Bochum. Schock für Friseur Carsten Heibel: Die Stadtwerke Bochum haben ihm kurzerhand den Stromvertrag gekündigt. 300 Handwerksbetriebe sind betroffen.
Die Stadtwerke Bochum haben insgesamt 300 Handwerksbetrieben in Bochum zum Ende des Jahres den Stromvertrag gekündigt. Einer der Betroffenen ist Friseur Carsten Heibel aus Altenbochum, dem die Vertragskündigung für seinen Salon „Trend& Eleganz“ an der Wittener Straße bereits Anfang Juni in den Briefkasten flatterte.
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Der Vertrag müsse „neu bewertet werden“, heißt es in dem Schreiben. Daher werde er zum 31. Dezember 2022 gekündigt. Im November wollen die Stadtwerke dem Friseur ein neues Stromangebot machen, so heißt es weiter. Carsten Heibel zeigt sich indes „stinkesauer und schockiert“.
Seit 2014 ist er Inhaber des Friseursalons, seitdem auch Kunde bei den Bochumer Stadtwerken. „Das hat doch nichts mit Respekt zu tun, so mit den Kunden umzugehen“, sagt der 50-Jährige. „Wir sind in einer Krise. Ich sehe ein, dass der Strom teuerer werden muss, aber dass es aus dem Nichts einer Kündigung bedarf, das macht mich sprachlos.“
Stadtwerke Bochum hat 300 Handwerksbetrieben den günstigeren Stromtarif gekündigt
Die Stadtwerke Bochum bestätigen auf Nachfrage, dass sie zum Ende des Jahres die sogenannten Innungstarife für die Kreishandwerkerschaft gekündigt haben. Betroffen sind laut Kreishandwerkerschaft Betriebe aus allen Branchen, etwa Bäckereien, Tischler und Autohäuser. Die Innungstarife hatten Betrieben einen günstigeren Preis als „Normal-Abnehmern“ garantiert.
Das sei nun wegen der massiven Preissteigerungen an den Energiemärkten nicht mehr zu halten. Die Beschaffungspreise für Strom an der Strombörse hätten sich im Vergleich zum Beginn des Jahres 2021 etwa verfünffacht, so die Stadtwerke. Die Kreishandwerkerschaft sei im Vorfeld informiert worden.
Kreishandwerkerschaft zeigt sich gelassen
Dort zeigt man sich auf Nachfrage deutlich gelassener. „Die Kündigungen sind verständlich, aber natürlich bitter“, sagt Johannes Motz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Ruhr. Die Kündigungen des Stromtarifs habe zwar einige Betriebe beschäftigt. „Ich hätte aber mit einem größeren Aufschrei gerechnet.“
Noch sei vollkommen unklar, wie das Angebot für einen neuen Innungstarif im November aussehe. Der sei ursprünglich immer etwa 1 bis 3 Cent pro Kilowattstunde günstiger als der Normaltarif gewesen. „Ich gehe davon aus, dass die Tür bei den Stadtwerken nicht zugeschlagen ist. Wir werden in Gesprächen bleiben.“
Friseur-Salon verbraucht viel Strom – und versucht zu sparen
Darauf hofft auch Salon-Inhaber Carsten Heibel, der mit seinem Laden einiges an Strom verbraucht. Habe er früher knapp 300 Euro monatlich bezahlt, seien es derzeit etwa 650 Euro. „Ich kalkuliere damit, dass ich maximal das Doppelte davon bezahlen kann“, sagt Carsten Heibel. Höhere Stromkosten werden wohl am Ende dazu führen, dass der Friseur-Besuch teuerer wird. „Ich werde keine meiner sieben Mitarbeiterinnen entlassen“, sagt Carsten Heibel, der sich wünscht, dass ein Haarschnitt kein Luxusgut wird.
Auch er will nun erst einmal abwarten, was er von dem Angebot der Stadtwerke im November zu erwarten hat. Fürs Erste hat er bereits jetzt die Leuchtreklame seines Friseursalons ausgeschaltet, im Inneren die Lampen auf LED umgerüstet. Aber noch mehr Strom sparen? „Föns, Hauben – all das muss ja laufen. Und ich habe viel Wäsche, der Trockner läuft den ganzen Tag.“