Bochum. SPD, Grüne, CDU und FDP bringen den Ausbau des Radwegenetzes in Bochum auf den Weg. Ein Bürgerentscheid dazu wurde aus formalen Gründen abgelehnt.

Mit großer Mehrheit hat der Rat der Stadt am Freitag in einer Sondersitzung in der Jahrhunderthalle einen Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von SPD, Grünen, CDU und FDP zum Ausbau des Radwegenetzes in Bochum beschlossen. Das Bürgerbegehren „Radentscheid“ wurde wegen formaler Mängel für unzulässig erklärt. Zuvor waren 80 Menschen bei fahrradunfreundlichem Winterwetter vom Rathaus zur Jahrhunderthalle gefahren, um noch einmal für die Ziele des Bürgerbegehrens zu werben.

Bochum soll 2035 eine Radweg-Ausbauquote von 56 Prozent haben

Der als Kompromiss verstandene Antrag von SPD, Grünen, CDU und FDP bleibt zwar weit hinter den Forderungen des Bürgerbegehrens zurück, den 17.000 Bochumerinnen und Bochumer unterschrieben hatten. Aus Sicht der vier genannten Fraktionen werde mit ihm aber dennoch die „Radwende bis 2035“ eingeleitet, so Grünen-Fraktionschef Sebastian Pewny. Gelinge es, die „ambitionierten, aber realistischen Ziele“ (Christian Haardt, CDU) umzusetzen, würde die Radweg-Ausbauquote in Bochum 56 Prozent betragen. 419 Straßenkilometer mit Radwegen würde es dann geben. Bochum es „damit im Copenhagenize-Index unter die Top-20-Städte“ schaffen.

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Stadtbaurat kritisiert Ratsmitglied Steude

Die Kritiker indes sehen in dem Antrag eine verpasste Chance zur Mobilitätswende. Seit mehr als 20 Jahren schaffe es Bochum nicht, die Ansprüche des im 1999 festgezurrten Radwegekonzepts umzusetzen, so Volker Steude (Stadtgestalter). Er bleibe bei seinen Vorwürfen in Richtung Verwaltung. Steude hatte im Zusammenhang mit den Planungen des Radschnellwegs behauptet, die Verwaltung habe die Bürger in Sachen Beteiligung an der Nase herumgeführt.

Vorwürfe, die Stadtbaurat Markus Bradtke vor der Debatte am Freitag in ungewohnter scharfer Form zurückgewiesen hatte. Steudes Attacke sei „unzumutbar“ gewesen. Und: „Wenn sie das nächste Mal so auffahren, sollten sie mehr Gründe haben“, so Bradtke.

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Versöhnliche Töne von Jentsch (SPD) und Pewny (Grüne)

Christian Haardt (CDU) stimmte dem Ratsmitglied der Stadtgestalter zwar zu, in Sachen Radwende habe sich seit 1999 wenig in Bochum getan. Aber: „Politik ist kein Wunschkonzert.“ Es gehe darum, aus den vorhandenen Verkehrsstrukturen und den personellen Möglichkeiten der Verwaltung das Beste zu machen. Würde die Politik dem Vorschlag von Stadtgestaltern und Linken folgen, die einen zwischenzeitlich formulierten, aber gescheiterten Kompromiss von SPD und Radentscheid-Initiatoren als Antrag vorlegten, würde bis 2030 in Bochum keine einzige andere Infrastrukturmaßnahme umgesetzt werden. Das sei keine Option.

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Befremdlich sei es aus seiner Sicht, so Haardt, wenn – wie es Ratsmitglied Hans-Josef Winkler (UWG/Freie Bürger) getan habe, der Eindruck erweckt werde, die Verwaltung sollte über ein formalrechtlich falsches Verfahren hinwegsehen. Winkler hatte argumentiert, es sei fatal, dass mit dem Radentscheid ausgedrückte Begehren von 17.000 Bochumern aus formalrechtlichen Gründen abzubügeln.

Kritik: Bochum bleibt eine Autostadt

Versöhnliche Töne schlugen Sebastian Pewny und SPD-Fraktionschef Burkart Jentsch in Richtung der Initiatoren des Bürgerbegehrens an. Der am Freitag gefasste Beschluss sei ein „gigantischer Erfolg“ für sie, auch wenn er hinter ihren maximalen Forderungen zurückbleibe. Der Ausbau des Radverkehrs in Bochum sei mittlerweile omnipräsent – dank der Initiative.

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Für diese hatte Kristin Schwiertz noch einmal für das Bürgerbegehren geworben und kritisiert, Bochum bleibe eine Autostadt. Sie wirft den Antragstellern „Radverhinderungspolitik“ vor. „Eine Mobilitätswende ist das nicht.“ Und: „Es bleibt weiter gefährlich, in Bochum mit dem Rad unterwegs zu sein.“