Bochum-Hiltrop/Gerthe. Jugendliche im Kohlengräberland-Projekt setzen sich seit 2017 für die Pflege der Kriegsgräber ein. Jetzt folgt die Stadt Bochum den Forderungen.
Die Schülerinnen und Schüler des Kohlengräberland-Projekts „Geschichtswerkstatt unterm Förderturm der Zeche Lothringen“ setzen sich seit vielen Jahren für die Kriegsgräber auf den Friedhöfen in Hiltrop und Gerthe ein, haben diese in Eigeninitiative seit 2017 mehrfach gereinigt. Umso größer die Empörung bei Projektleiter Ulrich Kind, als die Verwaltung erwog, die Grabsteine abzusenken, um das Grasmähen ringsum zu vereinfachen. Der Bezirk Nord vertagte im September eine Entscheidung, forderte von der Verwaltung Nachbesserungen. Inzwischen sind die Wogen geglättet.
In einer flammenden Rede für seinen Antrag appellierte Kind im September an die Bezirksvertreter, sich für den würdevollen Erhalt und eine regelmäßige Pflege der Gedenksteine einzusetzen: „2020 begründete Udo Kube (Technischer Betrieb) bei einem Ortstermin den Zustand auf den Friedhöfen mit dem Personalmangel, fehlenden Haushaltsmitteln und den Belastungen des Friedhofsamtes durch die Corona-Pandemie.“ Die Probleme hatte Ulrich Kind mit dem Generalkonsul der Russischen Föderation, Alexey Dronov, erörtert, denn im Bochumer Norden befinden sich auch zahlreiche russische Kriegsgräber. Dronov sicherte Unterstützung zu.
Von Absenkung der Steine ist nicht mehr die Rede
In der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung kam das Thema erneut auf die Tagesordnung. Janies Janke vom Technischen Betrieb war es diesmal, die neue Entwicklung zu erläutern. Denn die Verwaltungsvorlage war unverändert geblieben, weiterhin war vom Absenken der Steine zur Pflegeerleichterung die Rede.
War der schlechte Zustand der Kriegsgräber noch vor einem Monat unverändert, konnte Janke jetzt verkünden: „Die Reinigung der Steine in Hiltrop und Gerthe ist bereits erledigt.“ Von deren Absenkung hat die Verwaltung nun Abstand genommen. Im Gegenteil: Die Grabtafeln sollen geneigt und erhaben angelegt werden, damit die Namen der Opfer besser zu lesen sind. Nach einem neuerlichen Ortstermin mit Vertretern des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge, der Bezirksregierung Arnsberg und des Technischen Betriebs steht fest: Die beiden Anlagen auf dem Friedhof in Hiltrop sollen mit Kantensteinen besser sichtbar werden; die Aufträge dafür sind bereits vergeben. Auch in Gerthe werde die Pflege in Angriff genommen.
Informationstafeln werden installiert
Das Gremium nahm auch den Vorschlag auf, Erinnerungstafeln auf beiden Friedhöfen aufzustellen. Der Bezirk erklärte sich auf Vorschlag der CDU-Fraktion bereit, die Kosten zu tragen. Auch in diesem Punkt war die Verwaltung nicht untätig: Es sollen Edelstahlsäulen aufgestellt werden, die über das Schicksal der Toten informieren.
Zwangsarbeit und Hunger
Die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter kamen durch Schwerstarbeit z. B. bei der Zeche Lothringen, der Zeche Constantin oder den Stahlwerken, durch Unterernährung, Seuchen, Misshandlungen der Aufseher und fehlende medizinische Versorgung ums Leben und wurden u.a. auf den Friedhöfen im Bochumer Norden beigesetzt.
Im Juni 2020 fand eine Begehung der Kriegsgräberstätten statt. Mit dabei: Die Technischen Betriebe, der Volksbund, Ulrich Kind, Schülerinnen und Schüler des Heinrich-von-Kleist Gymnasiums und der Erich-Fried-Gesamtschule sowie der 1. Vorsitzender des Bergmanns-Kameradschafts-Verein Glückauf Gerthe.
Auf den Friedhöfen in Gerthe und Hiltrop sind neben Kriegstoten und Opfern der Bombenangriffe auch Opfer des NS-Terrors (Heinrich Fischer), aber auch zahlreiche Opfer von Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft beigesetzt. Janies Janke: „Ostern 2022 sollen die Info-Tafeln fertig sein.“ Eine Arbeitsgruppe habe zudem ihre Arbeit aufgenommen, die sich um den Pflegezustand der Denkmäler auf allen kommunalen Friedhöfen kümmere.
Ulrich Kind: „Es ist schön, nach vier Jahren so etwas zu hören. Wir haben beim Friedhofsamt bereits nachgefragt, ob wir die Steine auch in Zukunft reinigen können. Wir sind immer bereit zu helfen, so auch bei der Beschriftung der Info-Tafeln.“ Es sei doch richtig gewesen, den russischen Generalkonsul mit ins Boot zu holen.