Bochum. Die Sonne hat sich in diesem Winter selten über Bochum blicken lassen. Wetter-Experten aber überraschen: Besonders viel Regen sei nicht gefallen.
Der Buche im Lottental geht es gar nicht gut. Sie hat selbst versucht, ihre abgeplatzte Rinde zu reparieren, aber sie stirbt. Ein möglicher Grund dafür ist der trockene Boden, vor allem in den tieferen Schichten. Dabei hat es doch in der letzten Woche so viel geregnet.
Und ja, die Niederschlagsmenge in Bochum und Umgebung war auch aus Sicht der Wetterexperten beachtlich. „Bis Ende der ersten Woche sind schon rund 36 Millimeter gefallen. Das ist mehr als die Hälfte des üblichen Februar-Solls von knapp 65 Millimeter“, informiert Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Regionalen Klimabüro Essen des Deutschen Wetterdienstes.
Zu viel Regen in Bochum? Im Gegenteil: Der Winter war eher zu trocken
Insgesamt sei der Winter hier aber bis jetzt nicht sonderlich verregnet, so der Fachmann weiter. Der Dezember 2021 und auch der Januar 2022 fielen ziemlich trocken aus. Jürgen Heuser, Leiter der Biologischen Station Östliches Ruhrgebiet, hat dementsprechend nicht allzu viel Hoffnung, dass sich die Bäume auch in den Bochumer Wäldern so bald von der massiven Trockenheit der Jahre 2018 bis 2020 erholen werden.
In Bochum befinden sich natürlich gewachsene Wälder wie im Lottental oder dem Weitmarer Holz mit vielen Buchen vornehmlich an Hanglagen. „Wenn Sie im Sommer zur Kosterbrücke fahren, sehen Sie ganze graue Flächen der abgestorbenen Buchen am Hang“, schildert Heuser. Dabei kann die Buche eigentlich viel ertragen. „Die Buche gilt in der Fachsprache als sehr plastischer Baum, was heißt: Er ist sehr ausgleichsfähig, was Extreme betrifft“, so Heuser.
Doch irgendwann ist es eben zu viel, der Baum schafft es nicht mehr. Dann haben Schädlinge leichtes Spiel. In Hanglage verschärft sich das Problem, da der Boden dort flachgründiger ist und das feine Wurzelwerk gar nicht an Wasserreserven in unteren Erdschichten gelangt.
Wenig Sonne in Bochums Winter 2021/22
Im Süden Bochums steht zudem oft die Sonne auf den Bäumen, was sie zusätzlich austrocknet. Sonne allerdings gab es in dem meteorologisch noch bis Ende Februar andauernden Winter nicht viel. „Dazu gestaltet sich der bisherige Winter im Vergleich recht mild und schneearm“, so Kesseler-Lautekorn vom Deutschen Wetterdienst.
Industriewälder vor allem mit Birken
Abgesehen von den natürlich gewachsenen Wäldern gibt es in Bochum und im Ruhrgebiet generell sogenannte Industriewälder, die auf Industriebrachen angelegt wurden.
Die dort häufig anzutreffende Baumart ist die Birke. Sie ist ein Pionierbaum, der als erstes karge Flächen besiedelt.
Die Birke ist sehr widerstandsfähig und stellt wenige Ansprüche an die Bodenqualität. Durch ihr Laub entsteht dann Humus, der die Verbreitung weiterer Pflanzenarten fördert.
Die Anzahl der Sonnenscheinstunden im Dezember und Januar war unterdurchschnittlich. „Am Ende könnte der Winter einer der trübsten werden, wenn sich die Sonne in diesem Februar auch deutlich zurückhält – was aber noch völlig offen ist“, sagt der Wetterfachmann.
Experte wirbt für Grünflächen in Neubaugebieten
Während das menschliche Gemüt etwas mehr Sonnenschein vertragen könnte, bleibt für den Wald der Durst ein zentrales Problem. Denn wenn die Wetterextreme öfter auftreten und das Verhältnis zwischen sterbenden und gesunden Bäumen zunehmend in Schieflage gerät, werde sich das Ökosystem auch hier langfristig verändern, sagt Jürgen Heuser. Wie und wann das der Fall sein werde, das wagt er nicht zu prognostizieren.
Allerdings sei der gefährdete Baumbestand aus menschlicher Sicht ein ernstes Problem, da die Bäume mit ihrer Sauerstoffproduktion auch das Stadtklima regulierten. „Auf Dauer wird es dann sicher unangenehmer“, so Heuser. Als „Lobbyist der Natur“, wie er sich selbst nennt, rät er deshalb auch zu mehr Grünflächen in Neubaugebieten.