Bochum. Lust auf einen virtuellen Einkaufsbummel durch die Bochumer City? Ein neues Portal macht’s möglich. Es gibt schon drei Millionen Zugriffe.
Durch die City bummeln, Geschäfte und ihre Inhaber kennenlernen, in Cafés und Restaurants einkehren – und dabei bequem daheim auf dem Sofa sitzen: „Virtuelles Bochum“ macht’s möglich. 100 Unternehmen beteiligen sich an dem Projekt. Die Resonanz übertrifft alle Erwartungen: In den ersten sechs Monaten gab es knapp drei Millionen Aufrufe.
Die Digitalisierung im Handel ist durch die Corona-Pandemie nochmals befeuert worden. E-Commerce – heißt: Einkaufen im Internet – ersetzt vielfach den Besuch im Laden. Kaum noch ein Geschäft ohne eigene Homepage mit Online-Shop.
„Virtuelles Bochum“: Panorama-Aufnahmen bietet 360-Grad-Rundumblick
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Es waren die „Bochumer Originale“, die 2020 einen Schritt weiter gingen. Wie wäre es, wenn potenzielle Käufer nicht nur das Warenangebot, sondern auch das Ladenlokal auf dem Smartphone, Tablet oder Laptop in Augenschein nehmen können? Nicht klassisch per Frontalfoto, sondern nahezu lebensecht. So, also würde man sich beim Betreten einmal um die eigene Achse drehen.
Ein halbes Dutzend Einzelhändler an der Luisenstraße ließ sich damals für die 360-Grad-Panorama-Touren begeistern. Ehrenamtlicher Koordinator: Herwig Niggemann. Der ehemalige Inhaber des Lebensmittel-Großmarktes in Hofstede ist im Unruhestand mit seiner Leidenschaft, dem Fotografieren, zum Profi an der Kamera erwachsen. Spezialgebiet: Panorama-Aufnahmen.
Stadt unterstützte Projektstart mit 75-Prozent-Förderung
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Das Pilotprojekt an der Luisenstraße fand bei den Kunden regen Anklang. „Schnell war klar: Von dieser innovativen Art der Präsentation könnte die gesamte Innenstadt profitieren“, sagt Herwig Niggemann. Das sah man im Rathaus ebenso. Die Stadt nahm das „Virtuelle Bochum“ in ihr zwei Millionen Euro starkes Zehn-Punkte-Programm zur Unterstützung des Handels und der Gastronomie in der Corona-Krise auf.
Damit war der Weg geebnet. BO-Marketing, die City-Werbegemeinschaft IBO und die ISG Bermudadreieck knüpften mit Niggemann das Netzwerk für die Netz-Offensive. Dank einer 75-Prozent-Förderung durch die Stadt fiel die Überzeugungsarbeit nicht schwer: Statt 300 wurden nur 75 Euro für eine Panorama-Produktion berechnet. Folgekosten: keine.
100 Betriebe wurden im vergangenen Jahr zu Dreh-Orten
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Von Juni bis September 2021 wurden 100 Betriebe zu Dreh-Orten. Der niederländische Fotograf Martijn Baudoin und seine Bochumer Kollegen Gero Helm (der auch für die WAZ arbeitet) und Christian Linnert produzierten die Rundschau in der erweiterten City und im Ehrenfeld. Das sei nicht nur technisch anspruchsvoll, schildert Gero Helm. „Wir sind meist mehr als eine Stunde vor Ort. Aus Datenschutzgründen dürfen keine Kunden zu sehen sein. Alles muss tipptopp sein.“ Immerhin sei auf den hochauflösenden 200-Megapixel-Aufnahmen jedes Detail zu erkennen. „Mitunter sogar besser als im Laden selbst“, sagt Modehändler Alexander Eiskirch, der zu den Panorama-Pionieren gehört und das Projekt als „große Chance für den Handel“ begreift.
Jeweils sechs Fotos (mit Spiegelreflex-Kamera und Fischaugen-Objektiv) werden am Rechner so virtuos zusammenmontiert, dass sich dem Betrachter ein individuell steuerbarer Rundumblick bietet – sowohl im Geschäft als auch davor, samt Inhabern.
Spezialkamera filmte die gesamte City und das Dreieck
Perfekt macht den virtuellen Einkaufsbummel Google Streetview. „Wir sind mit einem Auto mit sechs von Google zertifizierten Spezialkameras auf dem Dach acht Kilometer durch die Innenstadt gefahren und haben sämtliche Bereiche gefilmt. Die letzten Aufnahmen von Google stammten von 2008 und wiesen große Lücken in der Fußgängerzone auf“, berichtet Herwig Niggemann.
Übersichtskarte mit verlinkten Standorten
Sämtliche 360-Grad-Aufnahmen sind auf einer Übersichtskarte auf virtuellesbochum.vr99.de mit den verlinkten 100 Standorten auf Google Maps abzurufen.Die 75-Prozent-Förderung für die Panorama-Touren ist nach Angaben der Initiatoren ausgelaufen. Weitere Teilnehmer müssen nun den vollen Betrag von 300 Euro bezahlen.Alle Infos und Kontaktdaten gibt es auf virtuellesbochum.de.
So kann der Nutzer nicht nur gezielt seinen Wunschladen online ansteuern, sondern sich durch die City und das Bermudadreieck treiben lassen und auf digitale Entdeckungsreise gehen. Das sei „nach unserer Kenntnis einmalig in Deutschland“, sagt Niggemann. Florian Klar, Chef des Restaurants „Nährstoff-Reich“ an der Trankgasse, hebt den wirtschaftlichen Nutzen hervor: „Die Besuche auf unserer Website haben zweistellige Zuwachsraten.“
Drei Millionen Zugriffe seit September 2021
In der Tat: Die Nachfrage ist enorm. „Im September 2021 gingen wir an den Start. Im Oktober hatten die Zugriffszahlen die Millionengrenze überschritten“, berichtet Herwig Niggemann. Inzwischen stehen die Aufrufe kurz vor drei Millionen. Die Spitzenreiter: im Handel das Spielzeuggeschäft „Brummbär“, in der Gastronomie der „Livingroom“, im Dreieck das „ThreeSixty“, in der Kategorie „Diverse“ der Papageienpark am Gersteinring.
Apropos tierisch: Auch die beliebte Dinosaurier-Ausstellung 2021 in der Innenstadt ist Teil von „Virtuelles Bochum“.