Bochum-Gerthe. Vor 40 Jahren gründete H. D. Gölzenleuchter sein Atelier in Bochum – ein Ort für die Freiheit der Kunst. Er bekam schon hohen Besuch aus Indien.
In einem Hinterhofschuppen in der Größe von zwei Garagen nahm die Geschichte 1982 ihren Anfang. Damals wohnte der junge Künstler mit seiner Frau Renate Gölzenleuchter und der noch kleinen Tochter an der Mansfelder Straße 29 in Langendreer. Bis heute waren im Atelier und Ausstellungsraum des Bochumer Malers, Grafikers und Autors Horst Dieter Gölzenleuchter schon viele Dichter und Künstler zu Gast, um ihre Werke zu ersinnen. Die Werkstatt Wort und Bild ist seit 40 Jahren ein Ort, an dem Kunst wachsen kann.
Wobei der Weg des Künstlers, den alle „Oskar“ nennen, in der Kindheit begann. Fasziniert von den barock gerahmten Ölgemälden in einem Kaufhaus, quetschte er schon als Junge die leeren Öltuben eines Bekannten aus, um selbst kreativ zu werden. „Später schenkten mir meine Eltern die Ölfarben zum Geburtstag und ließen mich sogar im Wohnzimmer malen“, erinnert sich der heute 77-Jährige.
Bochumer entdeckte die Kunst von Käthe Kollwitz
Als junger Mann entdeckte er „eine Kunst von anderer Qualität“, etwa von Käthe Kollwitz oder Max Beckmann, und kaufte sich vom Lohn als Pflanzenlieferant seine ersten Linolmesser. Der Linol- und Holzschnitt sowie die Radierung prägten sein Künstlerdasein. Doch er gibt seinen Gedanken und Gefühlen auch weiterhin mit Ölfarbe, die er mit bloßen Fingern aufträgt, kraftvollen Ausdruck.
Die Kunst war für Oskar Gölzenleuchter immer auch Mittel zur politischen und gesellschaftskritischen Auseinandersetzung. So erlangen seine Linolschnitte gegen die Atomaufrüstung und Krieg aus den 1960er-Jahren dieser Tage erschreckende Aktualität. Handgebundene Bücher
1981 startete H. D. Gölzenleuchter auf Raumsuche einen Aufruf in der WAZ, um seine Idee von einem „kulturellen Kommunikationszentrum mit bewusst anti-elitärem Anspruch“ real werden zu lassen. Er eröffnete sein Werkstattatelier an der Mansfelder Straße knapp ein Jahr später mit der Ausstellung des Dortmunder Linolschneiders Bernd Temming.
Zusammenarbeit mit vielen Dichtern
Ein heutiger Besuch in der Werkstatt Wort und Bild, die seit 1995 im Kulturmagazin in Gerthe ansässig ist, vermittelt einen Eindruck von Gölzenleuchters Schaffenskraft. Umgeben von Werken berichtet er mit brennender Energie von seiner Zusammenarbeit mit vielen Dichtern: Hugo Ernst Käufer, Werner Streletz, Friedrich Grotjahn, Michael Klaus, Lieselotte Rauner und Petra Afonin – um nur einige Namen zu nennen.
In dem hauseigenen Verlag, der Edition Wort und Bild sind mittlerweile über 100 von Gölzenleuchter bebilderte und handgebundene Bücher erschienen. Seit 22 Jahren gibt es einmal jährlich die Werkstattdrucke als Abonnement, die Originale enthalten und gleichsam die künstlerische Arbeit in der Werkstatt Wort und Bild unterstützen.
Während der Künstler den Büchern einzigartigen Charakter verleiht, kümmert sich Renate Gölzenleuchter zu Hause mit modernen Grafikprogrammen um das Layout und die Presse- und Medienarbeit. „Ich habe immer Bezug zur Kunst gehabt. Mein Vater, ein Malermeister, wäre wohl gerne Künstler gewesen“, schildert die 72-Jährige.
Wochenende in der Werkstatt
Anlässlich des 40-jährigen Bestehens und dem Tag der Druckkunst am 15. März als Unesco-Weltkulturerbe lädt die Werkstatt Wort und Bild, Lothringer Straße 36 c, am Freitag, 18. März um 19.30 Uhr zu einer Lesung mit dem Autor Werner Streletz ein. Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten unter Tel.: 0234/704491 oder 0177/6762962.Am Samstag (19.) von 14 bis 18 Uhr und Sonntag (20.) von 11 bis 18 Uhr öffnet die Werkstatt für alle Interessierten die Ausstellungs- und Arbeitsräume. Es werden einige Neuerscheinungen präsentiert, z. B. von Hugo Ernst Käufer und Aphorismen von H. D. Gölzenleuchter.
Sie unterstützte ihren Mann von Anfang an in der Freiberuflichkeit und arbeitete als technische Assistentin an der Ruhr-Universität, wo sie sich auch um die grafische Umsetzung von Institutsmedien kümmerte. Mit unzähligen Ausstellungen und Lesungen hat das Paar den kommunikativen Geist des Ortes immer wieder befeuert. Workshops für Erwachsene und Schüler ergänzen den offenen Charakter der Werkstatt.
Internationales Projekt zum Thema „Brücken“
Die Kontakte zu anderen Kunstschaffenden sind so zahlreich wie spannend. So war 1996 die indische Künstlerin Sajitha R. Shankar drei Monate zu Gast, um sich dem Holzschnitt zu widmen, und bekam Besuch vom Ministerpräsidenten von Kerala.
Auch aktuell arbeitet die Werkstatt Wort und Bild im Kulturrat an einem internationalen Projekt zum Thema: „Brücken“. „Brücken sind im metaphorischen Sinne genauso spannend wie Fenster und Türen“, sagt H. D. Gölzenleuchter, dessen Leidenschaft für die Kunst in diesem Moment ganz konkret wird.