Bochum-Werne. Eine Familie möchte ihren Schrebergarten schnell weitergeben. Geht nicht, sagen Stadtverband und Kleingartenverein. Schuld sind Koniferen.

Die Erinnerungen, die Petra Behrensmeyer an den Kleingartenverein Vollmond in Bochum-Werne hat, sind eigentlich positiv. Alte Fotos zeigen noch, wie ihr Vater mit blauer Schürze am Grill steht, daneben ein großes Kofferradio, im Hintergrund bunte Blumenampeln. Ein warmer Sommertag, Schrebergartenidylle, wie man sie sich vorstellt.

Doch ihr Vater ist Anfang des Jahres verstorben, und nun macht der Schrebergarten mehr Ärger, als dass er an schöne Zeiten erinnert. "Wir haben die Mitgliedschaft fristgerecht gekündigt und einen Termin zum Schätzen des Gartens vereinbart", sagt Behrensmeyer. Der erfolgte im Frühjahr. "Wir waren darauf hingewiesen worden, dass ein solcher Termin am besten erfolgt, wenn der Garten schon blüht", erinnert sich die Bochumerin.

Bochum: Garten kann so nicht bleiben

Der Termin, an dem Vertreter des Stadtverbandes der Kleingärtner sowie Vorstandsmitglieder des KGV Vollmond teilnahmen, erfolgte dann im März. "Dabei kamen einige Überraschungen zu Tage", sagt Behrensmeyer, deren Vater den Schrebergarten 41 Jahre gepachtet hatte.

Der Stadtverband der Kleingärtner stellte nämlich fest: So, wie der Kleingarten aktuell bepflanzt und bebaut ist, darf er nicht bleiben. Gepflasterte Flächen übersteigen laut Protokoll das erlaubte Maß, Koniferenhecken müssen entfernt werden, weil sie in Kleingärten gar nicht gepflanzt werden dürfen.

Brutschutz gilt bis Oktober

"Einige Punkte waren für uns nachvollziehbar, aber mein Vater hat den Kleingarten vor 41 Jahren mit der betonierten Terrasse so übernommen", sagen Behrensmeyer und Mutter Rosemarie Guse. Der Rückbau, wovon auch Fliesen und Überdachung betroffen sind, koste viel Geld. Noch teurer sei die Entfernung der Hecken samt Wurzeln.

"Sie können wegen des Brutschutzes erst ab dem 1. Oktober entfernt werden und erst dann wird ein neuer Pächter gesucht", klagt Behrensmeyer. Für sie und ihre Mutter ist das nicht nachvollziehbar. "Es gibt doch genug Interessenten, die gerne jetzt schon im Sommer einen Kleingarten nutzen würden", ist sie sich sicher. Familien würden sich sicherlich freuen, wenn sie Gemüse anpflanzen könnten und einen ruhigen Rückzugsort hätten.

Keinen Kompromiss gefunden

Doch die bisherigen Gespräche mit dem Vorstand schlugen fehl. "Wir würden vertraglich vereinbaren, dass wir auf unsere Kosten nach der Brutschutzzeit die Pflanzen entfernen lassen. Dann könnte ein neuer Pächter den Garten schon vorher übernehmen", sagt Behrensmeyer. Ihrer Mutter käme das sehr entgegen - sie müsse aktuell mit über 80 Jahren regelmäßig mit dem Bus in den Garten fahren, um weiter zu gießen und zu jäten. "Außerdem hat meine Mutter nach mehreren Stürzen einen Pflegegrad", betont Behrensmeyer.

Gegenüber der WAZ bestätigt der Vereinsvorsitzende Wolfgang Althaus: "Der Garten kann nur in dem Zustand übergeben werden, den das Protokoll vorschreibt". Man versuche, Familien immer entgegenzukommen, sei beispielsweise bei Kündigungsfristen nicht allzu streng, aber: "Wir haben schlechte Erfahrungen damit gemacht, uns auf Unterschriften zu verlassen. Am Ende bleiben wir als Verein auf den Kosten sitzen", sagt Althaus.

Befürchtung des Vereins

Die Befürchtung: Wechselt der Kleingarten ohne Erfüllung der Auflagen den Pächter, fühlt sich der neue Pächter nicht mehr für die vorgeschriebenen Maßnahmen verantwortlich. Die Weiterverpachtung einer Parzelle sei durch die Satzung des Vereines und das Bundeskleingartengesetz genau geregelt, heißt es auch beim Stadtverband der Kleingärtner.

„Dies gilt hinsichtlich der Fristen und auch des Zustandes des zu übergebenden Gartens“, informiert der stellvertretende Vorsitzende Frank Vordenbäumen. Innerhalb der letzten 40 Jahre hätten sich die Regularien verändert, beispielsweise durch neue ökologische Erkenntnisse. So könne es dazu kommen, dass etwas, was vor 40 Jahren so übernommen wurde, nun nicht mehr gestattet sei.

Neue Regel gilt seit 2020

Das trifft auch auf Koniferen zu: 2020 trat eine neue Rahmenkleingartenordnung in Kraft. Durch sie sind sämtliche Nadelgehölz- und Koniferenarten im Kleingarten verboten. Dies gilt für einzeln stehende Bäume und Sträucher sowie für Hecken. Hintergrund ist die kleingärtnerische Nutzungsart: Obst- und Gemüseanbauflächen dürfen nicht durch zu hohe, den Boden versauernde oder krankheitsübertragende Gehölze beeinträchtigt werden.

"Wir sind an dieser Stelle nur ausführendes Organ", sagt Althaus vom KGV Vollmond. Eine Warteliste gäbe es bereits. Sobald die Hecken entfernt sind, wird ein neuer Pächter also nicht lange auf sich Warten lassen.

Regelung des Gesetzes

Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes regelt bundeseinheitlich den Rückschnitt von Hecken, Sträuchern, lebenden Zäunen und anderen Gehölzen.

Vom 1. März bis zum 30. September darf eine Hecke nicht abgeschnitten oder auf den Stock gesetzt werden. Das betrifft sämtliche besiedelte und unbesiedelte Flächen, also auch private Gärten und Grünanlagen.

Ausdrücklich erlaubt sind im Gesetz zum Vogelschutz schonende Pflegeschnitte, die der Gesunderhaltung einer Hecke dienen - auch in der Brutschutzzeit.