Bochum. Auf Webseiten, Papier oder unter der Haut – im „Beechhouse“ wirken Designer und Tätowiererinnen zusammen. Hier versteckt sich das Tattoo-Studio.
Wer hinter dem Bochumer Hauptbahnhof in den unscheinbaren Weg entlang der Gleise einbiegt, hat eine Chance, es zu entdecken: Das „Beechhouse“ – ein Tattoo-Studio, das anders sein will, und auch so aussieht. Hier arbeiten Grafikdesigner, Illustratorinnen und Tätowierer Hand in Hand.
Bochumer Tattoo-Studio „Beechhouse – versteckt hinter Bahnhof-Gleisen
Das Surren der Nadel setzt ein, bevor sie die Haut durchdringt und das tiefe Schwarz darunter bringt. Der zähnezusammenbeißende Kunde blickt zur Ablenkung hinaus auf den biederen Hinterhausgarten auf der einen, und über zahlreiche Gleise auf das Bochumer Zentrum auf der anderen Seite. Die versteckte Lage ist für das Betreiber-Team kein Nachteil: In den meisten Fällen werden Tattoo-Termine online vereinbart, Laufkundschaft spiele kaum eine Rolle in ihrer Branche.
Nicht nur die Lage, die einstöckige Immobilie und die Inneneinrichtung – minimalistische Deko mit Natur-Motiven statt schwarzer Totenköpfe – machen das „Beechhouse“ zu einem ungewöhnlichen Tattoo-Studio. „Da ich selbst kein Tätowierer bin, war mir klar, dass wir über die Grenzen eines ,normalen Studios’ hinausgehen“, erklärt Studiobetreiber Timo Leßmöllmann, der auch als Grafikdesigner in einer Essener Designagentur arbeitet.
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Tätowierer kreieren und verkaufen eigenen Design
Gemeinsam mit seinen Freunden, Tätowierer Dennis Meinberg und Tätowiererin und Illustratorin Vera Ickler und Isa Schürholz, will der 37-Jährige im „Beechhouse“ die unterschiedlichen Facetten von Design verbinden. Neben dem Tätowieren bieten die drei auch selbst gestaltete Produkte und Kunstwerke an und planen Zeichenabende in ihrem im Herbst 2021 eingerichteten Ladenlokal. „Die meisten von uns haben eigene Kunstwerke kreiert, die man hier kaufen kann: Pins, T-Shirts, Grafiken“, so der Grafikdesigner.
„Nicht nur Tattoo – sondern auch Blumenbinde-Workshop“, beschreibt Vera Ickler ihre Vision für das Studio. Die 34-Jährige hat Modedesign studiert und zunächst Modeillustrationen für Zeitschriften erstellt, bevor sie zum Tätowieren kam, und seither – wie in der Branche üblich – in vielen verschiedenen Studios tätowiert hat. Ihre Spezialisierung: Anatomie verstehen – Kunst, die sich um (Körper-)Formen herumschwingt.
Tattoo-Künstler: „Der Eine hat die Expertise, der Andere den Wunsch“
Der Anspruch des Studios liege darin, „Kunstwerke zu erschaffen, für die Leute, die hier vorbeikommen“, so Leßmöllmann. Keiner der Tattoo-Künstler oder -Künstlerinnen schaue mit den Kunden in einen Katalog – das Kunstwerk wird gemeinsam erarbeitet.
„Der Eine hat die Expertise, der Andere den Wunsch“, erklärt Dennis Meinberg dieses Zusammenspiel. „Ein Kunde sagt mir: ,Ich hätte gern meinen Kater am Arm und Blümchen daneben, den Rest machst du!’ Dann erstelle ich zwei oder drei Entwürfe.“ Eventuelle Änderungswünsche der Kunden arbeite der Tattoo-Künstler dann in den Entwurf ein, bevor dieser unter die Haut komme. Sein Stil: „Ich versuche über großflächige Pinselstrukturen Effekte zu erzielen, Motive zu abstrahieren, Strukturen einzufangen“, erklärt der 29-Jährige.
Verstecktes Design-Tattoo-Studio
„Beechhouse“ ist die englische Übersetzung der früheren Bezeichnung von Bochum – „Bokheim” also „Heim der Buchen”.
Das versteckte Tattoo-Studio ist über einen Fußweg entlang der Gleise hinter dem Hauptbahnhof Bochum zu erreichen: Klever Weg 1.
Zu den angebotenen Leistungen des Studios zählen Tattoo-Kunst, Ausstellungen, Illustration, Lettering, Malerei, Digital Design, Workshops sowie Fotografie.
Die Grenzen zwischen Design, Kunst und Handwerk hält auch auch Isa Schürholz für Quatsch. Die Lehramts-Studentin, Tätowiererin und Grafikdesignerin tätowiert ebenfalls im „Beechhouse“ – englische Übersetzung von Buchen-Heim, also Bochum. „Ich fühle mich hier gar nicht so, als wäre ich auf der Arbeit – das ist einfach ein ,Mit Freunden kreativ sein’“, so die 32-Jährige.