Bochum. Nach anderthalb Jahren Pause rollt Michael Lohrmanns Vinyl-Bus wieder durch NRW. Am Freitag kam er nach Bochum – und sorgte für viel Andrang.
Musikliebhaber konnten in Bochum-Harpen ein besonderes Schmankerl antreffen: Mit rund 4000 aufpolierten Schallplatten im Gepäck hat Michael Lohrmann seinen umgebauten amerikanischen Schulbus vor dem Hifi-Center Liedmann geparkt und öffnete für die Fans analoger Tonträger seine Türen. Seit Mitte September ist der Dortmunder mit dem mobilen Plattenladen wieder auf Tour. Dass die klassische Langspielplatte (LP) auch in Zeiten von digitalen Anbietern wie Spotify oder Youtube bei vielen immer noch hoch im Kurs steht, beweist der Andrang vor Lohrmanns Bus.
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Bis zu dreihundert Scheiben gehen bei ihm an guten Tagen über die Theke. Auch an diesem Freitagmittag wird schon vor dem offiziellen Start um 11 Uhr in den Plattenkisten gestöbert und über seltene Pressungen diskutiert. Für die passende Untermalung sorgt der businterne Plattenspieler, auf dem die Kunden vor dem Kauf zur Probe hören können. Vor allem Rock- und Popfans kommen bei Lohrmann auf ihre Kosten. Auch wer auf der Suche nach Jazz, Reggae oder Film-Soundtracks ist, wird früher oder später fündig. Nur Schlager und Klassik hat der 51-Jährige nicht im Sortiment.
Dortmunder wagt beruflichen Neustart mit einem Plattenbus
Musik und Schallplatten haben Lohrmann fast sein ganzes Leben lang begleitet. „Ein Erweckungserlebnis war für mich, als mein Onkel mir mit sieben Jahren ,Wish you were here` von Pink Floyd vorgespielt hat. Kurz darauf bin ich los und habe mir das Album gekauft. Das war meine erste Platte“, erzählt er. Ab den frühen Neunzigern mischte er die Musikszene als Verleger auf und brachte die Zeitschriften Visions und Mint heraus.
Nach dreißig Jahren als Medienunternehmer hatte er allerdings genug und verkaufte seinen Verlag. „Es war einfach Zeit für etwas Neues“, sagt er. Schon vor dem Vinyl-Bus hatte Lohrmann angefangen, ganze Plattensammlungen aufzukaufen: „Irgendwann war der Keller voll und meine Freundin hat mich gefragt, ob ich nicht einen Plattenladen aufmachen will“. Die Idee gefiel ihm, aber er wollte seinen Dortmunder Kollegen mit einem weiteren Geschäft in der Stadt keine Konkurrenz machen. Schließlich kam er auf den gelben Bus, der früher Schulkinder in Florida kutschierte und den er für seine neue Bestimmung als Vinyltransporter aufwändig umbauen ließ.
Im November 2019 begann Lohrmanns Odyssee als fliegender Plattenhändler. Sein Ziel war es, vor allem Städte anzufahren, in denen es keine Plattenläden mehr gibt. Das Projekt lief gut. Dreiunddreißig Stationen hatte er bis März 2020 in ganz NRW absolviert. Dann kam Corona und Lohrmann musste sein Gefährt für 18 Monate unfreiwillig dauerparken. In der Zwischenzeit kaufte er weiter Platten, füllte sein Dortmunder Lager und bereitete sich hinter den Kulissen auf den Startschuss für die Weiterreise vor. „Das Nachfüllen der Platten war vor der Pandemie oft ein Problem. Mittlerweile bin ich aber so gut ausgestattet, dass ich mir um Nachschub keine Sorgen mehr machen muss“, sagt Lohrmann.
Vinyl-Bus fährt Ende November wieder los
Michael Lohrmanns mobiler Plattenladen
Seit September ist Michael Lohrmann unterwegs.
In dem umgebauten Schulbus aus den USA können Schallplatten fast aller Musikrichtungen zwischen 5 und 500 Euro erworben werden. Insgesamt befinden sich knapp 4000 LPs im Bus.
Auch in Bochum geht so gut wie niemand mit leeren Händen nach Hause. Auf dem schmalen Gang zwischen den gut sortierten Plattenkisten herrscht reges Gedränge.
Für Lohrmann ist der Vinyl-Bus mittlerweile ein Fulltime-Job. Bis auf die Reinigung der LP kümmert er sich um alles alleine. Er selber besitzt privat heute noch rund 2500 Platten. „Das hört sich viel an, aber verglichen mit manchen Kunden, die zu mir kommen, bin ich damit ein richtiger Waisenknabe“, sagt er.
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Nach seinem Gastspiel in Bochum macht Lohrmann erstmal Pause. Erst Ende November geht es für ihn wieder auf die Straße. Beim Fahren hört er aber keine Musik: „Der Bus hat gar kein Radio. Außerdem ist der viel zu laut. Da würde man sowieso nichts hören“.