Bochum. Im Prozess um den Corona-Schnelltester Medican in Bochum sagte ein Topmanager aus. Er hatte 2,8 Millionen Tests an die Angeklagten geliefert.
Stundenlang hat die 6. Wirtschaftsstrafkammer im Medican-Prozess in Bochum einen international tätigen Topmanager und Unternehmensberater vernommen. Er war Geschäftspartner der beiden Angeklagten – und sitzt noch heute auf offenen Rechnungen.
Der 46-Jährige leitet eine Firma mit mehreren hundert Mitarbeitern weltweit und bekam im Frühjahr 2021 über einen sehr guten Geschäftspartner, dem er voll vertraute, Kontakt zu dem damaligen, jetzt angeklagten Chef (48) von Medican. Das Geschäft mit den Corona-Schnelltests interessierte auch ihn.
Topmanager lieferte mehr als 2,7 Millionen Testkits an Medican Bochum
Der im Ausland wohnende Manager ist für das Gericht so wichtig, weil seine damalige Tätigkeit den Hauptvorwurf der Anklage betrifft. Der lautet: Medican soll fast eine Million Tests bei der Kassenärztlichen Einrichtung abgerechnet haben, die frei erfunden waren.
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Der Manager hatte im März und April 2021 (der mutmaßliche Tatzeitraum) eigener Aussage zufolge 1,7 Millionen Testkits an Medican zu einem Stückpreis von 2,75 Euro geliefert, danach weitere 1,01 Millionen zu je 1,60 Euro. Außerdem lieferte er Schutzmaterial – das bis heute nicht bezahlt worden sei, so der Zeuge.
Wahrheitssuche vor dem Bochumer Landgericht bleibt enorm schwierig
Doch trotz vieler Detail-Informationen und Erläuterungen bleibt die Wahrheitssuche sehr schwierig und sehr mühsam. Weiterhin offen sind die Fragen, ob die in der Anklage zugrunde gelegte Anzahl der Lieferungen komplett ist und ob es nicht noch weitere, den Anklägern unbekannte Bezugsquellen gab, so dass am Ende vielleicht doch nicht zu viele Tests abgerechnet worden sein könnten.
Zusätzlich verkompliziert wird dies alles durch den Umstand, dass der als Zeuge gehörte Lieferant auch selbst in den Betrieb einiger Medican-Teststellen operativ mit eingestiegen war. Das könnte die Zählung der einzelnen Tests durcheinander gebracht haben. Und drittens: Bei der Durchsuchung der Firma Medican Anfang Juni wurden 2,2 Millionen Schnelltests gefunden. Was hat es mit diesen auf sich?
Hauptangeklagter aus Bochum schweigt weiterhin
Der Hauptangeklagte hat im Prozess bisher geschwiegen. Seine Verteidiger haben die Vorwürfe aber beim Prozessauftakt vor zwei Monaten pauschal zurückgewiesen.
Gute Erinnerungen hat der Topmanager wohl nicht an seine Kooperation mit Medican. „Wir kamen in ein Büro, das relativ chaotisch war.“ Im Endeffekt hätten seine Leute „alles selbst machen müssen“ und „wenig Hilfe bekommen“. Außerdem: Als Ende Mai erste Medienberichte zu dem mutmaßlichen Abrechnungsbetrug erschienen, bekam auch seine eigene Unternehmung in der Sache teilweise einige Probleme – unberechtigt.