Bochum. Per Videotelefonie sind Schüler und Studenten aus dem RUB-Hörsaal live mit dem Kommandanten Luca Parmitano auf der Raumstation ISS verbunden.
In einem der Hörsäle der Ruhr-Universität wird um 14.30 Uhr der Atem angehalten – von circa 150 Teilnehmern, dazu den Technikern und Moderatoren. Es gibt einen straffen Zeitplan, der vorsieht, dass zwischen 15.10 Uhr und 15.30 Uhr ein Live-Video-Telefonat mit dem Astronauten Luca Parmitano stattfindet. Der ist momentan im Weltall auf der internationalen Raumstation ISS, die in rund 400 Kilometern Höhe mit einer Geschwindigkeit von rund 28.000 Kilometern in der Stunde die Erde umrundet. Also alle 90 Minuten einmal. Schüler aus Deutschland, Spanien und Italien haben die Möglichkeit, ihm Fragen zu stellen. Auf dem großen Bildschirm steht: „Anruf fehlgeschlagen“. Was passiert, wenn die Technik nicht mitspielt?
Videokonferenz zwischen Europa und Weltall
Um 14.40 Uhr wird wieder aufgeatmet. Spanier, Italiener und Deutsche sind in einer Videokonferenz miteinander verbunden. Moderiert wird das Ganze von der ESA aus Noordwijk in Holland – alles auf Englisch, damit sich alle verstehen können: „Deutschland, gebt ein Zeichen, dass ihr uns hören könnt.“ Moderator Andreas Rienow von ESERO winkt zur Bestätigung aus dem Bochumer Hörsaal in die Kamera.
Die Möglichkeit ins All zu telefonieren und mit einem Astronauten zu sprechen, ist eine außergewöhnliche Gelegenheit für jeden Teilnehmer der Veranstaltung von dem European Space Education Office, kurz ESERO. In einem Wettbewerb hatten sich jeweils vier Schulen der jeweiligen Länder qualifiziert, um Fragen stellen zu dürfen. Darunter: die Willy-Brandt-Gesamtschule aus Bochum. Eine Frage pro Schule ist erlaubt. Die Lehrer sind die Sprachrohre der Schüler.
Pünktlich um 15.10 Uhr ist Luca Parmitano auf der großen Leinwand zu sehen und zu hören. Die ISS befindet sich zu diesem Zeitpunkt über den USA. Die Lehrer der vier Schulen aus Deutschland stehen in einer Reihe vor der Kamera, Steffen Jauch aus Niedersachsen und Jan Nappert von der Willy-Brandt-Gesamtschule dürfen die ersten Fragen stellen. Parmitano antwortet ausführlich und nicht selten auf den Kopf gedreht, was ihm einige Lacher verschafft, ansonsten ist es ruhig wenn er spricht.
European Space Education Office (ESERO)
ESERO ist das gemeinsame Projekt der European Space Agency (ESA) und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Es hat sich zur Aufgabe gemacht, bei Schülern von der ersten Klasse bis zum Abitur Faszination für Raumfahrt und naturwissenschaftliche wie technische Fächer zu wecken.
Durch bereitgestellte Unterrichtsmaterialien und Fortbildungen für Lehrer zu Weltraumthemen, aber auch durch Schulwettbewerbe und -projekte soll die Attraktivität für die sogenannten MINT-Fächer bei Schülern und Lehrern gleichermaßen steigen. Nähere Informationen gibt es unter www.esero.de .
Das Projekt ist international mit 15 Büros in 17 Mitgliedsstaaten der ESA vertreten. ESERO Germany hat seinen Sitz in Bochum. Mitglieder des Konsortiums sind unter anderem Forscher der Ruhr-Uni, der Uni Köln und der Uni Bonn, das Planetarium, die Sternwarte sowie die Gemeinschaftsoffensive „Zukunft durch Innovation NRW“.
Psychische Belastung von Astronauten
Viele der gestellten Fragen sind rein fachlicher Natur, einige betreffen ihn aber auch persönlich. So zum Beispiel die Frage von Nappert aus Bochum: „Wie hoch ist der psychische Druck eines Astronauten wirklich?“ Die Antwort: „Am meisten vermisse ich hier meine Familie. Aber auch das Gefühl der Sonne auf der Haut und den Kontakt zu Menschen. Aber eins ist dabei ganz zentral: Ich habe es mir selbst ausgesucht. Niemand hat mich zu der Arbeit gezwungen. Außerdem hilft es zu wissen, dass es zeitlich begrenzt ist. Und reden ist wichtig, um mit den Menschen verbunden zu bleiben.“
Weil sich Parmitano Mühe gibt, alle Fragen ausführlich zu beantworten, bleiben zwei Fragen aus jedem Land wegen Zeitmangels unbeantwortet. Er verabschiedet sich mit den Worten: „Danke, dass Ihr mich herausfordert und an meine Grenzen bringt.“ Die noch offenen Fragen könne man über den Social Media Account des Astronauten stellen, sagt die ESA-Moderatorin aus Noordwijk abschließend, da antworte er regelmäßig.
Trotzdem geben sich die Lehrer tapfer: „Ich bin milde enttäuscht, aber froh an dem Projekt teilgenommen zu haben. Dabei sein is’ alles“, sagt Paul Wiedlocha vom Westfalen-Kolleg aus Dortmund. Christina Müller vom Gymnasium Siegburg ergänzt: „Ich bin einfach begeistert, dass das technisch überhaupt möglich ist.“