Bochum. Ein Polizist aus Bochum kritisiert nach einer gefährlichen Verfolgungsjagd die Staatsanwaltschaft. Die entschied den Täter wieder freizulassen.
Nach einer lebensgefährlichen Verfolgungsjagd mit der Polizei, die auch über die Erzbahntrasse in Bochum führte, kritisiert ein am Einsatz beteiligter Polizist massiv die Staatsanwaltschaft, die entschieden hatte, den vorbestraften Autofahrer (23) wieder auf freien Fuß zu lassen.
„Ich hätte kotzen können“, schreibt der 51-jährige Streifenbeamte im sozialen Netzwerk Facebook. Der Polizist, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hat nach eigenen Angaben gemeinsam mit seinen Kollegen am frühen Sonntagmorgen den flüchtenden Autofahrer verfolgt, der zuvor auf der Porschestraße in Hamme mit dem Handy gespielt und dann die Anhaltezeichen von Streifenbeamten ignoriert haben soll.
Bochumer Polizist zur Verfolgungsjagd: „Zwischendurch wurde es brenzlig“
Mehrere Streifenwagen verfolgten den schwarzen Opel Corsa mit gestohlenen Kennzeichen. Der Fahrer flüchtete nach Wattenscheid und raste unter anderem über die Berliner Straße, die Ückendorfer Straße, die Marktstraße und die Untere-Heide-Straße. Slalommäßig umfuhr er Absperrbaken und steuerte dann auf die Erzbahntrasse in Richtung Westpark, so heißt es.
„Zwischendurch ist es für uns sogar richtig brenzlig geworden“, berichtet der Polizist von seinem Einsatz. Um den Fahrer zu stoppen, hätten die Beamten geplant, ihm mit ihrem Streifenwagen entgegenzukommen. „Aber der Typ hat nicht gebremst, der hat voll auf uns zugehalten.“ Die Polizisten ließen den Fahrer vorbei – entgingen damit nur knapp einem schweren Unfall. Der 23-Jährige flüchtete schließlich zu Fuß, er wurde schließlich in seiner Wohnung festgenommen.
Staatsanwalt: „Wir entscheiden nach Recht und Gesetz“
Der Bochumer ist nach Polizeiangaben nicht zum ersten Mal aufgefallen und einschlägig bekannt. Er soll Drogen bei sich gehabt haben und ohne Führerschein unterwegs gewesen sein. Dass die Staatsanwaltschaft den Raser dennoch wieder auf freien Fuß gelassen hat, hinterlässt den Streifenbeamten fassungslos. Gleich am Morgen nach dem für ihn gefährlichen Einsatz habe er davon erfahren: „Das ärgert mich massiv und so etwas ist immer wieder der Fall.“
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Seit 1995 arbeitet der Bochumer, der sich als „Ruhrgebietler durch und durch bezeichnet“, bei der Polizei. Er bemerkt einiges, was ihn um Umgang mit Straftätern stört. „Wenn ich jemanden mehrmals täglich wegen eines Ladendiebstahls festnehme, warum wird der nicht festgesetzt?“ Der Polizist wünscht sich, dass Staatsanwälte häufiger – auch außerhalb ihrer Ausbildung – den Alltag der Polizisten erleben würden. „Der Mensch, der mich beleidigt, wenn ich ihn festnehme, stellt sich vor Gericht nämlich in der Regel ganz anders dar.“
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„Den Haftgrund öffentliche Empörung gibt es nicht“, sagt Oberstaatsanwalt Christian Kuhnert. „Wir entscheiden nach Recht und Gesetz.“ Im konkreten Fall habe die Staatsanwaltschaft bei dem 23-Jährigen weder Flucht- noch Verdunklungsgefahr gesehen. „Es gibt keine erhebliche Straferwartung, selbst wenn es ein illegales Autorennen wäre.“ Die Staatsanwaltschaft kenne den Wohnsitz des Autofahrers und habe nicht die Erwartung, dass der sich dem Gerichtsverfahren entziehe. Demnach habe es keinen Grund gegeben, den 23-Jährigen festzuhalten.