Bochum. Die Reisebranche leidet unter Corona. Insbesondere Familien schrecken vor Buchungen zurück. Bochumer Büros fühlen sich im Stich gelassen.

Angesichts der Ausbreitung der neuen Virusvariante Omikron wird die Urlaubsplanung für Bürgerinnen und Bürger aus Bochum auch in diesem Jahr zum Drahtseilakt. Fast überall auf der Welt steigen die Infektionszahlen. Viele Länder verschärfen deshalb ihre Einreisebestimmungen oder machen ihre Grenzen für Touristen gleich ganz dicht.

Auch Deutschland hat reagiert. Seit einer Woche stuft das Robert Koch-Institut (RKI) 39 neue Länder als Hochrisikogebiete ein. Darunter Schweden, Australien und die Niederlande. Damit stehen aktuell insgesamt über 100 Länder wegen erhöhter Infektionsgefahr auf der Risikoliste des RKI. Zeitgleich warnt das Auswärtige Amt vor nicht notwendigen touristischen Reisen in diese Gebiete.

Corona macht Reisebüros in Bochum zu schaffen

Die unübersichtliche Pandemiesituation macht den Reisebüros in Bochum zu schaffen. „Unsere Beratungsgespräche dauern wegen der vielen offenen Fragen rund um Corona mittlerweile doppelt so lange wie früher“, sagt Yvonne Sterczewski (45) vom Reisebüro Rupieper in der Bochumer Innenstadt. Das Geschäft gibt es bereits seit 1955.

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Dabei sei die wirtschaftliche Lage momentan ohnehin sehr angespannt. Vor allem mit dem Auftauchen von Omikron im letzten Dezember habe sich die Auftragslage deutlich verschlechtert. „Der Januar ist für uns normalerweise der Hauptmonat. Hier machen wir circa 50 Prozent unseres Jahresumsatzes. Gerade sind die Leute aber sehr zögerlich. Es ist viel ruhiger als in den letzten Jahren“, erklärt Sterczewski.

Zwar gebe es von Seiten der Veranstalter mittlerweile spezielle Angebote, bei denen die Kunden auch kurzfristig noch kostenlos stornieren können. Für die Reisebüros sei das aber trotzdem kein planbarer Umsatz. Vor allem Familien schrecken im Moment vor Buchungen zurück, weil viele Kinder noch ungeimpft sind und es dadurch bei der Ein- und Ausreise zu Problemen kommen kann.

Kunden buchen fast nur Reisen in Europa

Auch Marion Schlotter (46), Inhaberin des Reisebüros Sonne & mehr in Bochum-Weitmar, kämpft seit Beginn der Corona-Krise mit Buchungseinbrüchen und Stornierungen. Allein im Jahr 2020 sei ihr Umsatz im Vergleich zu 2019 um etwa 70 Prozent gesunken. Dabei beschränken sich die Buchungen in Schlotters Filiale derzeit vor allem auf Ziele in Europa. Fernreisen würden hingegen kaum nachgefragt.

„Die Leute fürchten sich wegen Corona auch vor kurzfristigen Grenzschließungen. Aus Frankreich oder Spanien kann man zur Not mit dem Mietwagen zurück nach Deutschland fahren. In Thailand oder Marokko sieht das schon wieder anders aus“, sagt sie. Neben der Möglichkeit, zu stornieren sei den Kunden außerdem ein sicheres Hygienekonzept am Zielort wichtig, so Schlotter.

Interesse an Ferienwohnungen nimmt zu

Das kann auch Mansoureh Hazrati bestätigen. Die 57-Jährige betreibt gemeinsam mit ihrem Mann Armin Schwarze-Friedrich (57) seit 2004 das Reisebüro „ReiseZeit“ an der Universitätsstraße. „Den Kunden sind die Hygienestandards sehr wichtig“, sagt Hazrati. „Das sieht man auch an der deutlich gestiegenen Nachfrage nach Ferienwohnungen, wo die Reisenden unter sich sind“.

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Doch auch bei Reisezeit läuft es seit Omikron insgesamt schlechter. „Wir haben viele Stornierungen, weil die Leute Angst vor der neuen Variante haben. Außerdem hat sich der Beratungsaufwand auch bei uns deutlich erhöht“, erklärt Schwarze-Friedrich.

Reisebüros fühlen sich von Politik alleingelassen

Mit Blick auf ihre schwierige Situation fühlen sich die Reisebüros von der Politik zunehmend alleingelassen. Im Gegensatz zur Gastronomie und dem Einzelhandel würden die Sorgen der Tourismusbranche öffentlich kaum Beachtung finden. „Man hat zwar viel Geld in die Hand genommen, um große Konzerne wie Tui oder Lufthansa zu retten, aber auch für kleinere Betriebe wären Hilfen angemessen gewesen“, findet Ina Pilatzki (52) von Rupieper.

Marion Schlotter sieht das ähnlich: „Urlaub und Tourismus sind für viele immer noch Luxus und deshalb auf den ersten Blick vielleicht nicht so wichtig. Dabei wird aber vergessen, dass in der Branche derzeit sehr viele Arbeitsplätze in Gefahr sind“.