Wattenscheid-Günnigfeld. Das “Günnigfelder Reisebüro“ in Wattenscheid wurde mit Jahresbeginn dauerhaft geschlossen. Inhaber Andres Müller erläutert die Hintergründe.
Vor über 15 Jahren gründete der gelernte Reiseverkehrskaufmann Andreas Müller (50) das "Günnigfelder Reisebüro". Gerade in den Anfangszeiten investierte er jede freie Minute in seine Leidenschaft. Jetzt gibt er auf. Die Pandemie raubt ihm die Perspektive.
"Erst im Herbst 2019 hatte unsere Branche die Pleite des großen Reiseveranstalters Thomas Cook zu verkraften. Da sind wir noch mit einem blauen Auge davon gekommen. Was sich aber seit März 2020 im Reisesektor pandemiebedingt abspielt, ist beispiellos in der Geschichte des Reisens", beklagt Müller.
Entspannung nur vorübergehend
Dabei zeichnete sich im letzten Sommer eine Entspannung ab. "Nachdem die weltweite Reisewarnung Mitte Juni aufgehoben worden war, nahmen die Buchungen für die Sommermonate wieder leicht zu. Gefragt waren bei meinen Kunden sogenannte erdgebundene Reisen und Flugpauschalreisen zu den Sonnenzielen am Mittelmeer und noch bis Dezember 2020 die Kanarischen Inseln. Dann folgten Reisewarnungen und wir mussten wieder fast sämtliche Buchungen stornieren."
Solo-Selbstständige besonders betroffen
In der Reisebranche wird seit Beginn der Pandemie oftmals nahezu ohne Einkünfte gearbeitet. Besonders Solo-Selbständige sind betroffen. Auch im Günnigfelder Reisebüro waren Müller und seine Mitarbeiterin Kirsten van Brakel bis zur Geschäftsaufgabe täglich erreichbar. Fragen, Stornierungen und Beratungen, das alles mussten die zwei Reisefachleute weiter gewährleisten.
Jetzt hat Andreas Müller die Reißleine gezogen: "Die Kosten laufen weiter, trotzdem hätte ich noch einige Zeit durchhalten können. Ich hätte das noch stemmen können, aber die berufliche Situation war für mich mittlerweile nicht mehr zu ertragen. Auch sehe ich mittelfristig keine fundamentale Erholung der Branche. Mit der Entscheidung, einen Schlussstrich zu ziehen, fiel eine große Last von meinen Schultern. Persönlich habe ich das Glück, dass meine Frau als Lehrerin tätig ist. Dadurch ist die Situation für uns nicht ganz so bedrohlich."
Probleme in vielen Bereichen
Die große Mehrzahl der Selbständigen können die aktuelle Situation nicht ganz so entspannt betrachten. Insbesondere die Anbieter im Bereich des sozialen Konsums, also dem Konsum, bei dem andere Menschen involviert sind, kämpfen ums Überleben. Einmal verlorene Einnahmen bei Restaurants, Sportveranstaltungen, Reisen und vielen Dienstleistern können nicht nachgeholt werden. Sie sind für immer verloren. Müller kennt selbst auch andere Schicksale, ein Ehepaar etwa, dass seinen Laden gemeinsam betreibt und jetzt ohne Einnahmen dasteht.
Neuorientierung nötig
Und was bedeutet das alles für den Menschen Andreas Müller? Er gönnt sich erst einmal etwas Ruhe und wird sich im Februar eine Anstellung im kaufmännischen Bereich suchen. Müller studierte Anglistik und Medienwissenschaften in Marburg und ließ sich in den 1990er Jahren bei Karstadt in Essen zum Reiseverkehrskaufmann ausbilden. Auf die Frage, ob ein Wiedereinstieg ins Reisegeschäft nach Ende der Pandemie für ihn vorstellbar ist, antwortet er salomonisch:"Man soll nie nie sagen, aber im Moment kann ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen."
INFO: Ansprechpartnerin für bestehende Buchungen
Kirsten van Brakel war 15 Jahre als Mitarbeiterin im Günnigfelder Reisebüro tätig und führt den kompletten Geschäftsbetrieb als mobile Reiseberaterin mit allen Rechten und Pflichten weiter.
Sie bleibt Ansprechpartnerin für bestehende Buchungen und den kompletten Günnigfelder Kundenstamm. Die Reiseagentur Kirsten van Brakel ist unter der Telefonnummer 01590 6821991,
EMail: info@vanbrakel-reisen.de oder vanbrakel-reisen.de erreichbar.