Bochum/Wattenscheid. Der Zentrale der Tafel fehlen Mitarbeiter für die Anmeldung von Flüchtlingen. Der große Andrang sorgt auf dem Hof an der Laubenstraße für Chaos.

„Es war katastrophal, richtig kritisch“ beschreibt Ewa Lorenz den Andrang auf dem Hof der Tafel an der Laubenstraße, „das haben wir so noch nicht erlebt“. Von 10 bis 12 Uhr sollte die Registrierung für ukrainische Flüchtlinge zusätzlich zum üblichen Betrieb erfolgen. „Aber die ersten Leute standen schon um 9 Uhr hier, und wir haben bis 15 Uhr praktisch nur das machen können“, erzählt die erfahrene Mitarbeiterin, „was sonst in vielleicht einer halben Stunde miterledigt werden kann.“

Manfred Baasner, Gründer der Tafel in Wattenscheid, meint kopfschüttelnd: „Große Familien mit Kindern und Hunden sind gekommen, der Hof war proppenvoll, und gleichzeitig lief ja auch die Anlieferung. Das wurde schon gefährlich. Selbst die Einfahrt war zugeparkt.“ Das habe überhaupt nicht aufgehört, die Schlange sei ständig noch gewachsen.

Detlef Scheffler und Ewa Lorenz haben viel zu tun an der Warenausgabe der Tafel in Bochum-Wattenscheid.
Detlef Scheffler und Ewa Lorenz haben viel zu tun an der Warenausgabe der Tafel in Bochum-Wattenscheid. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Die Zahl der Geflüchteten bei der Bochumer Tafel wächst

Wegen der steigenden Zahl von Geflüchteten hatte sich die Tafel geradezu gezwungen gesehen, die Anmeldung für Bedürftige aus der Ukraine nur mittwochs von 10 Uhr bis 12 Uhr in der Zentrale an der Laubenstraße einzurichten. Flüchtlinge können Lebensmittel auch nur dort montags von 10 Uhr bis 12 Uhr bekommen.

Auch die Ausgabe in der Kreuz-Gemeinde in Hamme ist nach der Corona-Zwangspause wieder in Betrieb gegangen. Mit diesem Schritt sollen auch Bedürftige, die unter der Woche arbeiten müssen, die Tafel erreichen können. „Aber das ist eben nur für Berufstätige gedacht“, stellt Baasner klar.

Es wird enger in einigen Bereichen, Milchprodukte und Hygieneartikel etwa werden weniger gespendet, hat man bei der Tafel in Wattenscheid festgestellt.
Es wird enger in einigen Bereichen, Milchprodukte und Hygieneartikel etwa werden weniger gespendet, hat man bei der Tafel in Wattenscheid festgestellt. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Zunächst ohne Nachweis

„Wer bei der Tafel seinen ukrainischen Pass und die Registrierung in Bochum nachweisen kann, kann dann mit Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs wie Bekleidung, Haushaltsgegenständen oder Möbel unterstützt werden“, erläutert Udo Appelhoff, Botschafter der Tafel.

„Weil Kriegsgeflüchtete keinen Bescheid der Bedürftigkeit vorlegen können, soll die Hilfe vorübergehend, für drei Monate nach der Einreise, ohne den für die Anmeldung benötigten Nachweis geleistet werden“, ist die Regelung demnach.

„Wir mussten uns umorganisieren“, hat auch Larisa Baasner schnell festgestellt. „Denn wir sind bei dem Betrieb wirklich knapp an Mitarbeitern.“ Es gebe eine einige, die für ein bis zwei Tage einige Stunden helfen kämen, „aber tatsächlich würden wir zwei bis drei feste Stellen brauchen. So ist das für uns nicht mehr zu leisten.“

Möbeltransporte werden schwierig

Das Jobcenter habe zum Glück schon Unterstützung zugesagt, „und wir haben auch eine Reihe von Leuten, die Russisch sprechen, das ist eine große Hilfe“.

Ukrainische Flüchtlinge, die eine Wohnung beziehen können, brauchen entsprechend auch Möbel. „Aber wir haben nur einen Wagen dafür und einen Fahrer. So können wir oft auch die Angebote kaum annehmen, Einrichtungen aus Wohnungsauflösungen zu übernehmen“, klagt sie.

Es laufe ja auch der übliche Betrieb weiter, das soziale Warenhaus an der Laubenstraße ist dienstags, mittwochs und freitags von 10 Uhr bis 16 Uhr geöffnet. „Und seit Beginn des Ukraine-Krieges haben wir ja auch hier Pakete für Hilfsorganisationen und ehrenamtliche Unterstützer gepackt, die sich bei uns gemeldet haben“, erzählt Ewa Lorenz.

Keine Rückfragen aus der Sozialverwaltung

„Wir hören von den Flüchtlingen: Wir kommen vom Sozialamt oder von der Stadt Bochum. Aber die Verwaltung hat noch nicht einmal hier nachgefragt, wie es denn bei uns inzwischen aussieht“, klagt sie. Manfred Baasner schickt hinterher, es sei auch nicht möglich, den Oberbürgermeister zu erreichen, „dabei jammern wir ja wirklich selten“. Ihm fehlt inzwischen die Koordination der Hilfe vor Ort.

Ausgabestellen

Die Ausgabestellen und -zeiten der Tafel e.V. für Bochum und Wattenscheid: Montags 10 bis 12 Uhr Tafel-Zentrale Laubenstraße 19, Wattenscheid, dienstags 11 bis 12 Uhr, Bahnhof Dahlhausen, dienstags 12 bis 13 Uhr Propsteikirche, Untere Marktstraße 9, Bochum-Zentrum, mittwochs 11 bis 12 Uhr Gemeindezentrum Ecke Rüsingstraße/Werner Hellweg, donnerstags 10 bis 12 Uhr, Tafel-Zentrale Laubenstraße 19, donnerstags 11 bis 12 Ev. Gemeindehaus Alte Bahnhofstraße 28-30, Langendreer, samstags 9 bis 10 Uhr, Kreuz-Gemeinde, Gahlensche Straße 147, Hamme.

Mehr unter 02327 328597, , https://www.tafel-bochum-wattenscheid.de/

Udo Appelhoff hat außerdem festgestellt, dass in Teilbereichen immer weniger Spenden kommen. „Milchprodukte kaum noch, Hygieneartikel wirklich wenig. Langsam wird es knapp.“ Ewa Lorenz hat spontan bei der Tafel in Dortmund als einer der größten im Umkreis angerufen, um Unterstützung zu bekommen. „Die haben gelacht, da geht gar nichts.“

Larisa Baasner berichtet ernst, man müsse sich konkret umstellen. „Statt zwei Klappkisten pro Familie mit Lebensmitteln können wir wohl nur noch je eine abgeben. Wir müssen einfach verknappen.“