Bochum. Beate Christovzik (82) aus Bochum erkrankte im vergangenen Jahr an Corona. Es folgten drei Monate Krankenhaus. Nun ist nichts mehr, wie es war.
Beate Christovzik fällt es schwer, den Weg vom Sofa in ihrem Wohnzimmer bis zur Haustür zu gehen. Nach wenigen Metern bleibt ihr die Luft weg. Früher, noch vor einem Jahr, war das für die 82-Jährige kein Problem. Sie war fit, fuhr jedes Jahr für mehrere Wochen in den Urlaub in die Türkei. Dann erkrankte die Seniorin aus Bochum-Harpen an Corona – und nichts ist mehr, wie es vorher war.
„Wenn ich das nur wüsste“, antwortet Christovzik auf die Frage, wo sie sich im Oktober 2020 mit dem Virus infiziert. Der Husten fängt an, die Atembeschwerden, das Fieber und starkes Zittern folgen. Am 2. November wird sie ins St.-Josef-Hospital in Bochum eingeliefert – und soll erst knappe drei Monate später entlassen werden. Irgendwann kommt Christovzik auf die Intensivstation, wann genau und wie es dann weiterging, das kann sie gar nicht sagen. „Ich habe nicht viel mitbekommen. Zwischendurch bin ich wach geworden und hing an unglaublich vielen Geräten“, schildert sie.
Corona-Erkrankung: „Nicht gedacht, dass ich wieder aus dem Krankenhaus komme“
Auch interessant
Die 82-Jährige hat zu diesem Zeitpunkt schon unzählige Krankenhausaufenthalte hinter sich. Zweimal wurde sie an der Hüfte operiert, am Magen, am Herzen und an der Galle – unter anderem. Egal woran sie erkrankte, egal wie lange sie in der Klinik bleiben musste, unterkriegen lassen hat sie sich nicht. Doch: „Diesmal hätte ich nie gedacht, dass ich wieder aus dem Krankenhaus komme“, sagt Christovzik.
An Weihnachten und Silvester bringen Sohn und Enkeltochter ihr Karten und Fotos ins Krankenhaus, die Rentnerin bekommt davon nichts mit. Erst im Januar kommt sie wieder zu sich, hat 25 Kilo abgenommen. Nach der Entlassung Ende des Monats folgt die Reha. Doch – selbst dafür ist die vorher so fitte Frau zu schwach. „Ich liebe es zu reisen. Ich war schon 18 Mal in der Türkei, zuletzt Anfang 2020. Meine Tochter lebt in Italien, auch sie habe ich regelmäßig besucht“, erinnert sich Christovzik.
Kraft und Ausdauer fehlen, Schmerzen machen das Leben schwer
Auch interessant
Nun fehlt selbst die Kraft, wenige Schritte in der eigenen Wohnung zu laufen. Hat die gelernte Schneiderin früher ein paar Socken pro Tag gestrickt, braucht sie nun eine ganze Woche. Zu Beginn der Pandemie hat Christovzik 500 Masken genäht und gespendet – heute unvorstellbar. Den geliebten kleinen Garten pflegen, auch das klappt nicht mehr. Kraft und Ausdauer fehlen, Schmerzen machen der Seniorin zu schaffen, genauso wie Konzentrationsschwierigkeiten.
Auch Jüngere können „Long Covid“ bekommen
Der Begriff „Long Covid“ umfasst Symptome, die mehr als vier Wochen nach Beginn der Corona-Erkrankung fortbestehen oder neu auftreten. Menschen, die an „Long Covid“ leiden, sind nicht mehr ansteckend.Es ist noch nicht klar, wie hoch der Anteil derjenigen ist, bei denen langfristige gesundheitliche Folgen auftreten. Langzeitfolgen können aber auch bei jungen Menschen sowie jenen ohne Vorerkrankung auftreten.In Bochum gibt es eine Beratung für Betroffene, die unter long-covid@medqn.de oder 0234 547 54 53 zu erreichen ist.
„Personen, die schwer an Covid-19 erkrankten, leiden vermutlich häufiger an längerfristigen Symptomen als Personen, die zunächst einen milden Verlauf hatten“, erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die Spätfolgen werden auch als „Long Covid“ bezeichnet, das durch bestimmte Risikofaktoren begünstigt wird. „Dazu zählen ein hohes Alter (...) sowie Vorerkrankungen der Lunge und des Herzens“, so die BZgA.
Risikofaktoren, die so auf Christovzik zutreffen. Nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen wird, bekommt sie viel Hilfe von einer syrischen Frau aus der Nachbarschaft, und ist dankbar dafür. „Früher ging das alles selbst“, berichtet sie. Vor Kurzem folgt ein weiterer Aufenthalt in der Klinik – mit vielen Untersuchungen. „Ich müsste nun regelmäßig zum Kardiologen, Nephrologen (Facharzt für Nieren- und Hochdruck-Erkrankungen, Anm. d. Red.) und Neurologen“, so Christovzik. Das Problem – sie bekommt in Bochum gar keinen Termin.
Das Ziel klar vor Augen: „Ich möchte wieder reisen“
Auch interessant
Aufgeben, das kommt für Beate Christovzik trotz allem nicht in Frage: „Ich möchte wieder reisen und das werde ich auch schaffen“, erzählt sie. Der Weg dahin wird kein leichter, doch sie macht langsame Fortschritte. „Zweimal war ich inzwischen mit einkaufen.“ Das Ziel hat sie klar vor Augen: Die 82-Jährige zeigt Bilder von dem Hotel in der Türkei, zu dem sie auch ein 19. Mal fliegen möchte.