Bochum. Bochum bewirbt sich als Standort für hochrangige Nato-Einrichtung. Die Agentur ist unter anderem für die Cyber-Sicherheit im Bündnis zuständig.

Die Stadt Bochum bemüht sich aktuell um eine Einrichtung der „Nato Communications and Information Agency“ (NCIA). Wie die WAZ erfuhr, laufen dazu bereits seit Monaten vertrauliche Gespräche auf allerhöchster Ebene. Auf der Seite der Stadt ist das Referat des Oberbürgermeisters und die städtische Wirtschaftsentwicklung beteiligt. Außerdem soll das NRW-Wirtschaftsministerium von Andreas Pinkwart (FDP) eine wichtige Rolle bei der Kontaktanbahnung gespielt und sich für Bochum eingesetzt haben. Von dort aus sei der entscheidende Hinweis gegeben worden, der letztlich zur offiziellen Bewerbung der Stadt um diese prestigeträchtige Hightech-Agentur der Nato geführt habe.

NCIA unterstützte auch bei der Hochwasserkatastrophe

Auf ihrer offiziellen Webseite wirbt die Agentur auch mit Video-Clips, die ihren den Hightech-Anspruch unterstreichen sollen. Soldaten und Zivilisten sitzen vor Bildschirmen, Computer-Relais flackern.

In Deutschland haben sich im Juli zuletzt Freiwillige der NCIA an Hilfseinsätzen bei der Überschwemmungskatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen beteiligt. Sie stellten Systeme zur Verfügung, die die Hilfseinsätze besser koordinieren sollten.

In Deutschland unterhält die Agentur bislang Standorte in Uedem und Ramstein.

Dem Vernehmen nach könnte es um die Ansiedlung von rund 2000 Arbeitsplätzen gehen. Kenner der Verhandlungen sprechen davon, dass in einem ersten Ausbauschritt bereits 600 hoch qualifizierte Fachleute an den neuen Standort wechseln würden. Ganz offensichtlich hatte die Stadt sogar ein attraktives Grundstück auf dem Mark 51/7-Gelände in die Waagschale geworfen. Erst vor wenigen Wochen war dort direkt an der Wittener Straße mit den Bauarbeiten von Escrypt für einen Bürokomplex begonnen worden. Diese ehemalige Ausgründung aus dem Horst-Görtz-Institut der Ruhr-Universität gehört heute als 100-prozentige Tochter zum Bosch-Konzern.

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Stadt Bochum reagiert äußerst zurückhaltend

Von der Stadt Bochum und der Wirtschaftsentwicklung hieß es zu den Vorgängen lediglich knapp: „Sollte eine Verlagerung der NCIA von Belgien nach Deutschland erfolgten, was derzeit noch nicht entschieden ist, wäre eine Ansiedlung in Bochum von großem Interesse.“ Die Bochumer Politik hat indes auf ganz verschiedenen Kanälen parteiübergreifend versucht – und tut dies noch immer – , für Bochum als geeigneten Standort dieser zentralen Nato-Einrichtung zu werben.

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Die Schlüssel-Agentur der Nato mit Hauptsitz in Brüssel, Mons und Den Haag gilt als die führende Organisation innerhalb des Bündnisses für eine sichere und vor allem technologisch exzellente Kommunikation und Zusammenarbeit der Nato-Staaten untereinander. Sie ist unter anderem für die Cybersicherheit in den komplexen Nato-Netzwerken und die Raketenabwehr zuständig. Die Agentur unterhält insgesamt 32 Standorte in Europa.

Schreiben aus Berlin in Bochum eingegangen

Die Stadt Bochum hat sich für einen der Haupt-Standorte beworben. Hintergrund sollen Überlegungen zu einer möglichen Verlagerung aus Belgien sein. Mitte Juni, so erfuhr unser Reaktion, gab es eine Antwort aus Berlin. Daraus geht hervor, dass die Bundesregierung Bonn als Standort favorisiere. Unter anderem, weil dort bereits verschiedene Einrichtungen der Nato beziehungsweise des Verteidigungsministeriums mit entsprechender Infrastruktur angesiedelt seien. Gleichzeitig geht aus dem Schreiben jedoch hervor, dass die hervorragende Expertise der Stadt Bochum und der hier angesiedelten Unternehmen und Institute auf dem Gebiet der IT-Sicherheit bekannt sei.

Bochum hat sehr guten Ruf bei Cyber-Sicherheit

Als europaweit führend gilt etwa das an der Ruhr-Universität angesiedelte Horst-Görtz-Institut mit über 200 hoch qualifizierten Mitarbeitenden oder Unternehmen wie Physec, die Bosch-Tochter Escrypt oder G-Data. Wie unsere Redaktion weiter erfuhr, soll – trotz der Präferenz des Ministeriums für Bonn – eine Entscheidung nicht gefallen sein. Es soll eine Zeitschiene bis ins Jahr 2025 geben.