Bochum. Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Bochum mischt mit: durch Spitzenforschung an der RUB und Projekte in der Wirtschaft.
Die Energiewende ist eine der großen Herausforderungen dieser Zeit. Auf Wasserstoff als klimafreundlichem Energieträger ruhen dabei viele Hoffnungen. An der Ruhr-Universität Bochum (RUB) forschen Wissenschaftler seit geraumer Zeit an diesem Thema. „Die Wasserstoff-Forschung an der RUB ist in verschiedenen Bereichen ganz weit vorne mit dabei“, sagt Prof. Dr. Roland Span, Maschinenbauer vom Lehrstuhl für Thermodynamik und einer der Sprecher des Research Departments Closed Carbon Cycle Economy (RD CCCE) der RUB.
Wasserstoff interessiert Wissenschaftler, Wirtschaft und Laien
Das Interesse an Wasserstoff ist riesengroß – weit über die Wissenschaftscommunity hinaus. Bei einer Tagung an der RUB haben unlängst neben etwa 150 Fachleuten aus Wissenschaft und Industrie auch mehr als 200 interessierte Laien die Chance genutzt, um sich online über den Stand der Forschung und über die Rolle von Wasserstoff im Revier zu informieren. Experten sagen, das Ruhrgebiet empfehle sich aus vielen Gründen als Wasserstoffregion.
Warum rückt Wasserstoff plötzlich in den Mittelpunkt?
„Viele kleine Gemeinden entdecken plötzlich, dass sie ein Wasserstoff-Zentrum werden wollen“, sagt Roland Span. Tatsächlich sei Wasserstoff als Energieträger eine wichtige Komponente bei der Energiewende. Er gilt als das Schlüsselelement, um fossile Brennstoffe langfristig zu ersetzen. „Aber Wasserstoff ist kein Allheilmittel.“ Er müsse neben den erneuerbaren Energien parallel entwickelt werden und könne erst mittel- bis langfristig eine wichtige Rolle spielen.
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Wo kann Wasserstoff zum Einsatz kommen?
Vor allem für Industrieprozesse wird Wasserstoff benötigt. Das ist, so Span, die erste und wichtigste Anwendungsmöglichkeit. Eine große Rolle spielt auch die Frage der Energiespeicherung – kurzfristig durch Batterien, Pumpspeicherkraftwerke und ähnliche Techniken für den Ausgleich kurzfristiger Schwankungen in der Produktion grünen Stroms, langfristig aber eben auch durch Wasserstoff in den heute für Erdgas genutzten Kavernenspeichern für die Überbrückung längerer Phasen mit geringer Produktion grünen Stroms.
Kann Wasserstoff in Haushalten genutzt werden?
„Die Expertinnen und Experten streiten sich noch darüber, ob Wasserstoff dafür nicht zu kostbar ist“, so Span. „Möglicherweise werden wir bis 2030 erleben, dass Wasserstoff dem Erdgas beigemischt wird, um die Kohlendioxid-Emissionen von Erdgas zu reduzieren. Wenn überhaupt, dann wird reiner Wasserstoff in großem Stil in Haushalten wohl erst deutlich später zum Einsatz kommen.“
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Welche Rolle spielt Wasserstoff in Bochum?
In einigen Bereichen, in Unternehmen und in der Wissenschaft hat Wasserstoff bereits einen großen Stellenwert. Aber: „Wir brauchen keine 27. Demonstrationsanlage, wenn nicht grundsätzlich neue Technologien entwickelt und demonstriert werden“, sagt Roland Span. „Wasserstoff in großem Stil aus Netzstrom herzustellen ist nicht sinnvoll, solange wir nicht viel mehr grünen Strom im Netz haben. Und auch den Strom neu gebauter Windparks und Solaranlagen brauchen wir zunächst zum größten Teil im Stromnetz, um die beschlossene Abschaltung von Kraftwerken zu kompensieren und zusätzlichen Strombedarf zum Beispiel für die Elektromobilität zu decken. Parallel dazu müssen wir technologieoffen, aber mit dem klaren Ziel einer möglichst schnellen Reduktion von Kohlendioxid-Emissionen den schrittweisen Aufbau eines Wasserstoffnetzes vorantreiben.“
Die Bochum Wirtschaftsentwicklung sei mit dem Thema befasst, setze aber nicht primär auf neue Demonstrationsprojekte. Vielmehr bemühe sie sich um die Ansiedlung von innovativen Firmen, die mit dieser Zukunftstechnologie befasst sind. „Vor dem Hintergrund der Forschungsstärke der Region ein sehr sinnvoller Ansatz“ findet Span.
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USB Bochum testet 800.000 Euro teuren Wasserstoff-Müllwagen
Aber auch in Bochum gibt es Beispiele für innovative Demonstrationsprojekte. Der USB setzt seit diesem Sommer einen wasserstoffbetriebenen Müllwagen ein. Das fast 800.000 Euro teure wurde mit Fördermitteln angeschafft. Es fährt mit elektrischer Energie. Diese Energie wird über Brennstoffzellen erzeugt, die mit Wasserstoff gespeist werden.
Vonovia produziert in seiner im Sommer fertig gestellten „Energiezentrale der Zukunft“ in Weitmar Wasserstoff aus Strom, Brennstoffzellen und Wärmepumpen. Dort soll herausgefunden werden, wie der Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral gemacht werden kann.
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Stadtwerke Bochum erwägen Quartier mit Wasserstoff zu versorgen
Die Stadtwerke Bochum beschäftigen sich seit geraumer Zeit mit dem Thema, in Frage kommen könnte die Versorgung eines gesamten Quartiers mit Wasserstoff. Häuslebauer sollten nach Einschätzung von Roland Span vorerst aber an andere Möglichkeiten zur Wärmebereitstellung denken, etwa an Wärmepumpen – und da bevorzugt an Erdwärmepumpen, wegen der im Jahresmittel höheren Effizienz.
In der Region spielt Wasserstoff bereits eine große Rolle, so etwa bei Thyssenkrupp. Der Konzern setzt auf
Großes Interesse am Thema Wasserstoff
Mehr als 200 interessierte Laien haben sich bei der Wasserstoff-Tagung an der RUB zugeschaltet, Es ging ihnen „vor allem um Verständnisfragen, um die Verfügbarkeit von Wasserstoff und um dessen Sicherheit“, so RUB-Professor Roland Span.
Was die Verfügbarkeit betrifft, so müsste Deutschland ebenso wie heute Öl und Gas in Zukunft auch Wasserstoff zum Teil importieren. Was die Sicherheit angeht, sei Wasserstoff letztlich nicht gefährlicher als Erdgas. Technisch müsse man sicher einige Anpassungen vornehmen, aber für den Anwender werde der Umgang mit Wasserstoff nicht anders sein als der Umgang mit Erdgas.
dem Weg zur klimaneutralen Stahlproduktion auf den Einsatz von Wasserstoff. Mit ihm soll der Ausstoß von Kohlendioxid vermieden werden.
Der BP-Konzern, dessen Europa-Zentrale in Bochum ihren Sitz hat, hat vor kurzem ein Gemeinschaftsunternehmen mit RWE gegründet. Beide wollen die Entwicklung von „grünem Wasserstoff“ vorantreiben.
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Und in der Wissenschaft?
Forscher der Universitätsallianz Ruhr (UA Ruhr) beschäftigen sich im Rahmen des Kompetenzfeldes Energie – System – Transformation mit Wasserstoff. An der RUB konzentriert sich die Arbeit im Research Department Closed Carbon Cycle Economy (RD CCCE). Einer der Schwerpunkte ist dort die Katalysatorforschung. Dabei geht es u.a. darum, bei Produktion und Verwendung von Wasserstoff mit deutlich weniger Edelmetallen auszukommen als das bislang der Fall ist. Beschäftigt sind Bochumer Wissenschaftler auch mit Grundlagenforschung zur effektiveren Verflüssigung von Wasserstoff; ähnlich dem verflüssigten Erdgas. Dies gilt als eine der Schlüsseltechnologien für den Aufbau internationaler Wasserstoffmärkte.
„Mit Blick auf die Stoffeigenschaften von Wasserstoff ist die Forschung an der RUB international spitze“, so Span. Gleiches gelte aber zum Beispiel auch für die Nutzung von Plasmen zur Gewinnung von Wasserstoff oder die automatisierte und damit preiswertere Fertigung von großen Elektrolyseuren. „In der Wasserstoffforschung spielen mehrere Research Departments der RUB eine Rolle“, so Span.