Bochum. Diese Videokonferenz werden sie kaum vergessen: Bochumer Schüler interviewten Astronaut Matthias Maurer live - der ist aktuell im All.

Ohne Kontakt zum Boden schwebt er in der Raumkapsel, hält sich nur mit einem Arm fest. In der anderen Hand hält er ein Mikrofon. Aus einer Entfernung von 400 Kilometer über der Erde stellt sich Astronaut Matthias Maurer den Fragen von Schülerinnen und Schülern - auch aus Bochum.

Wie war der Moment, als er das erste Mal die Erde aus dem All sah? Welches Weltraum-Experiment war das spannendste? Welche körperlichen "Nebenwirkungen" hat ein Weltraumflug? Fragen wie diese hatten Schüler aus Irland, Tschechien und Deutschland an den 51-Jährigen Astronauten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Ein halbes Jahr lang verbringt er für seine Mission im All.

Pflanzen anbauen im All

Etwa 150 Schülerinnen und Schüler des Goethe- und Schiller-Gymnasiums konnten den Anruf ins Weltall - einen sogenannten In Flight Call (IFC) live aus dem Bochumer Planetarium verfolgen. "Man kann sich das nur sehr schwer vorstellen, dass er nun wirklich aus dem Weltraum mit uns spricht", gab Fünftklässler Jonas von der Schiller-Schule zu. Das All habe ihn schon immer interessiert, der In Flight Call sei deshalb ein wirkliches Highlight.

Organisiert hatte das Event die "Esero", ein Bildungsprojekt von ESA und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Können im All Pflanzen angebaut werden?", wollte die 15-Jährige Goethe-Schülerin Nikita wissen. "Ja, wir haben hier ein Regal, in dem wir Pflanzen anbauen - Kollegen haben uns vor ein paar Tagen grüne Paprika zurückgelassen", antwortete Maurer. Auch Tomaten und Salat sei im Weltraum bereits gezüchtet worden.

Emotionaler Blick auf die Erde

Das erste Mal die Erde zu sehen sei ein Moment gewesen, den er für den Rest seines Lebens nie vergessen werde, erzählte der gebürtige Saarländer den Schülerinnen und Schülern. "Ich konnte Tag und Nacht gleichzeitig beobachten", sagte Maurer. Auf die Frage, welches Experiment für ihn am spannendsten sei, antwortete der Astronaut: "Ich habe Materialwissenschaften studiert, deshalb interessieren mich besonders die Experimente mit verschiedenen Materialien im All."

Dazu zähle das Testen von Beton im Weltraum. "Die Produktion erzeugt sehr viel CO2, wir wollen herausfinden, wie sich der Prozess verbessern lässt", erklärte Maurer. "Welche Rolle wird Künstliche Intelligenz in Zukunft im All spielen?" wollte Informatik- und Mathematiklehrer Sebastian Schmidt von der Schiller-Schule wissen.

Künstliche Intelligenz im All

"Wir haben hier ein Gerät, das Cimon heißt. Mit dessen Hilfe haben wir Expertenwissen immer vor Ort", sagte Maurer. Das mit einem Display-ausgestattet Gerät unterstützt Astronauten bei der Arbeit - kann Experimente dokumentieren, Objekte suchen und Inventar führen. "Wenn ein Astronaut beispielsweise auf der Mondoberfläche Gegenstände sammelt, kann Cimon Tipps geben, welcher Stein gesammelt werden soll", erklärte Maurer.

"Für uns als Planetarium ist es etwas ganz besonderes, den In Flight Call auszurichten", sagte Leiterin Susanne Hüttemeister. Der Blickwinkel sei auch für das Planetarium etwas Neues: "Wir schauen normalerweise von der Erde nach oben ins All, die Europäische Weltraumorganisation schaut zur Geographie-Fernerkundung von oben nach unten", sagte sie.

Zweiter IFC aus Bochum

Eine Verbindung zu Bochum hat Maurer übrigens: Am hiesigen Landesspracheninstitut (LSI) hat der Astronaut Russisch gelernt - eine Sprache, die alle Astronauten lernen müssen. Der Anruf aus dem Planetarium war für "Esero" der zweite IFC. 2019 hatte eine galaktische Videokonferenz mit dem Italiener Luca Parmitano stattgefunden.

Einen der zwölf Deutschen interviewen, die in den Weltraum gereist sind - und das auch noch via direkter Leitung ins All - das war für die Schüler ein unvergesslicher Video-Call. "Wir wollen Schülerinnen und Schüler für Mint-Themen begeistern, die Verletzlichkeit unseres Planeten thematisieren und die Faszination für den Weltraum fördern", sagte Initiator Andreas Rienow von Esero. Mit der Veranstaltung im Planetarium ist das mit Sicherheit gelungen.

Bildungsbüro in Bochum

Esero ist die Abkürzung für "European Space Education Resource Office". Das Bildungsbüro will Schüler für MINT-Themen begeistern, indem Themen der Raumfahrt spannend und innovativ in den Schulunterricht integriert werden.

Die Goethe- und Schiller-Schule sind Kooperationspartner von Esero. Unter www.esero.de finden sich interatkive Lerneinheiten zum Download.