Bochum-Stiepel. Das urige Lokal Zum Lindenhof in Bochum-Stiepel trotzt dem Kneipensterben. Während deines Jahrhunderts wurden hier unzählige Feten gefeiert.

Sie alle kommen zum Lindenhof: Die Stiepeler Fußballer, Geflügelzüchter und VfL-Fans, auch die „Lustigen Witwen“, die Taubenzüchter oder Hundebesitzer halten ihre Stammtische in der Gaststätte in Bochum ab. „Wie viele Feten hier gefeiert wurden? Wohl hunderte“, sagt Inhaberin Ute Hahn und winkt bei der genauen Zahl lachend ab.

Lokal Zum Lindenhof setzt auf Stiepeler Tradition

Sie steht an der Holztheke ihrer Kneipe, hinter ihr hängt ein signiertes Trikot vom Fußballverein Rot-Weiß Stiepel, daneben ein VfL-Wimpel. Über Hahns Kopf reihen sich in einem Regal Ramazotti-Flaschen an Biergläser. Fiege gibt’s im Fass: von Bernstein bis Helles. Die Tradition im Lindenhof - sie liegt überall in der Luft, die rustikale Einrichtung aus Holz und die historischen Aufnahmen der Stiepeler Dorfkirche tun nur ihr Übriges.

Vor 100 Jahren eröffnete Heinrich Kleine-Krockhaus - Hahns Urgroßvater - die Gaststätte Zum Lindenhof. In vierter Generation führt die 64-jährige Urenkelin das Lokal mittlerweile. „In den Anfangszeiten wurden noch Soleier und Koteletts gereicht“, erinnert sich Gerda Saterdag (82), Enkelin des Gründers. Einiges hat sich seitdem auf der Speisekarte verändert, der Fokus auf Hausmannskost ist geblieben. „Unsere Gäste essen am liebsten Schnitzel in allen Variationen“, sagt Hahn. Auch Schweinemedaillons und Currywurst gehören zum Angebot.

Jeder in Stiepel kennt die Gaststätte Zum Lindenhof an der Kemnader Straße 76.
Jeder in Stiepel kennt die Gaststätte Zum Lindenhof an der Kemnader Straße 76. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Gaststätten-Gründer war Bergmann auf Zeche Julius Philipp

„Mein Großvater war Bergmann und eröffnete zunächst einen Lebensmittelladen, dann folgte die Gaststätte“, erinnert sich Saterdag. Zuletzt hatte er auf der Zeche Julius Philipp in Wiemelhausen gearbeitet. Namensgebend für die Kneipe waren die Linden, die damals noch die Straße säumten. Ihr ganzes Leben haben Hahn und Saterdag in der Gaststätte verbracht, schon als kleine Mädchen hinter dem Tresen ausgeholfen. „Im Krieg ist das Gebäude komplett ausgebrannt, fünf Familien haben mit Wolldecken im jetzigen Tanzsaal gewohnt“, erinnert sich Saterdag. Ihre Eltern erweiterten die Gaststätte um ein Angebot zum Tanzen am Wochenende, in den 1960er Jahren kam ein Anbau hinzu. Heute finden bis zu 120 Gäste Platz im Lindenhof.

„Während Corona ging’s ans Eingemachte“

Einfacher geworden ist das Leben als Gaststätteninhaberin in den letzten Jahrzehnten bei Leibe nicht. „Während Corona ging’s ans Eingemachte“, gibt Hahn zu. Mit einem Außer-Haus-Verkauf hielt sich der Familienbetrieb über Wasser, auch zum Neu-Beziehen der Bänke nutzten die Hahns die Schließzeit. Dass der Lindenhof auch nach 100 Jahren noch läuft, erklärt sich Hahn so: „Wir machen so viel selbst, wie möglich. Wir haben nur Aushilfskräfte und keine festangestellten Mitarbeiter“, sagt sie. Hinzu komme die Treue der Stammgäste und der Fokus auf die Tradition.

Vier Generationen seit 1921

Die Gaststätte „Zum Lindenhof“ befindet sich seit 1921 an der Kemnader Straße 76 in Stiepel. Das dortige Gebäude wurde 1901/1902 errichtet. Im Jahr 1934 wurde das Haus für die benachbarte Metzgerei im Familienbetrieb erweitert.

Nach Gründer Heinrich Kleine-Krockhaus übernahm Erwin Kleine-Krockhaus 1955 die Gaststätte, es folgte Gerda Saterdag im Jahr 1972. Bis heute führt Ute Hahn die Kneipe, seit 1997.

„Ich habe immer gesagt: Aus einer Dorfkneipe kann man kein Gourmetrestaurant machen, die Leute wollen einfach etwas Ordentliches auf die Gabel kriegen bei uns“, sagt Hahn. Auch junge Leute gehören zu den Gästen. „Viele aus Fußballvereinen“, erklärt Hahn.

Das Hauptthema an der Theke ist – Sport!

An der Theke kommt sie mit ihnen ins Gespräch - Hauptthema ist Sport. „Über den Tabellenstand vom VfL bin ich immer bestens informiert“, sagt Hahn. Schließlich überträgt der Lindenhof die Bundesligaspiele, Siege und Niederlagen hat Hahn so miterlebt. Solange sie es körperlich schafft, will sie im Lindenhof weitermachen. „Meine Kinder haben andere Pläne, in der heutigen Zeit würde ich ihnen auch nicht mehr zu dem Job raten“, gibt Hahn zu.Bochum- Ganz modern – in Stiepel entsteht neuer WohnraumKräftig gefeiert wurde der 100. Geburtstag natürlich trotzdem: Mit Bierwagen im Innenhof, dem Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde, einem Räucherfest und einem Besuch der Feuerwehr mit Erbsensuppe. „Das hat Spaß gemacht“, blicken Hahn und Saterdag auf das Feierwochenende zurück. Ob es Pläne für die Zukunft gibt? „Erst einmal muss alles wieder zur Normalität zurückkehren“, meinen die beiden.

Heißt wohl: volles Haus, Fußball und gut gefüllte Teller.