Bochum-Bergen. Ruth und Heinz Bastendorf aus Bochum feiern Gnadenhochzeit. Sie verraten, warum ihre Ehe stabil ist und eine Wehrmachtbaracke ihr Paradies war.
Schon als Kind ging Heinz als Freund ihres Bruders ein und aus im Elternhaus von Ruth. „Wenn wir mal ins Kino gingen, war das eine dolle Sache. So hat sich das hier entwickelt“, berichtet Ruth Bastendorf (89). Am 19. Juli feiert das Ehepaar aus Bochum-Bergen die Gnadenhochzeit und blickt damit auf 70 Ehejahre zurück. Damals seien vollkommen andere Zeiten gewesen. Sie habe sich als junges Mädchen ihr Leben nicht aussuchen können, sagt die patente Ehefrau. Im Laufe der Jahre wuchs sie in ihre Rollen als Mutter und Hausfrau hinein und engagierte sich später ehrenamtlich in der evangelischen Kirche. Zunächst lernte sie als Verkäuferin in einer Fleischerei. Mit 18 verbrachte sie ein Jahr als Hausmädchen in Herbede. "Meine Mutter sagte, du musst dich im Haushalt auskennen. Ich musste dort alles machen: im Büro arbeiten und Kühe melken", schildert Ruth Bastendorf. Heinz schaffte sich extra ein Motorrad an. „Zum 19. Geburtstag brachte er mir meine ersten schönen Nylons“, erinnert sich seine Frau. Er lernte Maler und Anstreicher und arbeitete später bei den Stahlwerken Bochum.
Gnadenhochzeit: Ehepaar genoss Leben in Wehrmachtbaracke
Das Ehepaar zog zwei Söhne groß. Vorher musste es den Verlust des ersten Babys verkraften, das tot geboren wurde. Gerne aber denkt das Ehepaar an die erste eigene Bleibe zurück. 1957 kauften sie eine Baracke an der Hüttenstraße. Im Garten lebten Hühner und Kaninchen. Enten schwammen in einer Lore. Es gab ein Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche. Die Toilette war ein Kabuff aus Holz, das Bad außen angebracht. "Mein Mann musste den Eimer im Garten leeren und alles vergraben. Aber wir waren glücklich, dass wir unser eigenes Reich hatten", schildert Ruth Bastendorf.
Dort lebten sie zunächst mit dem 1955 geborenen Udo. Die Aufgaben verteilte das Ehepaar unter sich. Das bedeutete: Heinz ging viel arbeiten. "Ich musste sehen, dass das Geld ins Haus kommt. Mit normalen Arbeitszeiten war das nicht zu machen", sagt der 91-Jährige, der über 70 Jahre Mitglied in der SPD ist. Und wenn seine Frau krank war, sorgte er auch dafür, dass es im Haus weiterging. "Du warst der Fels in der Brandung", sagt Sohn Peter Bastendorf (60).
Ehepaar pflegte eigenen Eltern zu Hause in Bochum-Bergen
Erst 1965 zog die Familie in eine richtige Wohnung. Einen Küchenschrank aus der Baracke gibt es aber heute noch im Haushalt des Ehepaars. "Wir haben nie auf Pump gekauft, sondern immer gespart", sagt Ruth Bastendorf. Seit 1970 wohnen sie wieder im Elternhaus von Ruth an der Schulteschen Heide und pflegten die eigenen Eltern. Dort feierten sie einst auch die Grüne Hochzeit. "Das Schlafzimmer wurde leergeräumt und Tapeziertische aufgestellt", berichtet Ruth Bastendorf vom Tag der Trauung. Sie verrät ihr Rezept für eine stabile Ehe. "In meinen Augen gibt es keine Ehe, in der nur Harmonie herrscht. Ich bin der Meinung, in der Ehe ist das Höchste aller Ziele: Toleranz, und den Partner so zu akzeptieren, wie er ist. Vieles wird ausgehandelt", fasst sie zusammen. An ihrem Mann schätze sie die "Ruhe und Gelassenheit". Und Heinz Bastendorf, ein Mann der Tat, würde seiner Frau "Blumen kaufen", um ihr zu zeigen, wie sehr er sie schätzt.
Was kommt nach der Gnadenhochzeit?
"Es ist doch eine Gnade, gemeinsam so alt zu werden", findet Ruth Bastendorf. Das Ehepaar feiert seinen Ehrentag mit Familie und Freunden in einem Bochumer Steakhaus.
Nach der Gnadenhochzeit, die 70 Jahre zählt, folgen in Zehnjahresschritten die Eichenhochzeit (80 Jahre), die Marmorhochzeit (90 Jahre) und die Himmelshochzeit (100 Jahre). Während die Himmelshochzeit bis dato weltweit Theorie blieb, feierte das indische Ehepaar Karam und Kartari Chand 2015 die Marmorhochzeit. Allerdings endete die Ehe 2016 mit dem Tod des 110-jährigen Ehemanns.