Bochum. Rund 150 Erzieherinnen und Sozialarbeiter demonstrieren am Dienstag vor dem Bochumer Rathaus. Sie legen ihre Arbeit nieder – mit klaren Zielen.
In knallgelben Westen stehen sie vor dem Rathaus in Bochum: Erzieher, Sozialarbeiterinnen oder Mitarbeitende der Tagespflege. Rund 150 Frauen und Männer haben am Dienstag, 8. März, ihre Arbeit niedergelegt. Sie streiken – und fordern höhere Löhne sowie bessere Arbeitsbedingungen.
Bochums Erzieher, Sozialarbeiterinnen und Co. legen ihre Arbeit nieder
Anlässlich des Internationalen Frauentags haben am Dienstag Tausende Beschäftigte in Nordrhein-Westfalen ihre Arbeit niedergelegt. Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte seine Mitglieder zu Warnstreiks aufgerufen, darunter die kommunalen Beschäftigten der Kitas, der sozialen Dienste, der Behindertenhilfe und der Ganztagsschulen.
Gleich zu Beginn ergreift Natascha Krzywania, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi, das Wort und macht deutlich: „Wir stehen hier in Solidarität mit der Ukraine.“ Und so bilden die Teilnehmenden – bevor die Kundgebung richtig losgeht – ein Peace-Zeichen auf dem Vorplatz des Rathauses.
„Schwierige Aufgabe vor der die Beschäftigten stehen“
Im Voraus habe es Gespräche gegeben, ob es der richtige Zeitpunkt sei, auf die Belange von Erziehenden und Sozialarbeitern aufmerksam zu machen – jetzt wo in der Ukraine Krieg herrscht. Doch es seien schließlich genau diese Beschäftigten in Betreuungsberufen, die die aus der Ukraine nach Bochum geflüchteten Familien begleiten werden – und auch mit den Kriegstraumata der Kinder konfrontiert werden. „Das ist eine schwierige Aufgabe, vor der die Beschäftigten stehen“, so Krzywania.
Umso wichtiger sei es, Arbeitsbedingungen zu verbessern, Löhne zu erhöhen. „Die Arbeit ist so unverzichtbar und wird zu wenig wertgeschätzt“, erklärt Krzywania. Svenja Herbst, Schulsozialarbeiterin und angestellt bei der Stadt Bochum, ergänzt: „Die Mitarbeitenden in diesen Berufen haben Einfluss auf alle Bereiche der Gesellschaft. Trotzdem ist die Anerkennung so schmal.“ Hanna Meyer, ebenfalls Schulsozialarbeiterin, betont zudem, wie groß die Folgen der Pandemie bei Kindern und Jugendlichen sind: „Wir begleiten sie, fangen das auf.“
Bochumer wünscht sich einen Erzieher mehr pro Gruppe
Es reiche nicht mehr, dass die Menschen aufstehen und klatschen. Neben den Aspekten bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen haben die Bochumer Organisatoren deshalb eine weitere Forderung: Es müsse konkrete Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel geben. Ändere sich nichts, entstehe eine Abwärtsspirale, wodurch sich die Bedingungen beispielsweise in der Kitas weiter verschlechtern, so Natascha Krzywania von Verdi.
Streik: Was fordert Verdi?
Im Februar hatten Verdi und der Beamtenbund dbb nach knapp zweijähriger Pandemie-Pause in Potsdam Tarifverhandlungen für den Sozial- und Erziehungsdienst mit den kommunalen Arbeitgeberverbänden (VKA) wieder aufgenommen. Für die Beschäftigten ginge es neben einer guten Bezahlung auch um die Wertschätzung für ihren Beruf und die Einstellung von Fachpersonal in den Einrichtungen. „Die Bundesregierung hat 100 Milliarden für Waffen, aber kein Geld für Pflege, Erziehung und Soziales“, kritisierte Johanna Stoll, Pressesprecherin des „8M Bündnis“, einem Zusammenschluss verschiedener feministischer Gruppen. Es sei „kein Zufall, dass genau in den Berufen, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, schlechte Arbeitsbedingungen, unzureichende Entlohnung und Fachkräftemangel herrschen“.Zwei weitere Verhandlungsrunden sind für den 21. und 22. März sowie 16. und 17. Mai geplant.
Auch Levin Mecke, Erzieher aus Bochum, steht an diesem Dienstagmorgen vor dem Rathaus, nimmt an der Kundgebung teil. „Für bessere Arbeitsbedingungen“, sagt er. „Ich hoffe, dass wir so etwas erreichen können“, so Mecke. Sein Wunsch wäre es, künftig eine Erzieherin oder einen Erzieher mehr pro Gruppe zu haben. Dass das notwendig ist, habe sich durch die Corona-Pandemie einmal mehr gezeigt.
Unter den Teilnehmenden der Kundgebung sind hauptsächlich Mitarbeitende der Sozial- und Erziehungsberufe, aber nicht nur. „Wir sind hier, um zu unterstützen“, sagte Teilnehmerin Sevim Sarialtun, ihre Tochter arbeitet beispielsweise als Erzieherin. Sie nahm mit einer Gruppe Frauen teil – um Solidarität zu den Beschäftigten zu zeigen.