Bochum. Die Stadtwerke haben einen Krisenstab, der regelmäßig über die angespannte Energie-Lage berät. Einige Fragen lassen sich schon jetzt beantworten.
Die ungewisse Lieferung von russischem Gas zwingt die Stadtwerke zu Vorbereitungen auf einen massiven Engpass. „Aktuell ist die Gasversorgung für Bochum gesichert. Aber für den Herbst und Winter müssen wir mit einer Verschlechterung rechnen“, erklärt Geschäftsführer Frank Thiel. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur derzeitigen Versorgungslage.
Wie schätzen die Stadtwerke die Lage ein?
Die Ausrufung der Alarmstufe im Notfallplan Gas durch die Bundesregierung im Juni sei ein konsequenter Schritt gewesen, erklären die Stadtwerke. Man habe sich auf das Szenario einer Gasmangellage vorbereitet. „Regelmäßig tagt ein Krisenstab. Entscheidend für die weiteren Entwicklungen wird sein, ob und in welchem Umfang Gas über Nordstream 1 geliefert wird“, so ein Unternehmenssprecher.
Was passiert, wenn noch weniger Gas aus Russland geliefert wird?
Bei weiteren Einschränkungen „werden wir in Abstimmung mit den Behörden Teile der Versorgung über alternative Brennstoffe sicherstellen, vorrangig die Umstellung von Teilen der gasbasierten Fernwärmeerzeugung und weiterer Kunden auf Ölbasis“, kündigen die Stadtwerke an. Die Verordnungen auf europäischer und nationaler Ebene sähen vor, dann nach und nach sogenannte nicht geschützte Kunden von der Gasversorgung zu trennen. Dazu zählen in erster Linie Industrie- und Gewerbekunden, aber auch öffentliche Einrichtungen.
Wie viele solcher Betriebe könnten in Bochum betroffen sein?
Die Stadtwerke haben bislang 62 Kunden in Bochum identifiziert und auf mögliche Liefereinschränkungen hingewiesen. „Haushaltskunden und sensible Einrichtungen wie beispielsweise Krankenhäuser sind durch gesetzliche Bestimmungen besonders geschützt“, wird betont..
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Könnte bei der Fernwärme die Reduzierung der Temperatur beim Sparen helfen?
Die Vorlauftemperatur im Bochumer Fernwärmenetz variiert mit der Außentemperatur. Je kälter es draußen ist, desto höher der Leistungsbedarf und die Vorlauftemperatur. „Ein Absenken der Vorlauftemperatur bei kalter Witterung hätte zur Folge, dass ein Teil der Kunden überhaupt keine Wärme mehr über unser Netz beziehen könnten. Eine solche Maßnahme wird daher nicht in Erwägung gezogen“, so die Stadtwerke. Da die Bochumer Fernwärmeversorgung nur zu etwa 50 Prozent auf Erdgas basiert, seien keine Einschränkungen zu erwarten. Ein Teil der Heizkraftwerke könnte zudem von Gas- auf Ölfeuerung umgestellt werden.
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Was können die Bürger jetzt schon tun?
„Jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird, hilft!“, appelliert Stadtwerke-Chef Frank Thiel. Es gelte die Faustregel: Wenn die Raumtemperatur nur um ein Grad abgesenkt wird, werden sechs Prozent weniger Energie verbraucht. Thiel: „Wenn wir alle solidarisch unseren Beitrag leisten, können wir Schlimmeres verhindern.“ Energiespartipps gibt es auf www.stadtwerke-bochum.de. Zudem wird empfohlen, die Abschläge für Gas und Strom rechtzeitig und angemessen zu erhöhen.
Welche Reaktionen und Vorschläge der politischen Parteien in Bochum gibt es?
Die Grünen fordern einen kommunalen Notfallplan. Darin könnten Einsparpotenziale identifiziert werden. So könne die Stadt ihren Beitrag dazu leisten, den Verbrauch an Strom und Gas zu reduzieren. Dadurch könnten Kosten gedrückt und eine lückenlose Grundversorgung sowohl für Privatverbraucher als auch für die Industrie gewährleistet werden. Ideen der Grünen dazu etwa: Beheizung der Schwimmbäder einstellen, ggf. deren Betrieb aussetzen, öffentliche Gebäude nachts nicht zu stark heizen oder sämtliche Außenbeleuchtungen von Gebäuden abschalten.
Die Stadtgestalter rechnen vor: Würde der gesamte Biomüll in Bochum gesammelt und vergoren, könnten mit einer modernen Biogasanlage rund 4800 Haushalte mit Strom und Wärme versorgt werden. Der Ennepe-Ruhr-Kreis zeige seit neun Jahren, wie es geht. Bochum könne es sich nicht leisten, wertvollen Biomüll weiterhin zu verbrennen.
Die Linken kritisieren an dem von den Grünen vorgeschlagenen Notfallplan, dass jetzt nicht an der sozialen Infrastruktur der Rotstift angesetzt werden dürfe. Den Vorschlag der Stadtgestalter bewertet die Partei positiv. „Wir fragen uns auch, warum nicht der Biomüll verpflichtend gesammelt und von den Stadtwerken für den Betrieb einer Biogasanlage genutzt wird, statt diesen zu verbrennen.“