Bochum. Nach einer lebensgefährlichen Flucht im Auto vor der Polizei steht ein 35-Jähriger in Bochum vor Gericht. Es ging mit 200 km/h über die Autobahn.

So eine gefährliche Verfolgungsfahrt erleben die Bochumer Polizeikräfte wohl nur selten: Mit bis zu 200 Stundenkilometern rasten zwei Beamte (32, 24) in ihrem Ford hinter dem Fahrer eines Mazda 6 hinterher – fast 40 Kilometer von Bochum-Grumme bis nach Hagen-Hohenlimburg. Seit Donnerstag steht der mutmaßliche Fahrer vor dem Bochumer Amtsgericht.

Die Vorwürfe: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, verbotenes Kraftfahrzeugrennen, Unfallflucht und Fahren ohne Fahrerlaubnis.

Angeklagter erschien vor dem Bochumer Gericht in schmutziger Kleidung

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Der Angeklagte, ein 35-jähriger Hagener, erschien vor Gericht um 9 Uhr in verschmutzter Handwerkskleidung – und machte von seinem Schweigerecht Gebrauch. Ein Polizist (32), der dem Mazda damals mit hoher Fahrkunst dicht gefolgt war, identifizierte den Angeklagten aber zu 100 Prozent als den Fahrer.

Der Streifenwagen war am 31. März 2021 um 2.46 Uhr auf der A 40 in Bochum Richtung Dortmund unterwegs. Eine Routinefahrt. Dann aber wurden sie auf den Mazda aufmerksam. Er fuhr auf den Stadionring ab und beschleunigte im dortigen Kreisverkehr. Für die Polizei war klar: Der wird jetzt kontrolliert.

Das ging aber nicht, weil der Mazda im Kreisverkehr drehte und wieder auf die A 40 auffuhr. Mit Vollgas

Fluchtfahrzeug fuhr eine Treppe hinunter – das machte die Polizei Bochum nicht nach

Die Polizeistreife folgte ihm mit Blaulicht und Martinshorn. Erst bis zum Autobahnkreuz Dortmund-West, dann auf die A 45 bis zur Abfahrt Schwerte-Ergste, dann über große und kleinere innerörtliche Straßen bis nach Hohenlimburg, wo der Angeklagte damals wohnte. Am Ende wich er in einem Wohngebiet auf einen schmalen Gehweg aus und fuhr mit dem Pkw eine viele Stufen lange Treppe hinunter. Erst in diesem Moment gab die Polizei dicht hinter ihm auf und versuchte, auf anderem Wege den Fahrer zu erwischen.

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Die Fluchtfahrt war wegen des hohen Tempos absolut lebensgefährlich. In der Anklage heißt es, dass der Angeklagte bei einer Geschwindigkeit zwischen 120 und 200 km/h im Slalom und ohne Blinker andere Pkw überholt und ab und zu das Licht ein- und ausgeschaltet habe.

In der Autobahnabfahrt verlor der Fahrer die Kontrolle und landete auf Grünstreifen

In der A-45-Abfahrt Schwerte-Ergste habe er die Kontrolle verloren und sei auf einen Grünstreifen geraten. Von dort habe er, als Geisterfahrer, über die Auffahrt die Autobahn verlassen und sei später mehrfach über Rot gefahren. Auch der Aufprall gegen einen Pfosten und eine Beschädigung am Fahrzeug sollen ihn nicht an der Weiterfahrt gehindert haben. „Die technischen Grenzen überschritt der Angeklagte mehrfach“, so der Staatsanwalt.

Video von der Verfolgungsfahrt im Gericht

Die dramatische Verfolgungsfahrt wurde im Gerichtssaal auf einer Video-Leinwand gezeigt.

Der Streifenwagen war an der Frontscheibe mit einer Kamera („Dash-Cam“) ausgestattet, die die gesamte Fahrt zwischen Bochum und Hagen aufzeichnete.

Während der eine Polizist sich aufs Fahren konzentrierte, hielt der Beifahrer den Funkkontakt zur Leitstelle aufrecht.

Als der Fahrer des Mazda die Bochumer Polizisten nach rund 20 Minuten abgeschüttelt hatte, soll er mit seinem Wagen in Hohenlimburg in einem Graben gelandet und zu Fuß geflüchtet sein. Später wurde er trotzdem ermittelt, als Halter des Mazda.

Beifahrerin erschien nicht im Zeugenstand des Bochumer Gerichts

Und es kam heraus: Er soll gar keine gültige Fahrerlaubnis gehabt haben.

Auf dem Beifahrersitz saß eine Frau. Sie war zum Prozess als Zeugin geladen, erschien aber nicht. Fragen zu der Frau und ihrem Verbleib beantworte der Angeklagte nicht. Sie soll am 14. März gehört werden, dann könnte auch ein Urteil fallen. Es droht eine Freiheitsstrafe.