Bochum. Jugendliche ohne Ausbildungsplatz, Firmen mit offenen Lehrstellen. Die in Bochum gebaute App „Passt“ soll helfen, einen Kontakt herzustellen.

Viele Unternehmen in der Region suchen händeringend Auszubildende. Und es gibt auch nach dem offiziellen Start des Ausbildungsjahres noch reichlich Schulabsolventen ohne Ausbildungsplatz. Trotzdem bleiben immer mehr Lehrstellen unbesetzt. Oft finden Betriebe und Bewerber erst gar nicht zueinander. Eine eigens entwickelte App soll nun helfen, den Kontakt zwischen beiden herzustellen.

Corona hat die Digitalisierung beschleunigt

Das IT-Unternehmen Netzfactor aus Bochum hat im Auftrag der Kreishandwerkerschaften Ruhr und Hellweg-Lippe die Smartphone-App mit dem beziehungsreichen Namen „Passt“ entwickelt. Mit ihr soll es gelingen, möglich unkompliziert und schnell einen ersten Kontakt zwischen Schülern und Firmen herzustellen.

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„Mit der App können alle interessierten Jugendlichen einfach und schnell ihre Interessen und mögliche Vorerfahrung eingeben und bekommen sofort einen oder mehrere passende Ausbildungsbetriebe in der gewünschten Region vorgeschlagen“, so Prof. Dr. Jörg Muschiol, der Geschäftsführer des „Passt“-Entwicklers Netzfactor. Sein Unternehmen hat unlängst die Stadt Bochum technisch bei der ersten digitalen Bürgerkonferenz unterstützt.

Der IT-Experte, seit 20 Jahren in der Branche, ist überzeugt, dass ein gutes digitales Angebot das Problem des Matching – des passgenauen Treffens der Interessen von Jugendlichen und der Anforderungen von Betrieben – erleichtern kann. Gerade nun, da die Corona-Pandemie die Digitalisierung der Gesellschaft nach Muschiols Einschätzung „um fünf bis acht Jahre beschleunigt hat“.

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Algorithmen suchen nach Übereinstimmungen

So einfach geht das Matching: Die kostenlose App auf das Handy laden, Interessen und einige persönliche Daten (Jugendliche) sowie Tätigkeitsfelder, grundlegende Infos, Fotos und Filme (Betriebe) eingeben – und schon werden mit Hilfe „ausgeklügelter Software-Algorithmen“, wie es heißt, Übereinstimmung gesucht und den Jugendlichen Berufe und Betriebe vorgeschlagen. Sind beide Seiten aneinander interessiert, können sie sich über die App miteinander vernetzen und haben ein „Passt-Match“. „Und am Ende kommt es über den App-Kontakt womöglich zu einem Videotermin und im besten Fall zum Praktikum und/oder zum Ausbildungsvertrag“, so Muschiol und Johannes Motz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Ruhr, unisono.

60 Handwerksberufe derzeit hinterlegt

Ausgedacht hätten sich „Passt“ die Kreishandwerkerschaft Hellweg und das IT-Unternehmen Netzfactor mit Sitz an der Springorumallee in Bochum. Die Firma ist Mieter im Gebäude der Kreishandwerkerschaft Ruhr.

Hinterlegt sind momentan Eigenschaften und Anforderung von 60 der insgesamt 126 Ausbildungsberufe im Handwerk. Vorstellbar sei, dass die App um Ausbildungsangebote anderer Branchen und Kammern erweitert werde.

Alle Betriebe der Kreishandwerkerschaft, die ihre Ausbildungsplatzangebote noch nicht in der Passt-App registriert haben, können sich an die Kreishandwerkerschaft Ruhr wenden, 0234/ 3 24 01 30.

„Wir machen uns den Spieltrieb der Schülerinnen und Schüler zunutze“, so Motz. Sie können sich fortlaufend mit der App austauschen und erhalten regelmäßig Push-Nachrichten – so wie bei einer Dating-App.

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Wenige Infos von beiden Seiten reichen

Ein App dieser Art ist gar nicht neu. „Aber keine ermöglicht einen so leichten Einstieg“, sagt Jörg Muschiol. „Wir sind sofort begeistert gewesen, als wir von der Idee gehört haben“; sagt Kreishandwerkerschaft-Geschäftsführer Johannes Motz. Es werde schon lange über den Fachkräftemangel und die schwierige Suche nach Azubis lamentiert. „Da haben wir uns gedacht, wir nehmen Geld in die Hand und versuchen etwas Neues.“ Flyer, Ausbildungsmessen, Schulbesuche: All bisherigen Wege, mit denen Betriebe um angehende Azubis buhlen, sollen dennoch weiter beschritten werden.

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„Ich bin überzeugt, dass diese Idee einschlägt wie ein Bombe“, so Motz. Es komme nur darauf an, sie auch bekannt zu machen. Am Dienstag (21.) sollen die Betriebe der Kreishandwerkschaft über die Möglichkeiten von „Passt“ informiert werden – natürlich über eine Videokonferenz. Etwa 2000 Firmen wurden dazu im Vorfeld angeschrieben. Um „Passt“ auch bei den Jugendlichen ins Gespräch zu bringen, werden u.a. die Koordinatoren für Berufliche Orientierung an den Schulen, die sogenannten „Stubos“, mit ins Boot genommen.