der ÖPNV-Sparfüchsinnen und -füchse vor, schon zum Start Anfang Juni alle drei vergünstigten Monats-Tickets auf einen Schlag zu kaufen, also gleich auch für Juli und August. 15 Prozent der Befragten wollten das erstmal nur für einen Monat tun, 12 Prozent für zwei Monate, berichtete ein Sprecher auf Anfrage.

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Neu-Abonnentinnen und -en konnte der VRR bis dato trotz stark verbilligten Tickets so gut wie nicht für sein Angebot begeistern, teilte der Sprecher mit: Nur 1 Prozent der 9-Euro-Ticket-Kunden hätten - Stand Mitte Juni - auf Basis der Aktion ein Abo abgeschlossen, wollen also bis auf Weiteres dauerhaft auf Bus und Bahn umsteigen, selbst wenn der Nahverkehr ab September voraussichtlich wieder den Normalpreis kostet.

Zu volle Züge: Städtetour besser per S-Bahn als RE, rät der VRR

Unterdessen gibt der VRR Tipps, wie sich zu volle Züge womöglich umschiffen lassen, auch in den Sommerferien:

  • 1.) S-Bahn nutzen statt Regionalbahn oder -Express, etwa bei Städtetouren: Das dauert laut VRR zwar länger, aber S-Bahnen sind außerhalb der Hauptverkehrszeiten in der Regel nicht so voll, verbinden aber auch verschiedene Regionen und Ballungsräume. Doch Achtung, nicht alle Linien fahren aktuell die komplette Strecke, Grund sind Bauarbeiten, wie etwa auf der Linie S6 zwischen Köln und Langenfeld.
  • 2.) Möglichst nicht im Pulk einsteigen, alle Türen nutzen, die der Zug zu bieten hat, rät der VRR.
  • 3.) Bei Radtouren vorab gucken, ob es am Reiseziel Leihfahrräder gibt und besser ohne das eigene Fahrrad aufbrechen. Nach wie vor kann die Bahn nicht garantieren, dass das Platzangebot für alle Fahrräder an Bord ausreicht.

Bei so viel Andrang ist es umso ärgerlicher, wenn S-Bahnen plötzlich mit nur einem statt zwei Zugteilen am Bahnhof auftauchen und es sich dann drinnen extrem knubbelt. Der VRR versichert, seit Start des 9-Euro-Tickets am 1. Juni sei „alles mobilisiert, was auf der Schiene möglich ist“ - doch Reisende berichten, dass es Ausnahmen gibt. 

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9-Euro-Ticket: Auf Urlaubsfahrt im Nahverkehrszug?

„Die größte Nachfragespitze besteht Freitagnachmittags mit der Kombination aus Pendelnden und Wochenendreisenden“, mahnt der VRR. In den Ferien freilich könnte es nun auch unter der Woche voller werden, glaubt man beim Verkehrsverbund. Insbesondere auf der Hauptachse von Köln über Düsseldorf durch das Ruhrgebiet nach Hamm rechnet der VRR mit vielen Fahrgästen, „die die touristischen Regionen, wie etwa das Sauerland, Rheintal, Münsterland oder die Eifel, aber auch Großstädte mit attraktiven Freizeitangeboten wie Köln, Düsseldorf oder Münster ansteuern.“

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Dann wären da auch noch die Reisenden, die auf großer Tour sind - im Nahverkehrszug. Zusätzlich also mit größerem Gepäck, dass sich im RE-Zügen nicht überall im Waggon auf einer Gepäckablage verstauen lässt. Bahnnutzende sollten also auch mit Reisenden in Nahverkehrszügen rechnen, die NRW „für Transitreisen“ nutzen, „um Ziele in ganz Deutschland zu erreichen“, teilt der VRR mit.