Ein Pizzabäcker aus Bochum sitzt in der Türkei fest. Er wurde bei der Einreise wegen eines Erdogan-kritischen Beitrags auf Twitter verhaftet.

Seinen Urlaub hatte sich der Bochumer Pizzabäcker Mahmut Güneş sicher anders vorgestellt. Bei seiner Einreise in die Türkei am vergangenen Freitag wurde der Gastronom aus dem Stadtteil Wiemelhausen festgenommen. Die Behörden werfen dem 46-Jährigen das Teilen von Twitter-Beiträgen vor, in denen die türkische Regierung kritisiert wird. Das Auswärtige Amt ist eingeschaltet.

Güneş, der kurdische Wurzeln hat und ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen soll, betrieb bis vor Kurzem die Pizzerien Peppone und Bella Peppone in Herne auf der Bahnhofstraße. Am Freitag machte sich der Unternehmer auf nach Ostanatolien, um in seiner Heimat in der kurdischen Provinz Malatya ein paar schöne Tage zu verbringen. Dort wollte er auch an einer Hochzeit teilnehmen, so ein Bekannter des Bochumers zur WAZ. Aus Angst vor Repressalien bei einem Besuch in der Türkei will er seinen Namen nicht nennen.

Unmittelbar nach seiner Ankunft am Flughafen Kayseri sei Güneş dann aber festgenommen worden, berichtet die Bochumer Linkspartei, ein Gericht hatte die vorläufige Inhaftierung angeordnet. „Auf Wiedersehen – bleibt gesund“: Das hat Mahmut Güneş nach Angaben aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis zu seinen Angehörigen noch kurz sagen können – dann sei er abgeführt worden.

Linke: Meinungsfreiheit auch in Deutschland ist gefährdet

Die türkische Justiz werfe Güneş „Propaganda für eine Terrororganisation vor“, heißt es zum Hintergrund auf dem pro-kurdischen und PKK-freundlichen Nachrichtenportal „ANF-News“. Er habe auf Twitter einen Beitrag geteilt, in dem der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als „Zwangsverwalter der USA“ bezeichnet worden ist. ANF zufolge sitzt Güneş seit Samstagabend im Hochsicherheitsgefängnis Kayseri-Bünyan.

Güneş befinde sich in Einzelhaft, werde aber von einem Anwalt betreut, berichtet ein Bekannter. „Ihm geht es gut.“ Die Vorwürfe weise der Bochumer zurück. Er habe nur einen Tweet retweetet. Das sei eine freie Meinungsäußerung und keine Propaganda. Zunächst soll Güneş 15 Tage festgehalten werden, so der Bekannte. Es sei aber noch völlig unklar, ob er danach entlassen werde. Die Familie des Inhaftierten sei entsetzt: „Die Mutter ist sehr alt und weint jetzt immer. Wir hoffen, dass er bald freigelassen wird.“

„Um Angst und Unsicherheit zu verbreiten, versuchen die türkischen Behörden selbst harmloseste kritische Äußerungen als angebliche Terror-Propaganda zu verurteilen, um demokratische Öffentlichkeit zu verhindern“, urteilen die Bochumer Linken. Mit solchen Aktionen werde versucht, „die Meinungsfreiheit auch hier in Deutschland einzuschränken“.

Deutsche Botschaft in Ankara betreut den Fall konsularisch

Der Versuch eines Anwalts, am Wochenende Kontakt mit der deutschen Botschaft in der Türkei aufzunehmen, sei gescheitert, berichtet Horst Hohmeier. An der Hotline seien nur „nicht zuständige Personen“ ans Telefon gegangen. Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bochumer Rat hofft nun auf das Auswärtige Amt. „Wir fordern Außenminister Heiko Maas eindringlich auf, die Bemühungen um die Freilassung von Mahmut Güneş und der anderen in der Türkei inhaftierten Deutschen endlich zur Chefsache zu machen“, so Horst Hohmeier.

Aus dem Auswärtigen Amt selbst heißt es auf Anfrage: „Dem Auswärtigen Amt ist der genannte Fall bekannt. Der Betroffene wird von unserer Botschaft in Ankara konsularisch betreut.“