Bochum. Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Auch die Stadtwerke Bochum beschäftigen sich längst damit. Ihr Chef nennt Strategie und Zahlen.

Wasserstoff gilt als der Energieträger der Zukunft. Denn: Bei seiner Nutzung entstehen keine klimaschädlichen Treibhausgase. „Auch wir haben das Thema Wasserstoff auf dem Schirm“, sagt Dietmar Spohn. Im WAZ-Interview äußert sich der Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum zu den Plänen des Energieunternehmens.

WAZ: Herr Spohn, welche Rolle spielt Wasserstoff in den strategischen Überlegungen der Stadtwerke Bochum?

Dietmar Spohn: Wir beschäftigen uns schon seit längerer Zeit mit dem Thema und gehören der Initiative „H2vorOrt“ im Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) an. Das ist ein Zusammenschluss von 37 Projektpartnern, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich eine regionale und sichere Versorgung mit klimaneutralen Gasen konkret umsetzen lässt. Da sind wir sehr aktiv und haben dazu beigetragen, die Politik davon zu überzeugen, dass wir in Deutschland kein eigenes Wasserstoff-Leitungsnetz aufbauen müssen, sondern dafür das Gasnetz verwenden können.

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Wie muss man sich das praktisch vorstellen?

Das Netz wird Zug um Zug H2-ready gemacht, wie es heißt, also nach und nach umgerüstet. Es beginnt damit, dem Gas bis zu zehn Prozent Wasserstoff beizumischen. Am Ende des Prozesses würden 100 Prozent Wasserstoff durch die Leitungen geschickt. Technologisch ist das machbar. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Um welchen Zeitraum geht es?

Das hängt von verschiedenen Szenarien ab; nicht zuletzt von der Frage, welche Mengen Wasserstoff in Deutschland insgesamt überhaupt zur Verfügung gestellt werden können. Zunächst soll Wasserstoff ja vor allem industriell genutzt werden. Basierend auf den DVGW-Annahmen können bis 2035 sieben und 2040 dann 50 Prozent des Gasnetzdurchsatzes in Bochum mit Wasserstoff gedeckt werden. Dazu müssen wir unser 1493 Kilometer langes Leitungsnetz umrüsten, das entspricht der Entfernung von Bochum nach Budapest. Wir müssen unsere Anlagen wie zum Beispiel das Heizkraftwerk Hiltrop vorbereiten. Und natürlich müssen auch die Endgeräte der Kunden H2-ready sein.

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Seit 2015 an der Stadtwerke-Spitze

Dietmar Spohn (63) ist seit 2005 Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum und seit 2015 Sprecher der Geschäftsführung.

Er ist u.a. Präsidiumsmitglied im Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und außerdem Aufsichtsratsvorsitzender der Trianel GmbH, einem 1999 gegründeten Bündnis von Stadtwerken, an dem der Bochumer Energieversorger mit 14 Prozent beteiligt ist.

Müssen Kunden sich schon jetzt Gedanken über neue Heizanlagen machen?

Nein, das wird noch einige Jahre dauern. Momentan werden in vielen Regionen in Deutschland zwar Geräte umgestellt, weil zunehmend hochwertigeres Gas, das H-Gas, statt L-Gas geliefert wird. In Bochum ist diese Umstellung aber nicht nötig, wir liefern den Kunden schon immer H-Gas.

Wer trägt die Kosten, wenn Heizanlagen umgerüstet werden müssen, um sie wasserstofffähig zu machen?

Das ist noch ungewiss. Möglicherweise gibt es dafür Fördergelder.

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Wie hoch werden die Investitionen der Stadtwerke in die Umrüstung sein?

Unsere Wärmeversorgungsstrategie ist momentan bis 2040 ausgelegt. Bis dahin wollen wir unsere Wärme deutlich grüner zur Verfügung stellen, am besten CO2-neutral. Vorgesehen sind etwa 120 Millionen Euro für das Wärmenetz, plus die Kosten für die Umrüstung des Gasnetzes.

Wird es dazu ein Pilotprojekt geben, möglicherweise innerhalb eines Quartiers?

Konkret ist das im Moment nicht geplant, ausgeschlossen aber auch nicht.