Bochum. Die Suche nach Azubis wird immer schwieriger. Gerade in Corona-Zeiten. Die IHK Mittleres Ruhrgebiet geht neue Wege: mit Bullshit TV und Prämie.
Das Thema ist ernst: Der Wirtschaft fehlen immer mehr Auszubildende. Auch die IHK Mittleres Ruhrgebiet mit Sitz in Bochum treibt seit Längerem die Frage um, wie sie Schulabgänger am besten ansprechen und für eine duale Ausbildung begeistern kann. Und jetzt geht sie ganz neue Wege.
Bulloshit-TV-Video über die Ausbildung zum Fachlageristen
Ja, dazu gehören auch die Sozialen Medien. Facebook, Instagram, YouTube. Aber es geht um mehr als das Platzieren von Informationen auf jungen Kanälen. „Wenn ich auf Facebook für einen Ausbildungsberuf werbe, interessiert das keine drei Leute“, macht sich IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik nichts vor. Aber wenn, wie geschehen, die IHK mit den Machern von Bullshit TV zusammenarbeitet, rufen 14.000 Interessenten das Video zur Ausbildung zum Fachlageristen auf. Neue Wege braucht das Land.
Zumal die Klemme, in der die Wirtschaft steckt, wirklich groß ist. „Allein in Nordrhein-Westfalen fehlen bis 2025 etwa 300.000 Fachkräfte“, sagt Kerstin Groß, „Kompetenzfeldmanagerin Menschen“ in Bochum und bald die neue Hauptgeschäftsführerin der IHK Essen. Was dieser Arbeitskräfteverlust bedeutet, weiß jemand wie IHK-Präsident Wilfried Neuhaus-Galladé nur zu gut. „Ich verabschiede jeden Monat einen Babyboomer“, sagt der Unternehmer aus Witten. Und: Es gibt längst nicht mehr so viele Azubis und künftige Fachkräfte, um jeden Mitarbeiter der geburtenstarken Jahrgänge zu ersetzen.
Corona erweckt falschen Eindruck: Gerade jetzt werden Azubis gesucht
Früher konnten Firmen aus Bewerbern auswählen. Heute sind sie froh, wenn sie Bewerber haben. Beim Maschinenbauer Neuhaus haben sie in diesem Jahr gerade einmal halb so viele wie in den vergangenen Jahren. Fatal, so der IHK-Präsident, ist nicht nur die demografische Lücke, sondern auch die Auswirkung der Corona-Pandemie. Schulabgänger konnten kaum angesprochen und informiert werden, vor allem weil die bewährten Azubi-Messen nicht ausgetragen wurden.
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Dazu kommt noch der falsche Eindruck, so Eric Weik, der Corona bei Jugendlichen und deren Eltern hinterlässt. „Viele glauben, der Wirtschaft geht es schlecht. Deshalb werden sowieso keine Auszubildenden eingestellt.“ Genau das Gegenteil sei der Fall. Allein im IHK-Bezirk Mittleres Ruhrgebiet sind derzeit noch 200 Ausbildungsstellen unbesetzt.
Botschaft: Auch eine Ausbildung bringt Karrierechancen mit sich
„Sich zu informieren und am besten vor der Ausbildung ein Praktikum zu absolvieren, ist genau das Richtige“, sagt Nethula Paramanathan. Die junge Frau absolviert nach einem abgebrochenen Studium nun eine Ausbildung bei der IHK. Und: Die „Lehre“, wie es früher hieß, und der Beruf müssen keine Endstation sein. „Es gibt immer die Chance, sich weiterzubilden“, sagt Sandra Janßen, eine der Vermittlungsexperten bei IHK. Sie weiß das aus eigener Erfahrung. Und gerne betonen sie bei der IHK, was auch die Kreishandwerkschaft Bochum mit ihrem Chef Michael Mauer herausstreicht: Nicht nur Akademiker haben Karrierechancen und Aussichten auf ein gutes Einkommen.
Vor allem Kampagnen über die Sozialen Medien sollen helfen, junge Menschen für eine duale Ausbildung zu begeistern. Damit allein will sich die IHK aber nicht begnügen. Sie setzt zum einen auf eigens entwickeltes, digitales Vermittlungstool. Damit sollen die Interessen und Wünsche von Ausbildungsanwärtern möglichst passgenau mit den Anforderungen von Unternehmen abgeglichen werden. Und obendrein gibt es jetzt sogar auch noch ein bisschen Geld. Wer sich bis zum 30. September auf der Vermittlungsplattform anmeldet und einen Ausbildungsvertrag abschließt, der erhält sogar noch eine Geldprämie.
„Fuffi for Future“ – IHK zahlt eine Prämie
„Fuffi for Future“ nennt die IHK Mittleres Ruhrgebiet das und unterstreicht damit einmal mehr ihre Sonderstellung unter den Kammern. „Wir wollten das Budget nicht einfach für eine weitere Kampagne ausgeben, sondern haben uns für diesen anderen Weg entschieden“, so Kerstin Groß.
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Zu diesem Sonderweg passt wohl auch gut das neue Logo, das am Montagabend den Mitgliedern der Vollversammlung präsentiert wurde. Es zeigt einen sich aufschwingenden Kolibri – ein Vogel, der außergewöhnliche Flugfähigkeiten besitzt, der auf der Stelle, seitwärts und sogar rückwärts fliegen kann. Die Botschaft aus Bochum: Nichts ist unmöglich.