Bochum-Werne. Die Polizeiwache Bochum-Ost sucht das Gespräch bei einem „Coffee with a cop“ am Werner Markt. Die Palette reicht von Dreckecken bis Falschparken.

Das erste Lob des Tages geht an das Stadtteilbüro am Werner Hellweg: „Da landen unheimlich viele Anregungen, die sonst an die Wache kommen würden.“ Das zweite richten die Besucher des Werner Markts an „ihre“ Polizei, denn obwohl mittwochs hier üblicherweise weniger los ist, bei den Uniformierten knubbelt es sich nach kurzer Zeit. „Coffee with a cop“, auf ein Gespräch mit der Polizei, heißt die Aktion, bei der die Menschen aus dem Viertel eingeladen sind, auch ohne besonderen Grund vorbeizukommen. Oder wie Hauptkommissarin Andrea Specht kurz herüberruft: „Käffchen gefällig?“

Man kennt sich, meistens jedenfalls, und die Besucher kommen gern. Denn auch, wenn die Gespräche beim Kaffee im Stehen oft anfangen mit man wolle ja niemanden anschwärzen, nur mal erzählen, so stellt Specht dann auch gleich schon einmal klar: „Es gibt eine originäre Zuständigkeit der Polizei“, und da fällt klassisch der „ruhende Verkehr“ nicht drunter. Aber der Falschparker, der die Kurve gefährlich zustellt oder die Einfahrt blockiert, „dem schreib’ ich eben ein Ticket“, plaudert sie.

Hauptkommissarin Andrea Specht (Mitte) nahm Anregungen von Marktbesuchern auf und gab Vorschläge weiter.
Hauptkommissarin Andrea Specht (Mitte) nahm Anregungen von Marktbesuchern auf und gab Vorschläge weiter. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Bezirksbeamte auch im ländlichen Teil Bochums

Es ist heute vieles dabei, was die Menschen im Stadtteil empfinden, und was sich in der Polizeistatistik nicht niederschlägt, aber was die Besucher loswerden wollen. Frank Eggert, einer von insgesamt acht Beamten im Bezirksdienst, ist oft mit dem Dienst-Fahrrad unterwegs. „Ich werde von vielen Menschen im Stadtteil sofort begrüßt, gerade im ländlicheren Teil, wie im Papenholz“, erzählt er lächelnd. Immerhin kommt er auch durch, „wo der Streifenwagen nicht hinkommt, und ich bin auch auf der Straße mit dem E-Bike genau so schnell“.

Manche „Vorgänge“ werden dann auch schon mal in Uniform, aber unaufwendig gelöst. „Da fahre ich eben mal morgens um 7 Uhr zu einer Schule und spreche die Jugendlichen an, die auffallen, und die Eltern. An der Ecke hatten sich einfach die Beschwerden über Lärm und Sachbeschädigungen gehäuft“, erklärt er hemdsärmelig. Man kennt sich.

In zwangloser Atmosphäre beim Kaffee kamen Besucher und Beamte auf dem Marktplatz in Bochum-Werne ins Gespräch.
In zwangloser Atmosphäre beim Kaffee kamen Besucher und Beamte auf dem Marktplatz in Bochum-Werne ins Gespräch. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Einbrüche schrecken auf

Neu sind die Einbrüche der jüngsten Zeit. Sie treiben auch Ralf Brüggemann, dem Leiter der Polizeiwache Ost, die Falten auf die Stirn. Bei den Vorfällen im Kindergarten in Werne und in der Lutherkirche am Alten Bahnhof kann er nur den Kopf schütteln. „So viel Zerstörung, so billig, einfach mit ‘nem Stein das Fenster eingeworfen, und wofür? Wegen der Kaffeekasse?“, fasst er zusammen.

Heute, bei der offenen Einladung zum Gespräch beim Kaffee, „häuft sich das, was wir im Bezirksdienst ständig haben“, meint Eggert mit einem kurzen Rundumblick zu den Kollegen, von der Dreckecke bis zum Falschparken. Mehr ist kaum zu schaffen, mehr Leute bekommen sie auch nicht, kommentiert auch Wachleiter Brüggemann mit einem Schulterzucken.

Vorschläge an die Ämter

Am Kartoffelstand sind sich zur gleichen Zeit die Kundin und Händler Frank Sieg gerade einig bei der Einschätzung, Werne würde ja langsam „unheimlich dreckig, überall, sogar im Park“. Sieg unterstreicht, dass oft nur ein paar Meter weiter der Mülleimer wäre, oder gerade hier um die Ecke die USB-Sammelstation an der Brandwacht.

„Der Stadtteil hat sich nach unten verändert“, meint er, „am Markt kriegen wir davon mehr mit“.

Andrea Specht macht inzwischen noch einmal klar, dass die Polizei zwar nicht in erster Linie zuständig ist, ein neues Halteverbot einzurichten. „Das ist das Tiefbauamt. Aber es gibt auch bei uns ein Baustellen-Management, das Ortstermine nach solchen Anregungen macht und Vorschläge an die Stadtverwaltung weitergibt.“

„Café mobil“

Das Format „Coffee with a Cop“ kommt ursprünglich aus Amerika, beschreibt die Polizeipressestelle dazu. Dort trinken schon seit einigen Jahren Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Polizei Kaffee. Das Innenministerium NRW hat dieses Format nun auch nach Nordrhein-Westfalen gebracht. An rund 30 Terminen im ganzen Land macht der Kaffee-Oldtimer bis Weihnachten etwa Halt und spendiert Getränke.Julia Redisiu und Burghard Stephan sind mit einem 1972er Citroën HY unterwegs. Der Klassiker wurde von 1948 bis ‘81 gebaut und ist einer der am weitesten verbreiteten Kleintransporter aus französischer Produktion. Er ist wegen seiner selbsttragenden, mit gewelltem Blech beplankten Karosserie und raumsparenden Fahrwerk auffällig und beliebt. www.cafe-mobil.net

„Das haben wir dann schon mal öfter“, erzählt sie der Besucherin, „dass wir nach ein paar Wochen nachfragen, wenn sich da nichts getan hat“.

Für manche Anliegen gibt es aber auch bei der Polizei einen sehr kurzen Draht. „Ich ruf’ da mal eben an“, schaltet die Hauptkommissarin für die Seniorin, die dem Rollator ankommt. Sie hat Schwierigkeiten, mit der Gehhilfe aus dem Bus auszusteigen. Die Abteilung Unfall-Prävention kann vielleicht helfen. Außerdem gibt es eigene Kurse für Senioren, den „Rollator-Führerschein“, auch hier am Werner Markt.

Das kann man ja mal beim Kaffee so weitergeben.