Bochum. Die „BO-Biennale“ bietet Mikrodramen, Graffiti und Klangkunst für Fahrradfahrer und Spaziergänger. Besucher genießen Festival-Highlights.
Wer dem Blitzmaler Silvio Dalli zweieinhalb Minuten über die Schulter schaut, verlässt sein Atelier mit einem Lächeln. Der kleine Maulwurf aus brauner Wolle schwingt den Stift in einem Raum, nicht viel größer als ein Schuhkarton. Ein einziger Zuschauer blickt hinein. Und Geige und Gitarre zaubern den Soundtrack durch Kopfhörer direkt in sein Ohr.
Mikrodramen im Kleingartenverein
„Es war ein richtiges, kleines Theater und man vergisst total, dass es eine Hand ist. Ich habe ja sogar mit ihm gesprochen“, schmunzelt Zuschauerin Gabi Gaida (58) über sich selbst. Die Mikrodramen im Kleingartenverein Friederika 1932, präsentiert vom Deutschen Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst, waren gewiss Höhepunkte des großen Open-Air-Tags auf der Springorum-Trasse. Im Rahmen der „BO-Biennale“, dem Festival der freien Szene, hatten die Organisatoren ein vielfältiges Programm zusammengestellt und allerlei Gäste eingeladen.
Der kleine Maulwurf im Maleratelier stammte von Barbara Steinitz aus Berlin. Der zweite Puppenspieler, Christoph Buchfink aus Göttingen, entführte die Zuschauer wenige Minuten in die Tiefen eines defekten Automotors mit Innenleben. In Dosen und Kästchen überraschte er die Zuschauer mit filigranen Szenen und Figuren. Zwischen dem Spielplatz am Glockengarten und dem Fußgängertunnel Wiesenstraße tingelten zahlreiche Besucher per Rad oder auch zu Fuß über die Trasse, um die „BO-Biennale“ zu erleben.
Kreativität ausleben
Die spätsommerliche Sonne veredelte jede der Aktionen. „Es gibt viele verschiedene Sachen zum Anschauen und Mitmachen. Die Leute sind einfach nett und das Mikrotheater war total kreativ und schön“, sprudelte es aus dem achtjährigen Henrik heraus.
Kinder und Jugendliche gingen in Workshops ihrer eigenen Kreativität nach: vom Graffiti bis zum Selbstporträt. Marleen (8) testete sich erstmals mit einer Sprühdose aus: „Vielleicht mache ich ein paar Punkte und dann noch eine andere Farbe darüber, sodass die Punkte nur noch leicht zu sehen sind“, überlegte sie. Ausrichter der Workshops war „Der-Salon-Ruhr“ aus Herten. Dem Verein wurde es im Vorfeld von den Stadtwerken gestattet, die Fernwärmeleitungen längs der Trasse von Graffiti-Künstlern zu einer „Streetart-Gallery“ gestalten zu lassen.
Kinder probieren sich in freier Jonglage
Spannende Installationen von verschiedenen Künstlern markierten auch das Ende der „BO-Biennale“-Strecke an der Wiesenstraße. Am Glockengarten wiederum platzierte sich der Verein Feuerpädagogik aus Dortmund und lud zur freien Jonglage ein, ohne Feuer allerdings. Etliche Kinder freuten sich, die Zirkuskunst auszuprobieren.
Einprägsam präsentierte sich das Artoll-Klanglabor-Ensemble vom Niederrhein. Sieben schwarz gekleidete Personen, mit Rollatoren unterwegs, spielten etliche Fahrradklingeln, tönten aus Megaphonen, klapperten mit Metallkästchen und verstauten all das in roten Eimern: akustisch wie optisch ein faszinierender Eindruck. „Das ist Konzeptkunst, die sich an der Perfomance-Kunst des Fluxus anlehnt“, so Festival-Organisatorin Annette Helmstädter. Wie auch die Fluxus-Kunst mit ihren Aktionen in den 60er-Jahren Aufsehen erregte, schuf das Artoll-Klanglabor-Ensemble am Sonntag fesselnde und irritierende Momente auf der Springorum-Trasse.