Bochum. Zur Wahl erleben Wahlhelfer, was Demokratie bedeutet. Unsere Autorin arbeitete in einem Wahllokal in Bochum und verrät ein paar Kuriositäten.

Sonntagmorgen, kurz nach sieben Uhr. Bochums Straßen sind noch leer. Es ist der Tag der Bundestagswahl. Wer nicht schon per Brief gewählt hat, kann dies in einem der 186 Wahllokale tun.

Wochenlang haben sich Bochumer Bürgerinnen und Bürger auf die Wahl vorbereitet. Wo setze ich mein Kreuz? Welche Partei vertritt am besten meine Interessen? Damit die Wahl reibungslos abläuft, sind in Bochum mehr als 2500 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer eingesetzt. Ich bin eine von ihnen.

Früher Arbeitsbeginn für 2500 Wahlhelfer in Bochum

Der Tag eines Wahlhelfers beginnt früh. Bevor die Wahllokale öffnen, muss das Wahllokal hergerichtet werden. Tische umstellen, Wahlkabinen aufbauen, Beschilderungen anbringen. All das geschieht, bevor die ersten Wählerinnen und Wähler eintreffen.

Ich sitze im Wahllokal in der Grundschule in der Arnoldstraße. In diesem Raum verbringen sonst Grundschüler ihren Schultag. An den Wänden: eine Tafel zum Einmaleins, Plakate zu Verben, Nomen und Adjektiven sowie eine Übersicht aller Geburtstage der Klasse. Neben der Tür hängt die Aufteilung der Klassendienste: Tafeldienst, Frühstücksdienst und seit der Corona-Pandemie neu dabei: der Hygiene-Dienst. Die Tische und Stühle der Kinder sind an die Wand gerückt und die zwei Wahlkabinen stehen im hinteren Teil des Klassenraums. Wir Wahlhelfer sitzen uns in Teams gegenüber.

Viele junge Menschen im Wahllokal

Wir sind zu fünft. Zemzem, die den Wahlvorstand bildet, Michael, Clarissa, Lena und ich. „Wir duzen uns, oder?“ fragt Zemzem zum Beginn der Schicht. Alle nicken. Die Stimmung ist locker. Um kurz vor acht stehen die ersten Wähler vor der Tür. „Können wir schon rein?“, fragen sie ungeduldig. Los geht es jedoch erst um Punkt acht Uhr. Wir Wahlhelfer kontrollieren die Wahlbenachrichtigungen, geben Stimmzettel aus und kontrollieren die Einhaltung der Regeln im Wahllokal.

Nach einer Stunde zeigt Zemzem sich überrascht. „Viele junge Leute hier“ schildert sie ihren Eindruck. Oftmals habe sie vor allem ältere Menschen getroffen, alle anderen würden Briefwahl bevorzugen, meint sie. Zemzem ist schon seit 16 Jahren Wahlhelferin. Etwas Aufregendes sei in all der Zeit jedoch nie passiert. „Hoffe heute Abend beim Auszählen klappt alles gut“, meint sie zur Runde. Wie lange das erfahrungsgemäß dauert, möchte Clarissa wissen. Das bringt die erfahrene Zemzem zum Lachen: „Das kann drei Stunden oder eine Halbe dauern. Wir werden sehen“.

Kuriose Szenen im Wahllokal

Außer Zemzem und mir sind an der Arnoldstraße alle zum ersten Mal Wahlhelfer. Schnell stellt sich im Team eine gewisse Routine ein. „Der Job hier ist ja eigentlich das, was Demokratie ausmacht“, meint Michael, als gerade kein Wähler im Raum ist. „Hier kommen auch echt einige Persönlichkeiten rein“, sagt er grinsend. „Ist ein bisschen wie ein Querschnitt der Gesellschaft“.

In der Tat ereignet sich einiges an Kuriositäten. Da ist die Dame, die bei der Abgabe ihres Stimmzettels diesen vor den Anwesenden ausbreiten möchte und eine Person, die ruft „Ach, wir wählen heute den Bundestag?“. Immer wieder kommen außerdem Menschen, die ihre Wahlunterlagen verloren haben oder nicht wissen, wie die Stimmabgabe funktioniert.

Viele Eltern werden bei der Wahl von ihren Kindern begleitet. Ein Vater nimmt seine Tochter im Grundschulalter mit in die Kabine. „Auf dem Wahlzettel steht nicht drauf, wer ich bin“, hört man seine gedämpfte Stimme, „das ist so, damit niemand weiß, wen ich gewählt habe. Das ist ganz wichtig in einer Demokratie“. „Wählen ist irgendwie auch spannend“, findet die Tochter.

Um 18 Uhr endet die Wahl und die Lokale schließen, bevor die Türen zur öffentlichen Auszählung wieder geöffnet werden. Während die meisten längst wieder zu Hause sind, heißt es für uns Wahlhelfer: Stimmen auszählen.

Wie schon bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr wird unter Corona Bedingungen gewählt. Das bedeutet, dass alle eine Maske tragen müssen und besonders viel Wert auf Abstände zwischen den Menschen gelegt wird. Im Wahllokal in der Arnoldstraße kommt es bis zum Mittag nicht zu Verstößen.Trägt jemand keine Maske, kann die Person trotzdem zur Urne gehen. Vorher wird das Wahllokal jedoch geräumt, sodass niemand einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt wird.