Bochum. Die Kanada-Gänse belagern Bochum, augenscheinlich werden es immer mehr. Zur Bekämpfung gibt es verschiedene Maßnahmen. Ist die Jagd eine Option?
Am Ruhrufer, an Ümminger und Kemnader See oder im Stadtpark: Wer den Sommer an einem dieser Orte in Bochum genießt, bekommt nicht selten unliebsame Gesellschaft: Die Kanada-Gänse machen sich breit. Auch wenn die Tiere an sich harmlos sind, ihre Hinterlassenschaften sorgen für reichlich Ärger.
Bochumer zählt 200 Kanada-Gänse an der Ruhr in Dahlhausen
„In den letzten Tagen bin ich regelmäßig im Stadtpark gewesen, ständig waren große Scharen der Kanada-Gänse anzutreffen“, schildert uns beispielsweise Leser Jürgen Weritz. „Zwei Ballspieler stellten ihren Zeitvertreib relativ schnell wieder ein, als sie entdeckten: ,Hier ist ja alles voll Gänsekacke!’ Ihr Ball anschließend auch. Nachdem nun also die Wege auf Friedhöfen und im Stadtpark für viele Bürger unbenutzbar geworden sind, scheint man seitens der Stadt jetzt auch die Rasenflächen aufzugeben“, sagt er.
Doch wie kommt man gegen eine weitere Ausbreitung an – und ist die Jagd auf die Tiere eine Option? „Nein“, heißt es von der Stadt. „Jagdsaison ist im Winter, ein Teil der Population ist dann ohnehin in südlichen Ländern. Die hier verbleibenden Tiere zu jagen, ist laut überwiegender Expertenmeinung nicht zielführend, da die Tiere erstens menschenscheuer und vorsichtiger würden, und zweitens Populationen die erlittenen Verluste durch vermehrte Fortpflanzung ausgleichen“, erklärt Karolin Breitschädel, Sprecherin der Stadt Bochum.
Auch bei der Biologischen Station steht man dem Aspekt Jagd skeptisch gegenüber: „Eine Gefahr für Menschen sehe ich nicht. Wir haben dazu vor drei bis vier Jahren recherchiert und keinen Fall gefunden, bei dem Menschen nachhaltig zu Schaden gekommen wären“, erklärt Leiter Jürgen Heuser. Das Kernproblem sei – und das wolle er nicht kleinreden – das Ekelgefühl angesichts von großen Kotmengen. „Dies ist für mich nicht Grund genug, Tiere zu töten“, so Heuser.
Jagd auf Kanada-Gänse: Welche Alternativen gibt es?
Aber welche Möglichkeit gibt es stattdessen? „Rein theoretisch können Eier unfruchtbar gemacht oder gegen Gipseier ausgetauscht werden. Das müssen Sie über viele Jahre machen, denn Kanada-Gänse werden recht alt“, so Heuser. Außerdem müsste das in jeder Ruhrgebietskommune passieren. „Nur Bochum, das gibt keinen messbaren Effekt.“
Verunreinigung der Badestelle durch Gänsekot?
Der Grund für die Verschmutzung der Ruhr sind wohl (...) die Fäkalien der immer zahlreicher auftretenden Kanada-Gänse“, hat ein Leser gegenüber unserer Redaktion geschildert. Doch ist etwas dran an der Vermutung, dass das Wasser an der Badestelle wegen der Kanada-Gänse leidet? „Nein“, heißt es von Karolin Breitschädel, Sprecherin der Stadt Bochum. Gänsekot verschlechtere die Wasserqualität nicht.
Hinzu kommen rechtliche Hürden. „Die meisten Gelege befinden sich auf Inseln, die auch von anderen Wasservögeln genutzt werden. Es käme zu nicht vertretbaren Störungen“, so der Leiter der Biologischen Station weiter. Praktisch sei das keine realistische Lösung. Schneller zum Ziel führen könnte eine konsequente Entnahme der Eier. „Auch hier gilt: Es müsste großangelegt und koordiniert in allen Kommunen erfolgen. Offen ist, wie schnell die Tiere lernen und vorsichtig werden“, sagt Heuser weiter.
Stadt Bochum beobachtet Situation an der Badestelle
Beispielsweise für die Badestelle an der Ruhr sei es geplant, dass die Biologische Station den Vogelbestand überprüft. Zudem wolle die Stadt Bochum die Situation weiter beobachten. „Sollten sich doch noch sinnvoll erscheinende Maßnahmen ergeben, wird die Stadt Bochum dazu berichten“, so Sprecherin Breitschädel.
Wie viele Kanada-Gänse es im Bochumer Stadtgebiet gibt, können weder Stadt Bochum noch die Biologische Station sagen. „Da keine Zählungen stattfinden.“ Am Ümminger See hätte es 2019 einmal eine Erhebung gegeben, die Zahlen lagen zwischen 20 und 120 Tieren. „Eine punktuelle Zählung hat zudem wenig Aussagekraft“, sagt Jürgen Heuser von der Biologischen Station. Da die sogenannten Nichtbrüter die Masse des Bestandes ausmachen. „Sie sind sehr mobil: heute in Bochum, morgen in Witten, übermorgen in Essen.“
Unabhängig davon an welchen Ort: Lästig sind die Kanada-Gänse für viele – doch bedeuten sie bzw. ihr Kot auch eine Gefahr? „Bei der oralen Aufnahme von Gänsekot sind temporäre Durchfallereignisse bekannt geworden. Wohl allenfalls denkbar bei schlecht beaufsichtigten Kleinkindern“, sagt Heuser.
Pläne, die Stellen reinigen zu lassen, hat die Stadt Bochum nicht. Sprecherin Breitschädel erklärt: „Bürgerinnen und Bürger, die sich in Parks, ans Ruhrufer und in die freie Natur begeben, müssen mit den natürlichen Einflüssen rechnen.“ Dazu gehören auch die Hinterlassenschaften von freilebenden Tieren.