Bochum. Clankriminalität: Die Polizei durchsuchte in Bochum Schrottplätze und andere Gewerbebetriebe. Zwei Haftbefehle wurden vollstreckt.

Mit einem Großaufgebot suchte die Polizei Bochum am Samstag den ganzen Tag über zahlreiche Gewerbebetriebe in Bochum, Herne und Witten auf. 500 Personalien wurden festgehalten, 200 Fahrzeuge kontrolliert. In Bochum vollstreckten die Beamten bei Kontrollen am Nordring und im Westpark zwei offene Haftbefehle.

Der Einsatz am Samstag richtete sich unter anderem gegen kriminelle Clans aus dem libanesischen und arabischen Milieu im Bereich von Autowerkstätten und Schrottplätzen. Im Fokus standen mittags zwei Händler im Gewerbegebiet Gerthe-Nord. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) begleitete die Aktion im Norden der Stadt.

Clan-Marathon der Polizei: Schrotthandel in Bochum durchsucht

Die Inhaber der durchsuchten Schrottplätze und der im Fokus stehenden Werkstätten in Gerthe stehen in dem Verdacht gegen Umweltauflagen verstoßen, mit Rohstoffen gehandelt zu haben, um Geld zu waschen, und gestohlene Autos und Kraftfahrzeugteile zu kaufen und zu verkaufen. Die Stadt Bochum begleitete die Razzia mit Mitarbeitern von Umwelt-, Ordnungs- und Gewerbeamt.

Großfeuer auf Bochumer Schrottplatz war keine Brandstiftung„Wir haben festgestellt, dass Betriebe hier überteuert Müll ankaufen, Schrott, häufig Elektroschrott übernehmen, für den sie keine Lizenz haben oder Autos nicht fachgerecht entsorgen“, erläuterte ein Sprecher der Polizei. Im Blick stünden daher parallel auch viele von Libanesen, Sinti und Roma geführte Kleinstbetriebe, die Rohstoffe anliefern, deren Herkunft unklar sei. „Sie kennen das von zu Hause, wenn plötzlich die Dachrinne fehlt.“

Minister Reul und Polizeipräsident Lukat begleiten die Razzia

Es ist 13.20 Uhr, als mehrere Polizeiwagen bei den Betrieben an der Dieselstraße vorfahren. Bochums Polizeipräsident Jörg Lukat begleitet Minister Reul, ebenso ein halbes Dutzend Journalisten. Die Überraschung ist groß bei dem Inhaber des Schrotthandels, der gleichwohl relativ gelassen auf das Polizeiaufgebot reagiert. Nur Fotos verbittet er sich.

Bochums Polizeipräsident Jörg Lukat (links) begleitete ebenso wie NRW-Innenminister Herbert Reul (rechts) die Razzia in Bochum-Gerthe.
Bochums Polizeipräsident Jörg Lukat (links) begleitete ebenso wie NRW-Innenminister Herbert Reul (rechts) die Razzia in Bochum-Gerthe. © Foto Funke Services | Klaus Pollkläsener

Der Mann ist im wahrsten Sinne des Wortes „ein gebranntes Kind“. Den Betrieb an der Dieselstraße hat er erst aufgenommen, nachdem sein Schrottplatz in der Nähe im Herbst 2020 abgebrannt war. „Ich verstehe das nicht, Ordnungs-, Gewerbe- und Wasseramt sind fast jede zweite Woche hier. Das muss nicht sein. Auch ich habe einen Ruf zu verlieren“, sagt der Händler. Er habe lange mit Schrott gehandelt, jetzt aber nur noch mit Autokarossen.

Durchsuchung verläuft am Ende ergebnislos

Nach 30 Minuten ist die Razzia vorbei. „Wir haben heute nichts Problematisches gesehen“, sagt Michael Pramschüfer vom Umweltamt. „Der Zustand hier hat sich deutlich gebessert.“ Auch die Untersuchung bei einem zweiten Betrieb die Straße hoch ergibt am Samstag: nichts. „Bei einem Mitarbeiter waren die Ausweispapiere auffällig“, sagt Ralf Brüggemann, Leiter der Wache Langendreer, die auch für Gerthe zuständig ist.

Betrug mit Wucherpreisen- Festnahmen bei Razzia gegen BandeHerbert Reuls Bilanz ist gleichwohl positiv: „Diese Razzien haben dreifachen Sinn. Erstens Straftäter zu packen, zweitens Beweismaterial zu sichten und zu finden und drittens Unruhe zu stiften. Ein Ziel ist es auch, dass die Clanmitglieder morgen über nichts anderes reden, dass wir wieder da waren. Und dass sie nicht wissen, ob wir übermorgen wieder da sind.“

Erste Razzia am Morgen in Essen

Die Razzia mittags in Bochum gehörte zu einem ruhrgebietsweiten Schlag gegen Clankriminalität. Am morgen hatte die Polizei bereits in Essen einen Mann festgenommen, der zu einer Bande gehört, die insbesondere ältere Bürgerinnen und Bürger betrogen haben soll.

Die Kriminellen gaben sich als Monteure für Schlüsseldienste, Rohrreinigungsunternehmen oder Kammerjäger aus. Im Schnitt wurden von den Opfern rund 1000 Euro für Leistungen verlangt, die schlecht oder nicht erbracht wurden. Bei Zahlungen mit EC-Karte waren die Schäden höher. „In einem Fall wurden 15.000 Euro abgebucht“, berichtete ein Sprecher des Ministeriums.

Polizei bestätigt sechs Festnahmen bis zum Mittag

Insgesamt habe es am Samstag bis mittags sechs Festnahmen gegeben, fünf Haftbefehle seien vollstreckt worden, sagt Reul mittags in Bochum. Der „Clan-Marathon“ mit vielen kleinen Nadelstichen solle auch deutlich machen, dass Clan-Kriminalität nicht nur mit Shishabars und großem Geld zu tun habe. „Es gibt tausend Sachen dazwischen.“

Das wichtigste beim Thema Clans sei Kontinuität und Konsequenz. „Das ist anstrengend, nicht für mich, sondern für die Polizisten. So hätten Beamte, die kontinuierlich kontrollierten, auch schon mal zu Hause Besuch bekommen und seien gefragt worden, ob man das nicht anders regeln könne. „Musst Du wirklich jeden Tag kontrollieren kommen.“ Dank aufrichtiger Polizisten bleibe das aber ohne Wirkung, ist Reul zuversichtlich.

Positive Wirkung entfalte aber die Beharrlichkeit der Polizei. „Die Saat geht auf. Wir haben mittlerweile richtig dicke Fische an Land gezogen, Clanbosse festgesetzt, Drogentruppen erwischt und ein Betrugskartell an Senioren aufgedeckt“, bilanziert der Minister.

Ordnungsamt stellt Mängel in Großraumdiskothek fest

Die Razzia in Gerthe war indes nur eine von vielen Kontrollen im Bereich des Polizeipräsidiums am Samstag. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, wurden in Bochum außer den Schrottplätzen bereits ab 10 Uhr Wettbüros, Barbershops, Shishabars, Spielhallen und am Abend eine Großraumdiskothek kontrolliert. Die Polizei erschien in Hamme im laufenden Betrieb. „Betreiber und Gäste der Diskothek staunten nicht schlecht, als zahlreiche Einsatzkräfte schlagartig im Bereich der Freudenbergstraße auftauchten“, teilt die Polizei mit.

Das Bauordnungsamt habe Mängel festgestellt, die sofort behoben werden mussten und geahndet werden. Es ging um Fluchtwege und Brandschutz. Zahlreiche Personen in dem Club an der Freudenbergstraße wurden kontrolliert, darunter der Betreiber und sein Personal – inklusive des Sicherheitspersonals.

Wie die Polizei mitteilt, waren am Samstag neben zahlreichen Hundertschaftskräften auch Beamtinnen und Beamte des Verkehrskommissariats und Ermittlerinnen und Ermittler der Kripo im Einsatz. Im Tagesverlauf wurde zudem eine Drohne eingesetzt.